Uni-Tübingen

Newsletter Uni Tübingen aktuell Nr. 5/2015: Forschung

Wettbewerb „Mein Promotionsthema in einem Bild“

Graduiertenakademie der Universität Tübingen lud ein, Promotionsthema als Foto, Collage oder Zeichnung darzustellen

Sehr beliebt ist das Format Science Slam, in dem Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler ihre Forschungsthemen unterhaltsam und spannend in einem Kurzvortrag präsentieren. Die Graduiertenakademie der Universität Tübingen rief dagegen ihre Doktorandinnen und Doktoranden erstmals auf, ihr Promotionsthema in einem Bild – als Foto, Collage oder Zeichnung – darzustellen. Alle Promovenden durften über die eingereichten elf Bilder abstimmen, vier Arbeiten wurden jetzt prämiert.

1. Preis: Leon Gatys

Thema: Image Manipulation Using Deep Neural Networks (Computional Neurosciences, Betreuer: Prof. Matthias Bethge)

Leon Gatys untersucht in seiner Dissertation, wie neuronale Systeme Bilder erkennen und verarbeiten. Das menschliche visuelle System ist extrem gut darin wichtige semantische Bildinformation (z. B. den Bildinhalt und Stil) zu extrahieren und unabhängig voneinander zu verarbeiten. Diese Fähigkeiten zur Bildanalyse und -verarbeitung simuliert Gatys in mathematischen Modellen zur Informationsverarbeitung, den künstlichen neuronalen Netzwerken. Diese Netzwerke werden zuerst darauf trainiert Objekte in Bildern zu erkennen (maschinelles Lernen), wodurch sie ebenfalls lernen Bildinformation zu zerlegen. Gatys demonstriert dies, indem er mit Hilfe der künstlichen Netzwerke neue Bilder erschafft, die den Inhalt eines Fotos der Tübinger Neckarfront mit dem Stil einiger berühmter Gemälde kombinieren (siehe Abbildung).

Die Untersuchungen sollen zu einem besseren grundsätzlichen Verständnis der Verarbeitung visueller Information im Gehirn beitragen und gleichzeitig Wege für neue Formen der Bildbearbeitung aufzeigen.

2. Preis: Christoph Dürmann

Thema: Der Entstehungsprozess massereicher Planeten (Astronomie; Betreuer: Prof. Willy Kley)

Christoph Dürmann erforscht in seiner Dissertation die Spätentstehungsphase massereicher Planeten, wie beispielsweise Jupiter oder Saturn. Diese bestehen hauptsächlich aus leichten Gasen wie Helium und Wasserstoff und sind aufgrund ihrer großen Masse für den Entstehungsprozess von anderen Planeten und von Planetensystemen von besonderer Bedeutung: durch die Änderung ihres Orbits und die von ihnen ausgeübte Gravitationskraft können sie die Entstehung anderer Planeten entscheidend beeinflussen – diese können von den massereichen Planeten aus dem System geschossen oder im Orbit verschoben werden.

Gasplaneten entstehen in einem für astronomische Dimensionen kurzen Zeitraum von wenigen Millionen Jahren. Dürmann interessiert sich speziell für die Phase, wenn der Planet fast fertig und damit bereits sehr schwer ist. Der Planet wandert durch eine Gas- und Staubscheibe um den zentralen Stern, aus der er sein Gas aufgesammelt hat, und in der auch weitere Planeten entstehen. Durch seine große Masse erzeugt er Spiralarme sowie dichtere und weniger dichte Ringe in der Scheibe. Die Bereiche höherer Dichte in der Scheibe sind möglicherweise die Entstehungsgebiete der Gesteinsplaneten wie der Erde.

Bislang weiß man nur wenig über die genaue Verteilung des Gases und Staubs in den Scheiben und ist daher auf Computersimulationen angewiesen. Erst neueste Superteleskope, die nicht mit sichtbarem Licht sondern mit Mikrowellen das All erkunden, ermöglichen Aufnahmen von Scheiben mit ihrer durch Gasplaneten geprägten Struktur.

