16.02.2023
Angst vorm Scheitern?! - Die Startup:con Tübingen #7
Neunzig Prozent der Startups scheitern, davon zehn Prozent im ersten Jahr. Woran das liegt, was man dagegen tun kann und wie es sich mit dem Scheitern lebt, war Thema der siebten Startup:con Tübingen, am 09.02.2023 im Brauwerk Freistil. Gründer und CEO Dr. Jörn-Philipp Lies und Rechtsanwalt und Mehrfachgründer Prof. Dr. Felix Buchmann waren als Keynote-Speaker geladen.
„Es fühlt sich an wie ein Beziehungsende“ sagt Philipp Lies, CEO und Gründer von eye2you. Sein Startup, das große Hoffnungen geweckt hatte, musste vor einigen Monaten aufgrund unzureichender Finanzierung Konkurs anmelden. Die Gründungsidee war vielversprechend und hatte den jungen Unternehmern etliche Preise eingebracht: eye2you hat ein Gerät entwickelt, mit dem auch ohne augenärztliche Kenntnisse Netzhaut-Screenings durchgeführt werden können und welches die Früherkennung von Augenkrankheiten ermöglicht. Doch nach zwei Finanzierungsrunden kam schließlich das Aus. Auch wenn es jetzt erstmal „bye2you“ heißt, bleibt Philipp Lies optimistisch. Er würde jederzeit wieder gründen, gerade in Deutschland, denn „unser soziales Sicherungssystem ist so gut, selbst wenn man scheitert, fällt man nicht in die finanzielle Unsicherheit“. Für die Gäste der Startup:con hat er einige Ratschläge parat:
- Timing ist entscheidend. Daher sollten angehende Gründerinnen und Gründer genau prüfen: ist jetzt der richtige Zeitpunkt für die Idee?
- Fördermittel maximal nutzen. In Deutschland gibt es zahlreiche Fördertöpfe für innovative Gründungen aus Forschung und Wissenschaft. Diese sollten Startups kennen und ausschöpfen.
- Zusagen immer schriftlich geben lassen. Auf mündliche Zusagen ist kein Verlass, nur wer sich alles schwarz-auf-weiß geben lässt, ist auf der sicheren Seite.
Und zu guter Letzt: nicht so schnell aufgeben! Das jedenfalls hat sich Philip Lies vorgenommen. Trotz Insolvenz wird er seine Idee auch in Zukunft weiterverfolgen.
Prof. Dr. Felix Buchmann, der als Anwalt seit vielen Jahren Startups berät und selbst Gründer ist, unterhielt das Publikum mit lehrreichen Anekdoten aus seinem Alltag und leitete daraus zwei Ratschläge für angehende Gründerinnen und Gründer ab. Nummer 1: Fragen stellen! „Wenn ihr niemanden habt, den ihr fragen könnt, scheitert ihr“, so Buchmann. Gründerinnen und Gründer können viele Dinge sehr gut, aber eben nicht alles. Daher sei es immens wichtig, den Rat von Experten einzuholen. Ein Beispiel dazu aus der Praxis: Ein Startup hatte erst nach etlichen Monaten gemerkt, dass es für sein Produkt keinen Markt gab. Denn niemand hatte zuvor daran gedacht, mit potentiellen Käufern zu sprechen. Ein fatales Versäumnis, wie sich herausstellte. Tipp Nummer 2: Achtet aufs Geld, vor allem, wenn es euch nicht gehört! Startups sollten lieber nur das annehmen, was sie brauchen, um über die Runden zu kommen, denn mit jeder Finanzierung, die sie von Investoren bekommen, verlieren sie ein Stück ihrer Freiheit. Vor allem sollten Startups darauf achten, nicht zu viele Anteile abzugeben.
Im Anschluss an die inspirierenden Vorträge begann für die rund 130 Teilnehmenden das offene Networking. An achtzehn Ständen präsentierten Supporter und Startups sich und ihre Leistungen. Am Stand von Felix Buchmann und seinem Team konnten die Besucher zu seiner offenen Sprechstunde kommen und ihre Fragen stellen. Auf der offenen Bühne stellten sich viele Gründerinnen und Gründer sowie Startup-Supporter in 90-sekündigen Pitches vor.
„Die Startup:con ist ein ein guter Treffpunkt, um Akteure aus der Region und die Support-Strukturen hier kennenzulernen“ resümiert ein Gründer. Lena Schuler vom Social Impact Lab berichtet erfreut: "Ich hatte viele Gespräche mit Gründungsinteressierten, die in ihrer Planung schon weit fortgeschritten sind - man merkt, dass hier eine Menge Potenzial vorhanden ist.“