Newsletter Uni Tübingen aktuell Nr. 2/2010: Schwerpunkt
Nachhaltige Entwicklung – Voraussetzung für die friedliche Zukunft unseres Planeten
Wirtschaftliche Stabilität ohne Ausbeutung der Natur und ohne soziale Spaltung
Der Blaue Planet Erde wird bereits im Jahre 2050 etwa neun Milliarden Menschen zu tragen, zu ertragen haben. Alle diese Menschen wollen Armut überwinden, wollen genug zu essen haben. Eine riesige Heraus-forderung, wenn man bedenkt, dass bereits gegenwärtig mehr als eine Milliarde Menschen hungern oder von Hunger bedroht sind. Alle diese Menschen brauchen Energie, wollen Rohstoffe nutzen, benötigen Zu-gang zu gesundem Trinkwasser, wollen nicht von Abfalllawinen überrollt werden. Die wachsende Bevölke-rung konzentriert sich immer stärker auf Städte, auf Megacities, auf oft kanzerogen wachsende urbane Ag-glomerationen. Die Wahrscheinlichkeit von Slums und menschenunwürdigen Lebensbedingungen steigt und damit auch die Gefahr von Konflikten, von Auseinandersetzungen, von sozialen Brüchen. Auch in den so genannten entwickelten Ländern wird der Graben zwischen arm und reich eher tiefer, als dass eine Tendenz zur Überwindung scharfer sozialer Unterschiede festgestellt werden kann. Die Gesellschaft in Deutschland wird weniger, wird älter und wird bunter – eine große Herausforderung für die Bewahrung des sozialen Frie-dens und für eine gemeinsame Zukunft.
Ökologische Überlastungen – soziale Spannungen – ökonomische Entwicklungsnotwendigkeiten: Dieses in vielen realen Bedingungen geradezu magische Geflecht der Herausforderungen für unsere Gesellschaft muss gemeinsam in Angriff genommen und zu einem sachlichen, nicht faulen und die Zukunft belastenden Kompromiss gebracht werden. Wirtschaftliche Entwicklung auf Kosten der Umwelt erfüllt nicht die Verant-wortung für Zukunft. Kofi Annan, der frühere Generalsekretär der Vereinten Nationen, hat das sehr präzise formuliert: "Wohlstand, aufgebaut auf der Zerstörung der Umwelt, ist kein wirklicher Wohlstand, bestenfalls eine kurzfristige Milderung der Tragödie. Es wird kaum Frieden, wohl aber noch mehr Armut geben, falls dieser Angriff auf die Natur anhält."
Ebenso wenig wird wirtschaftliches Wachstum und ökologische Vorsorge zu sozialem Frieden führen, wenn dadurch die Brüche in der Gesellschaft verstärkt und entsprechende Spannungen ausgelöst werden.
Dieser integrative Ansatz für wirtschaftliche Stabilität ohne Ausbeutung der Natur und ohne soziale Spaltung – dies ist die nachhaltige Entwicklung, die wir auf diesem Planeten für eine friedliche Zukunft brauchen.
Professor Dr. Klaus Töpfer
Foto: www.foto-schulzendorff.de | Gastautor Professor Dr. Klaus Töpfer war von 1987 bis 1994 Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit. Von 1998 bis 2006 war Töpfer Exekutivdirektor des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) in Nairobi, außerdem von 2001 bis Mai dieses Jahres Mitglied des Rats für Nachhaltige Entwicklung, einem Beratergremium der Bundesregierung. Seit 2009 ist er Gründungsdirektor des "Institute for Advanced Sustainability Studies e.V." (IASS) in Potsdam. Im November 2005 wurde Klaus Töpfer von der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Tübingen zum Honorarprofessor ernannt. Er ist außerdem Schirmherr des 3. Internationalen Studenten-Umweltgipfels, der vom 20. bis 26. September an der Universität Tübingen stattfindet. |
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