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10.09.2021
Wirkstoff „7dSh“ auf dem Weg zum nachhaltigen Herbizid
1,5 Millionen für Erforschung eines natürlichen Zuckers aus Blaualgen, der als umweltfreundliches Unkrautbekämpfungsmittel eingesetzt werden soll – Forschungsprojekt der Universitäten Tübingen und Bielefeld
Wissenschaftler der Universität Tübingen sind einem neuen Forschungsprojekt zu einem nachhaltigen Herbizid beteiligt. Das Bundesforschungsministerium fördert das Projekt „7dSherbizid“ für drei Jahre mit insgesamt 1,5 Millionen Euro. Zum Verbund gehören Forschungsgruppen der Mikrobiologie und der Pflanzenwissenschaften der Universität Tübingen sowie der Fermentations- und Formulierungstechnologie der FH Bielefeld. Koordinator ist Professor Klaus Harter vom Zentrum für Molekularbiologie der Pflanzen an der Universität Tübingen.
Für die nachhaltige Sicherung unserer Nahrungsgrundlagen braucht es ein landwirtschaftliches Management, das Biodiversität erhält bzw. fördert und für Umwelt und Mensch unbedenklich ist. In der Unkrautbekämpfung werden heute – auch außerhalb der Landwirtschaft ‒ oft ökotoxikologisch problematische, synthetische und natürliche Herbizide mit sehr unspezifischer Wirkung eingesetzt. Forschenden der Universität Tübingen gelang es 2019, den Naturstoff 7 Desoxy Sedoheptulose (7dSh) zu identifizieren, einen außergewöhnlichen Zucker aus Blaualgen (Cyanobakterien), der sich im Labor als herbizider Wirkstoff charakterisieren ließ. Somit steht nun eine biogene Alternative zur Verfügung, die gezielt einen nur in Pflanzen vorhandenen Stoffwechselweg hemmt.
Im Projekt „7dSherbizid“ werden Forschungsgruppen aus Tübingen und Bielefeld die Eignung des 7dSh-Wirkstoffs für den Einsatz als nachhaltiges Herbizid im Freiland prüfen und weiterentwickeln. Die Forschungsansätze schließen dabei die Entwicklung eines kostengünstigen und skalierbaren 7dSh-Synthesewegs sowie die optimale Formulierung des Wirkstoffs für die Anwendung als Auflauf- und Blattherbizid ein.
Auch wird das Team im Detail analysieren, auf welche molekulare Weise 7dSh die Aktivität seines für den pflanzlichen Organismus spezifischen Zielenzyms beeinflusst. Untersucht werden außerdem die phänotypischen, molekularen, metabolischen und ökotoxikologischen Konsequenzen der 7dSh-Anwendung auf verschiedene Modellpflanzen, Unkrautarten und Tiere, um die Effektivität und Umweltverträglichkeit des Wirkstoffs zu verifizieren. Die Erkenntnisse sollen zudem zur Entwicklung von 7dSh-toleranten Pflanzen herangezogen werden.
Gesamtziel des Forschungsvorhabens ist es, durch Weiterentwicklung von 7dSh zu einem marktreifen Präparat eine biogene und umweltfreundliche Alternative zu problematischen synthetischen und natürlichen Breitband-Herbiziden anzubieten. Diese könnte dann, auch in Kombination mit 7dSh-toleranten Nutzpflanzen, nachhaltig eingesetzt werden.
Kontakt
Prof. Dr. Klaus Harter
Zentrum für Molekularbiologie der Pflanzen (ZMBP)
Universität Tübingen
+49 7071 29-72605
klaus.harterspam prevention@uni-tuebingen.de
http://www.zmbp.uni-tuebingen.de/plant-physiology.html