3. Preis: Jessica Starke

Thema: Kosmogene Radionuklidanalyse von Sedimenten in den Anden (Geologie, Betreuer Prof. Todd Ehlers)

Jessica Starke untersucht die Erosion und das Alter von Sedimenten und Gesteinen im Gebiet des südamerikanischen Bogens, d.h. im südlichen Peru und im nördlichen Chile. Schwerpunkt ihrer Feldforschung ist die Atacamawüste in den Anden. Dort hat sie in mehreren Kampagnen Proben gesammelt und misst anschließend diese am Beschleunigungs-Massenspektrometer (AMS) an der Universität Köln. Mit geophysikalischen und geochemischen Methoden extrahiert Jessica Starke dazu aus den gesammelten Proben einzelne radioaktive Elemente, wie Beryllium oder Aluminium.

Im Gebiet des südamerikanischen Bogens ist die ozeanische Nazca-Platte durch den Zusammenstoß mit der kontinentalen Südamerikanischen Platte unter den südamerikanischen Kontinent verschoben worden, sie ist unter dem Festland "abgetaucht". Dabei hatte die Nazca-Platte eine gewisse Geometrie. Durch den Zusammenprall hat sich die südamerikanische terrestrische Platte in derselben Geometrie vermutlich aufgebäumt, wodurch letztendlich der Gebirgszug der Anden entstand. Aufgrund dieser Konstellation gibt es in diesem Gebiet immer wieder tiefe Erdbeben.

Die These, die Jessica Starke nachweisen möchte lautet: die Geometrie der abtauchenden Nazca-Platte lässt sich an der Oberfläche nachvollziehen, und dort, wo die Geometrie am höchsten ist (höchste Erhebung der Anden), gibt es die größte Erosionsrate. Die Ergebnisse dieser Grundlagenforschung könnten zu einer besseren Erdbebenprognose in der Zukunft beitragen. Jessica Starkes Arbeit ist Teil des Großprojekts EXTREME

3. Preis: Marion Knecht

Thema: Focus Particles and Extraction (English Linguistics/SFB 833, Betreuerin: Prof Susanne Winkler)

Im Dissertationsprojekt von Marion Knecht steht die Untersuchung syntaktischer Eigenschaften von Fokuspartikeln im Deutschen und vergleichend im Englischen im Vordergrund. Fokuspartikeln sind unveränderliche Wörter wie „auch“, „nur“ und „sogar“, durch die bestimmte Satzteile hervorgehoben werden. Normalerweise assoziieren Fokuspartikeln mit Elementen, die in einer Position rechts von der Partikel stehen. Marion Knecht untersucht, unter welchen Bedingungen auch eine Assoziierung mit Elementen links von der Partikel möglich ist, z.B. in Strukturen mit Topikalisierung, und wie gut solche Kombinationen funktionieren. Während die Linksassoziierung von „auch“ sehr gut funktioniert und häufig in gesprochener und geschriebener Sprache verwendet wird, ist beispielsweise die Linksassoziierung von „nur“ und „sogar“ seltener und von Faktoren wie Kontext und Betonung abhängig.

Für ihr Dissertationsprojekt sammelt Marion Knecht Beispiele aus der Alltagssprache, aus Korpora oder aus Filmen. Zudem führt sie Sprachexperimente mit Probanden durch. Mithilfe von Online-Fragebögen analysiert sie, wie natürlich die Probanden bestimmte Sätze empfinden.

Die Ergebnisse ihrer Untersuchungen werden statistisch ausgewertet und so die Unterschiede zwischen den einzelnen Partikeln sowie zwischen dem Deutschen und dem Englischen analysiert. Ziel ist zu zeigen, welch großen Einfluss so kleine Wörter wie Fokuspartikeln auf die Satzbedeutung haben können und wie unterschiedlich sie durch das Zusammenspiel von Syntax, Semantik und Pragmatik von Sprechern eingesetzt werden können.