Am 14. Januar 2014 verstarb nach langer Krankheit im 83. Lebensjahr Heinz Happ, Professor für Klassische Philologie, insbesondere griechische und lateinische Sprach- und Kulturwissenschaft am Philologischen Seminar der Universität Tübingen. Er wurde am 8. Mai 1931 in Frankfurt am Main geboren und studierte dort und in Tübingen Klassische Philologie, Geschichte und Vergleichende Sprachwissenschaft. Nach Promotion (1958) und Staatsexamen (1959, Assessor 1961) war er in Tübingen Akademischer Rat, erhielt 1962 ein Habilitationsstipendium der Deutschen Forschungsgemeinschaft und habilitierte sich 1966. 1967 wurde er Universitätsdozent, 1973 Außerplanmäßiger Professor und 1979 Universitätsprofessor.
Happ begann mit der erst 1986 als Buch erschienenen, für die Erschließung spätlateinischer Texte grundlegenden Kommentierung der in einer größeren Sammlung erhaltenen 91 Gedichte des Luxurius aus dem 6. Jahrhundert. So gewann er den kompetenten im strengen Sinne linguistischen Umgang mit den beiden klassischen Sprachen, der seither sein Forschen und Lehren geprägt hat. Happ begleitete die internationale Forschung in vielen Rezensionen und steckte 1967 in der Studie ’Die lateinische Umgangssprache und die Kunstsprache des Plautus’ klar die Grenzen ab, die Schlüssen von einer in der Literatur reproduzierten ’Umgangssprache’ auf eine reale ’Volkssprache’ gesetzt sind.
Als Frucht eines zweiten Forschungsgebiets erschien 1971, von einschlägigen Arbeiten begleitet, die Habilitationsschrift ’Hyle. Studien zum aristotelischen Materiebegriff’. Mit diesem Werk von gut 900 Seiten hat Happ einen wichtigen Teil der aristotelischen Philosophie erschlossen und auf ein Fundament gestellt, das nach dem Urteil von Kennern ’zwei Generationen tragen wird’.
Doch verlor er die Linguistik nicht aus den Augen; ab 1970 befasste er sich mit der Dependenzgrammatik. Sie erschließt Texte syntaktisch ausgehend vom Verbum und seinen möglichen Ergänzungen, deren Füllungen einzelne Wörter, Wortgruppen oder Gliedsätze sein können. Doch blieb er damit nicht in der Studierstube, sondern machte sofort die Dependenzgrammatik für den altsprachlichen Schulunterricht fruchtbar, zuerst für das Lateinische. In Zusammenarbeit mit Lehrern veröffentlichte er seit 1976 Bücher und Aufsätze, und dieses Dependenzmodell hat heute seinen Platz in Fachdidaktik und Lehrplänen. Für das Griechische wurde Happs Ansatz 1995 Grundlage einer Kurzgrammatik.
Sprachwissenschaft war auch wichtiger Teil in Happs akademischer Lehre. Er war kein Mann des Katheders, sondern arbeitete lieber in kleinem Kreis in Seminaren oder Colloquien, ob zu griechischen Dialekten, zur lateinischen Dichtersprache, oder zu Autoren von Homer bis Nonnos, von Herodot bis Justinian.
Von 1970 bis 1973 war Happ mit einem Forschungsstipendium in Frankreich und erwarb sich dort, selber französisch publizierend, hohes Ansehen. In Auseinandersetzung mit dortigen Strukturalisten wandte er sich der Frage zu, wie der Philologie eine Dimension über Sprach- und Literaturbetrachtung hinaus eröffnet werden könne; diese fand er in der Kulturanthropologie und richtete am Seminar eine Arbeitsstelle für Kulturanthropologie des antiken und nachantiken Griechenland ein.
Leider fiel diese wie Happs Professur 1996 mit seinem Eintritt in den Ruhestand weg. So verlor das Seminar seinen ’hauseigenen’ Linguisten und eine die kulturanthropologische Arbeit und die Befassung mit dem nachantiken Griechenland tragende Institution. Happ selber wollte sich diesen Dingen weiterhin widmen, doch war ihm nur wenig Zeit dafür vergönnt. Vor zehn Jahren erkrankte er, war die letzten fünf Jahre bettlägerig. Nun ruht er auf dem Tübinger Bergfriedhof, wird aber allen, die ihn kannten und sich mit ihm austauschen konnten, in dankbarer Erinnerung bleiben.