Uni-Tübingen

10.02.2022

„Auf den Spuren des frühmodernen Menschen in Südafrika“

Der Geoarchäologe und Doktorand Peter Morrissey von der Witwatersrand Universität in Südafrika ist einer der ersten Stipendiaten, der im Rahmen des Förderprogramms Baden-Württemberg im März 2022 für drei Monate an die Universität Tübingen kommt.

Peter Morrissey mit Gesteinsproben an Ausgrabungsstätten in Südafrika 2021

Die Universität Tübingen verstärkt ihre Kooperationen mit Afrika: Sieben Forschende aus Algerien, Gabun, Senegal, Südafrika und Togo aus unterschiedlichen wissenschaftlichen Disziplinen werden für mehrmonatige Aufenthalte nach Tübingen eingeladen, gefördert vom Land Baden-Württemberg. 

Der Geoarchäologe und Doktorand Peter Morrissey von der Witwatersrand Universität in Südafrika ist einer der ersten Stipendiaten, der im März 2022 für drei Monate an die Universität Tübingen kommt. Gemeinsam mit seiner Doktormutter Dr. Susan Mentzer von der Abteilung Geoarchäologie möchte er hier bedeutende archäologischen Funde der südafrikanischen Klasies-River-Höhlen Südafrika untersuchen. Dabei suchen sie nach Belegen und Erklärungen für das Verhalten des archaischen Homo sapiens, der vor 120.000 Jahren in der Höhlenregion lebte. Christin Wannagat hat ihn vorab über seine Forschungspläne an der Universität Tübingen interviewt.

1.    Was ist Ihr Hauptforschungsgebiet?

Ich bin Geoarchäologe. Schwerpunkt unserer Arbeit ist das Verständnis des geologischen Kontexts der archäologischen Aufzeichnungen, um alte, vom Menschen geschaffene Merkmale zu identifizieren und festzustellen, ob geologische Prozesse diese Aufzeichnungen verändert haben. Wir ermitteln dazu die Klima- und Umweltbedingungen im Zusammenhang mit menschlichen Besiedlungen. All diese Informationen helfen uns Archäologen, die an archäologischen Stätten gefundenen Belege für das Verhalten des archäischen Homo sapiens besser zu verstehen. 

2.    Mit welchen Forschungsfragen beschäftigen Sie sich aktuell?

Meine Doktorarbeit konzentriert sich auf die Klasies-River-Höhlen (Klasies River Main) in Südafrika, eine äußerst wichtige archäologische Fundstätte aus der Mittelsteinzeit. Sie besteht aus mehreren verschiedenen Höhlen, die über die letzten 120.000 Jahren zu verschiedenen Zeiten von Menschen bewohnt wurden. Zu den Funden gehören große Mengen an Steinwerkzeugen und Tierknochen sowie einige bedeutende menschliche Fossilien. Aufgrund der Zusammensetzung der Ausgrabungsstätte mit verschiedenen Gesteinsschichten und Ablagerungen ist es schwierig zu verstehen, wie dort gefundene Artefakte und Fossilien zeitlich zueinander in Beziehung stehen und wie sich die unterschiedlichen Entstehungsprozesse   der Stätte auf diese Funde ausgewirkt haben. Ich werde für meine Erforschung dieser Gesteinsablagerungen eine multiskalige, geoarchäologische Analyse verwenden, um die Faktoren für einige der ältesten Ablagerungen und die wichtigsten menschlichen Fossilien in Klasies zu klären. 

3.    Warum haben Sie sich für einen Forschungsaufenthalt in Tübingen entschieden?

Meine Doktorarbeit erfordert den Einsatz der archäologischen Mikromorphologie, einer wichtigen Technik für die geoarchäologische Forschung. Leider kann derzeit noch keine südafrikanische Universität Studierende und Forschende in dieser Technik ausbilden. Es war für mich aus mehreren Gründen daher naheliegend, nach Tübingen zu gehen, um mich in dieser Technik fortzubilden und meine Proben zu analysieren. Zum einen ist Dr. Susan Mentzer meine Doktormutter; sie leitet das geoarchäologische Forschungsprojekt an den Klasies-River-Höhlen, und sie arbeitet in der Arbeitsgruppe Geoarchäologie in Tübingen. Zum anderen gehören zu ihrer Arbeitsgruppe weitere Geoarchäologinnen und -archäologen, die Erfahrung mit vergleichbaren Fundstellen in Südafrika und Europa haben. Damit gibt es in Tübingen eine ausgezeichnete Referenzsammlung, die für Lehre und Forschung unerlässlich ist. Ich freue mich über die Möglichkeit des Austauschs mit ihnen und bin dem Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg für die Finanzierung dieses Forschungsaufenthaltes sehr dankbar. 

4.    Welche konkreten Ergebnisse streben Sie während Ihres Aufenthalts an? Was sind Ihre Pläne für die Zukunft?

Ich möchte mich in der archäologischen Mikromorphologie weiterbilden und lernen, diese Techniken zu nutzen und weiterentwickeln – für einen späteren Transfer der Ausbildung nach Südafrika. Dazu wollen Susan Mentzer und ich auch nach meinem Aufenthalt in Kontakt bleiben und digitale Strategien für Ferndiagnosen und Ausbildungsprogramme entwickeln.

Ich habe nach Tübingen einiges an Gesteinsablagerungen aus der Höhlenregion Klasies mitgebracht, das zwischen 120.000 und 100.000 Jahre alt ist. Ich hoffe, dass ich nach der Probenanalyse feststellen kann, welche natürlichen und anthropogenen Prozesse an der ursprünglichen Bildung der Ablagerungen beteiligt waren und welche Prozesse sie möglicherweise auch wieder verändert haben. Das sind wichtige Belege für das unterschiedliche Verhalten des frühmodernen Menschen in Klasies zu unterschiedlichen Zeiten. 

Das Interview wird nach Ablauf des Forschungsaufenthaltes mit Peter Morrissey fortgesetzt.
 

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