Der „typische Student“: In akademischem Milieu aufgewachsen, Anfang zwanzig, Deutsch-Muttersprachler, Abiturient und nach Abschluss der Schulzeit ohne „Umwege“ an die Universität gewechselt, körperlich und psychisch gesund, allein oder in einer Wohngemeinschaft lebend, in Vollzeit auf sein Studium konzentriert und höchstens in einem gelegentlichen Nebenjob erwerbstätig? Dieses Bild, das zwar nie auf alle, aber von einigen Jahrzehnten noch auf die Mehrheit der Studierenden zugetroffen haben mag, stimmt heute weniger denn je. Das belegen bundesweite Erhebungen, etwa diejenigen des Deutschen Studentenwerks, ebenso eindrücklich wie die Studierendenstatistik und Befragungen der Universität Tübingen.
Diese Entwicklung ist positiv und wünschenswert, aus Gründen der Gerechtigkeit und Chancengleichheit ebenso wie aus Eigeninteresse der Universität. Zugleich bringt sie neue Herausforderungen mit sich: in der Entwicklung von Studiengängen, in der Beratung der Studierenden, in der Lehre und in Prüfungen ebenso wie für Verwaltungsabläufe. Um sich in diesen und auch in weiteren Bereichen noch besser auf die Vielfalt der Lebenswege und -umstände ihrer Studierenden einzustellen, nimmt die Universität Tübingen seit Anfang 2015 am Diversity-Audit „Vielfalt gestalten“ teil, das durch den Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft angeboten wird.
Dabei kann die Universität Tübingen an bestehende Maßnahmen und Strukturen – als Beispiel sei das aus Bundesmitteln geförderte Projekt „Erfolgreich studieren in Tübingen“ (ESIT) genannt – ebenso anknüpfen wie an langjährige Erfahrung in der Gleichstellungsarbeit und an bereits erfolgreich durchlaufene Audits in den Bereichen Familienfreundlichkeit und Internationalisierung. Neu ist der Ansatz, unterschiedliche Zielgruppen noch stärker zusammenzudenken und eine Diversitätsstrategie zu entwickeln, die sich eher an Ressourcen und Bedarfen der Studierenden insgesamt orientiert als an einzelnen Zielgruppen.
Im Zuge des Audits Diversity wurden dazu fünf Handlungsfelder identifiziert: die Förderung der Aufmerksamkeit für und Wertschätzung von Vielfalt, der Umgang mit unterschiedlichen Vorkenntnissen der Studierenden, die Erweiterung der Flexibilisierungsmöglichkeiten, die Ausweitung der Barrierefreiheit sowie Kommunikation und Transparenz. Unterstützt durch eine externe Auditorin, entwickelten Lehrende, Beschäftigte aus Beratung und Verwaltung sowie Studierende der Universität Tübingen in allen Handlungsfeldern konkrete Maßnahmen, die im verbleibenden Audit-Zeitraum umgesetzt werden sollen.
Laut ihrem Leitbild begreift die Universität Tübingen „Vielfalt als Basis wissenschaftlicher Exzellenz“. Auch in ihrem Zukunftskonzept „Research – Relevance – Responsibility“ bekennt sie sich neben herausragenden wissenschaftlichen Leistungen zugleich zu ihrer gesellschaftlichen Verantwortung. Die Teilnahme am Audit Diversity trägt dazu bei, diesem hohen selbst gestellten Anspruch gerecht zu werden.
Sonja Völker
Inken Köhler
Mitarbeiterin Audit Diversity
inken.koehler[at]uni-tuebingen.de
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