Uni-Tübingen

Newsletter Uni Tübingen aktuell Nr. 1/2020: Leute

Begeisternder akademischer Lehrer und Pionier auf dem Gebiet der Materialwissenschaften

Zum Tode von Professor Dr. Michael Hanack ein Nachruf von Hans-Ullrich Siehl

Am 6. November 2019 ist Professor Dr. Michael Hanack kurz nach seinem 88. Geburtstag plötzlich und unerwartet verstorben. Der Chemiker, der bis zum Jahr 2000 am Institut für Organische Chemie der Universität Tübingen lehrte und forschte, war ein begnadeter und begeisternder akademischer Lehrer, aber auch ein guter Chef und ein allseits geschätzter Kollege.

Für die Promotionsstudierenden in seiner Arbeitsgruppe war er ein Doktorvater im besten Sinne des Wortes. Seine Begeisterung und Motivation für die Chemie hat er an sie weitergegeben und so Grundlagen für ein beruflich erfülltes und interessantes Leben gelegt. Seine Persönlichkeit hat bei den ehemaligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern prägende Spuren hinterlassen, die auch weiterhin zu den jährlichen Treffen führen und die Erinnerung an Michael Hanack weiterleben lassen.

Michael Hanack wurde am 22. Oktober 1931 in Luckenwalde bei Berlin geboren. Ab 1949 studierte er Chemie, Philosophie und Wirtschaftswissenschaften an den Universitäten Freiburg, Bonn und Tübingen. Nach Abschluss des Chemiediploms in Tübingen 1954 promovierte er 1957 bei Walter Hückel in Tübingen mit einer Doktorarbeit über den Ablauf chemischer Reaktionen. 1961 habilitierte er sich im Fach Organische Chemie an der Universität Tübingen und wurde 1962 Privatdozent. Mit 31 Jahren zählte er damals zu den jüngsten Privatdozenten in Deutschland.

Nach der Ernennung zum außerplanmäßigen Professor 1968 erhielt er bereits zwei Jahre später einen Ruf auf den Lehrstuhl als Professor für Organische Chemie und Leiter der Abteilung Organische Chemie der Universität des Saarlandes (Nachfolge von Professor Dr. Bernd Eistert). Im April 1975 kehrte er an die Universität Tübingen als Ordinarius für Organische Chemie zurück (Nachfolge von Professor Dr. Eugen Müller). Ab 2001 setzte er als Emeritus seine Forschungsarbeiten weiter fort und blieb bis zuletzt mit den Kolleginnen und Kollegen sowie den Aktivitäten des Fachbereichs Chemie engagiert verbunden.

Von 1981 bis 1983 war er Dekan der Fakultät für Chemie und Pharmazie, von 1995 bis 2000 war er Sprecher des Fachbereichs Chemie.

Die vielfältigen Forschungsinteressen von Michael Hanack sind hier nur beispielhaft angedeutet. Durch seine wissenschaftlichen Publikationen und Vorträge ist Michael Hanack schon in jungen Jahren international bekannt geworden. Er ist Autor eines der ersten Bücher über Konformations-Analyse, über die dreidimensionale Anordnung und die innere Beweglichkeit von Molekülen. Seine Beiträge über Vinyl-Kationen, reaktive Zwischenstufen im Verlauf von chemischen Reaktionen, haben Tübingen zu einem wichtigen Zentrum der physikalisch organischen Chemie und weltweit bekannt gemacht.

Als aktiver und dynamischer Forscher, aufgeschlossen für Neues, hat Michael Hanack zusammen mit seinen zeitweise 30 bis 40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern seit 1978 sukzessive völlig neue Forschungsgebiete erschlossen. Als einer der Pioniere auf dem Gebiet der Materialwissenschaften erforschte er Moleküle mit elektrischer Leitfähigkeit und besonderen magnetischen und optischen Eigenschaften, die aktuell für vielfältige technische Anwendungen von Interesse sind. Michael Hanack war Mitherausgeber zahlreicher wissenschaftlicher Zeitschriften, Bücher und Buchreihen und ist Autor von fast 700 Publikationen in wissenschaftlichen Zeitschriften. Erarbeitet wurden die wissenschaftlichen Ergebnisse von Prof. Hanack zusammen mit seinen technischen und wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, mit mehr als 200 Promotionsstudierenden, mit zahlreichen Postdoktoranden und Gastforschenden aus aller Welt.