Uni-Tübingen

Open Science Policy

Die Einrichtungen der Universität Tübingen unterstützen „Open Science“, um Erkenntnisse aus der Forschung offen zugänglich und nachnutzbar zu machen1. Dies dient der Transparenz, ist nötig für die Einhaltung von Rechenschaftspflichten und steigert den Nutzen der Forschungsergebnisse für die Gesellschaft.

Grundlegend sind die Leitlinien der Universität Tübingen zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis2. Deren Einhaltung obliegt grundsätzlich dem/der Projektleitenden bzw. dem/der Forschenden, wobei unterschiedliche Erfordernisse und Möglichkeiten der verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen anerkannt werden. Die Wissenschaftsfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 3 GG sowie insbesondere die Freiheit des Autors, Form, Ort und Medium der Publikation zu wählen, bleibt unberührt.

Diese Open Science Policy umfasst Handlungsempfehlungen und unterstützende Strukturen an der Universität Tübingen zu verschiedenen Aspekten von Open Science:

Open-Access-Publikationen

Die Universität Tübingen unterstützt das Publizieren in Open Access mit dem Ziel, wissenschaftliche Erkenntnisse weltweit kostenfrei und uneingeschränkt zugänglich und sichtbar zu machen. Forschende werden ermutigt, die Nutzungsrechte an ihren Publikationen zu behalten und nur die für die Veröffentlichung notwendigen Rechte an Verlage zu übertragen.

Der Publikationsmarkt wird dominiert von Geschäftsmodellen kommerzieller Verlage, die besonders für forschungsstarke Einrichtungen das Open-Access-Publizieren zu einem unkalkulierbaren Kostenrisiko machen. Um diesem Umstand entgegen zu wirken, bietet die Universität zentrale Services an, wie z.B. Open-Access-Publikationsfonds, “Publish & Read”-Verträge und wissenschaftseigene Open-Access-Publikationsinfrastrukturen3

Open Educational Resources (OER)

Die niedrigschwellige Nutzungs- und Einbindungsmöglichkeit digitaler Elemente in Lehrveranstaltungen im Sinne des Combined Learning und des Blended Learning fördert die Kommunikation und Interaktion sowie den gesamten Prozess des Lehrens und Lernens. Die Einrichtungen der Universität bieten Beratung und Unterstützung bei didaktischen und technisch-organisatorischen Fragen an und stellen verschiedene Werkzeuge für die Nutzung, Erstellung und Veröffentlichung von offen lizenzierten Lehr-/ Lernmaterialien zur Verfügung. Die Universität Tübingen betreibt dafür das Zentrale OER-Repositorium der baden-württembergischen Hochschulen (ZOERR)4.

Research Assessment

Die Universität Tübingen setzt sich zum Ziel, die Diskussion um eine wissenschaftsgeleitete und verantwortungsvolle Bewertung von Forschungsleistungen in Deutschland mit voran zu treiben. Sie unterstützt damit den Aufruf der DFG, einen Kulturwandel bei der Bewertung der Forschungsleistungen einzuleiten5, und begrüßt den Gast-Status der HRK im CoARA National Chapter, um diese Diskussionen intensiver zu begleiten. Rein metrikbasierte Indikatoren sind zu hinterfragen und wenn möglich zu überwinden, um eine faire Leistungsbeurteilung zu ermöglichen, was besonders im Kontext einer akademischen Karriere wichtig ist. Die Universität verfolgt die weitere Diskussion über Reformziele und -maßnahmen der europäischen Forschungsbewertung und sucht den inhaltlichen Austausch mit ihren Partneruniversitäten, z.B. im Rahmen von CIVIS und The Guild.

Forschungsdatenmanagement

Forschungsdatenmanagement (FDM) ist Grundlage der guten wissenschaftlichen Praxis und essentielle Voraussetzung für eine sichere Aufbewahrung und Nachnutzbarkeit von wissenschaftlichen Daten. FDM soll unter Beachtung der FAIR- und CARE-Prinzipien6 erfolgen und einen freien Zugang zu Forschungsdaten unter Berücksichtigung ethischer und rechtlicher Rahmenbedingungen ermöglichen. Die Veröffentlichung der Forschungsdaten erfolgt auf Basis einer lizenzrechtlichen Regelung, wofür der Einsatz passender Creative-Commons-Lizenzen7 empfohlen wird.
Den Forschenden steht ein umfassendes FDM-Angebot aus Services und Anlaufstellen in Form von zentraler Infrastruktur, Core Facilities sowie einem fächerübergreifenden Datenrepositorium8 zur Verfügung. Projektspezifische Einrichtungen wie auch die Beteiligung an Konsortien der Nationalen Forschungsdateninfrastruktur (NFDI) komplettieren dieses Angebot und bilden gleichzeitig Schnittstellen zu nationalen Initiativen. Forschende und Studierende werden bereits früh in ihrer akademischen Laufbahn durch Kurse zum Datenmanagement für die Bedeutung der Thematik sensibilisiert und durch spezifische Schulungsmöglichkeiten und individuelle Beratung durch die im Netzwerk FDM versammelten Einrichtungen der Universität unterstützt9.

Open Methodology

Verfahren der Open Methodology können die Transparenz, Integrität und Qualität von Forschung maßgeblich erhöhen. Vorgegebene Seiten- oder Zeichenbeschränkungen führen in wissenschaftlichen Publikationen häufig zu einer verkürzten Darstellung und Beschreibung des methodischen Vorgehens. Indem neben den Forschungsdaten auch die angewendeten Methoden und Prozesse, wie Datenaufbereitung und -bereinigung, Analyse- und Auswertungsmethoden, transparent und nachvollziehbar ausgewiesen werden, wird die Vertrauenswürdigkeit und Reproduzierbarkeit der Forschungsergebnisse erhöht sowie die Möglichkeit zur (interdisziplinären) Kollaboration gesteigert.

Die Universität Tübingen begrüßt die Ansätze der Open Methodology und ermuntert Forschende dazu, ihren gesamten Forschungsprozess transparent und nachvollziehbar zu gestalten sowie ihre Forschungsvorhaben nach Möglichkeit zu präregistrieren.

Open Source

Die Veröffentlichung und kostenlose Bereitstellung von an der Universität entwickelter Software unter Open Source-Bedingungen, d.h. mit Veröffentlichung des Quellcodes, der von Dritten eingesehen, geändert und genutzt und somit flexibler eingesetzt, verbessert und weiterentwickelt werden kann, wird unterstützt. Grundsätzlich sollte die kostenlose Bereitstellung von an der Universität entwickelter Software unter einer „GNU Affero General Public License“ (AGPL)10 erfolgen. Falls der Veröffentlichung unter AGPL Lizenzkompatibilitäts- oder andere Gründe entgegenstehen, unterstützen die Einrichtungen der Universität bei der Auswahl einer anderen Open Source Lizenz. Gemäß Urheberrecht11 ist die Universität zur Ausübung aller vermögensrechtlichen Befugnisse an dienstlich entwickelter Software12 berechtigt.

Open Communication und Public Engagement

Die Universität Tübingen macht durch eine dialogorientierte und partizipative Wissenschaftskommunikation Methoden, Prozesse und Erkenntnisse ihrer Forschung transparent und sichtbar. Im Mittelpunkt aller Aktivitäten auf dem Feld der Wissenschaftskommunikation stehen die Forschenden selbst, die dabei durch Beratung, Coaching und Schulung von zentralen Einrichtungen der Universität unterstützt werden.

Im Bewusstsein, dass epistemische Ungerechtigkeit, Zugangsbarrieren und gesellschaftliche Ungleichheit gegenseitigen Wissensaustausch erschweren, fördert die Universität in ihrem Public Engagement den Dialog mit gesellschaftlichen Interaktionsgruppen besonders aktiv. Wo möglich wird die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern an verschiedenen Phasen im Forschungsprozess unterstützt, z.B. im Rahmen von Citizen-Science-Projekten.

Mit ihrer herausragenden Public-Engagement-Infrastruktur bietet die Universität offenen Raum, Beratung und Begleitung für die Zusammenarbeit zwischen Forschenden und Bürgerinnen und Bürgern, etwa um gemeinsam Lösungsansätze für Herausforderungen zu erarbeiten. Die Universität empfiehlt ihren Forschenden, sich in ihren Aktivitäten an den Prinzipien des Public-Engagement-Kodex13 zu orientieren.

Schlussbemerkungen

Die Open Science Policy löst die Open Access Policy vom 21.02.2013 ab. Die Policy wird regelmäßig evaluiert und bei Erfordernis an aktuelle Standards angepasst. Es obliegt den einzelnen Einrichtungen der Universität, die hier formulierten Aspekte näher zu spezifizieren und diese umzusetzen.


Anmerkungen

1 Dies gilt, sofern keine ethischen Gründe, vertraglichen Verpflichtungen oder rechtlichen Rahmenbedingungen entgegenstehen (z.B. Datenschutzrechte, Außenwirtschaftsrecht, Schutz von Personen und Persönlichkeitsrechten, Schutz geistigen Eigentums und vermögenswerter Rechte, Exportkontrollrecht mit seinen Proliferationsverboten). Zur Exportkontrolle siehe Exportkontrolle in Wissenschaft und Forschung; zum Schutz geistigen Eigentums/IPR-Policy siehe Leitlinien zum Umgang mit Geistigem Eigentum (IPR-Policy).
2 Siehe Gute wissenschaftliche Praxis.
3 Siehe Open Access.
4 Zentrales OER-Repositorium der Hochschulen in Baden-Württemberg – ZOERR.
5 Positionspapier Publikationswesen Data
6 Die FAIR-Prinzipien (Findable, Accessible, Interoperable, Reusable) fokussieren die technische Umsetzung und Erleichterung des Datenaustauschs, wohingegen die CARE-Prinzipien (Collective Benefit, Authority to Control, Responsibility, Ethics) auf die Wahrung der Interessen indigener Gemeinschaften und einen angemessenen Umgang mit entsprechenden Daten abzielen.
7 Creative Commons Germany
8 FDAT Research Data Repository
9 Siehe Forschungsdatenmanagement (FDM).
10 AGPL sichert die Benutzung und Weiterentwicklung der Software im Sinne einer offenen und weiterhin allgemein zugänglichen Verfügbarkeit bestmöglich.
11 Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz) § 69a.
12 Software im Sinne dieser Leitlinie sind alle Computerprogramme, inklusive, aber ohne Einschränkung auf Microcode-, Subroutine- und Betriebssysteme, unabhängig von der Form der Ausführung oder des Gegenstandes, in dem sich das Programm befindet. Hierzu gehören auch Betriebsanleitungen und andere begleitende sowie erläuternde Materialien sowie alle Datenbanken.
13 Der Public-Engagement-Kodex