Newsletter Uni Tübingen aktuell Nr. 2/2024: Uni intern
Interkulturelles Kommunizieren lernen und lehren
Tübinger Verwaltungsteam absolviert „Train the Trainer“-Programm zur Internationalisierung
Im Ausland mit Menschen aus ganz Europa interkulturelle Kompetenzen erwerben – diese Möglichkeit hatten drei Beschäftigte aus der Zentralen Verwaltung Anfang des Jahres in Stockholm. Im Rahmen eines in der Europäischen Universitätsallianz CIVIS organisierten viertägigen Workshops haben sie sich weitergebildet, um zukünftig selbst Trainings zur Internationalisierung in der Universität Tübingen anbieten zu können.
SUCTI, kurz für „Systemic University Change Towards Internationalisation”, heißt das Programm, das von der Universitat Rovira i Virgili im spanischen Tarragona entwickelt wurde. „Es zielt darauf, Beschäftige in Uni-Verwaltungen für interkulturelle Kommunikation zu sensibilisieren“, wie Nici Sauer zusammenfasst. Sauer, Austauschkoordinatorin im International Office, hat die Fortbildung gemeinsam mit Sam Hertrampf, Sachgebietsleiter Verwaltung im Fremdsprachenzentrum, und Florian Kirsch, Referent für Recruiting und Fachkräftesicherung in der Personalentwicklung, absolviert. Mit dabei: Rund 15 Kolleginnen und Kollegen von sieben weiteren Universitäten der CIVIS-Allianz und zwei Trainerinnen aus Tarragona.
In verschiedenen Übungseinheiten haben sich die Teilnehmenden die Kompetenzen, die sie später vermitteln sollen, zunächst selbst angeeignet. Unter anderem haben sie sich mit Kultur- und Länderklischees beschäftigt und sich dabei auch mit eigenen Vorurteilen und Erwartungen auseinandergesetzt – und den Missverständnissen, zu denen es beim Aufeinandertreffen der Kulturen kommen kann. „Beim Begrüßen habe ich einem Franzosen die Hand gegeben,“ erzählt Hertrampf. „Er hat die Hand genommen, mir dann aber ein Küsschen auf die Backe gegeben. Ich war kurz geschockt, weil ich damit überhaupt nicht gerechnet hatte.“ Florian Kirsch wiederum war erstaunt über sein Denkmuster, bestimmte Vorlieben, die für eine Kultur und ein Land typisch sind – etwa Pasta in Italien – dort auch jedem einzelnen Individuum zuzuschreiben. Die Selbsterfahrungsübungen im Training helfen, sich selbst in die Rolle des „Fremden“ einzufühlen und zu erleben, wie es ist, wenn Menschen anders agieren als erwartet. Dass die Fortbildung im Ausland mit Teilnehmenden verschiedener Nationalitäten durchgeführt wurde, hat diesen Effekt verstärkt. So gab es auch außerhalb des eigentlichen Trainings immer wieder Gelegenheit, eigene Annahmen auf den Prüfstand zu stellen und Gelerntes auf die Situation als Gast in Schweden zu übertragen.
Voraussetzung für eine gelungene interkulturelle Kommunikation sei zunächst, ein Bewusstsein dafür zu entwickeln, dass die Welt in anderen Ländern anders funktioniere, erklärt Sam Hertrampf. „Nicht besser, nicht schlechter, sondern einfach anders.“ Natürlich sei es hilfreich, diese Unterschiede zu kennen, doch das Wesentliche sei, wertfrei anzuerkennen, dass sie existieren. Wichtig ist den dreien herauszustellen, dass Internationalisierung nicht allein Sache des International Office ist. Für Hertrampf ist kultursensibles Verhalten wesentlicher Teil einer Willkommenskultur an der gesamten Universität: Eine offene Tür statt fester Sprechzeiten, neben Informationen aus dem eigenen Bereich auch den Weg zur nächsten Bank erklären oder einfach mal „Wie geht’s?“ fragen – schon Kleinigkeiten könnten dazu beitragen, dass Menschen aus dem Ausland an der Universität gut ankommen, meint er. „Sich auf eine Situation und einen Menschen einstellen zu können – das ist nicht nur eine Sensibilisierung, sondern eine Flexibilisierung.“
Hilfreich für gelingende Internationalisierungsprozesse seien neben Offenheit und Empathie idealerweise auch Englischkenntnisse, meint Nici Sauer. Dabei sei keine perfekte Sprachkompetenz gefragt: „Wenn man z.B. mit einer Person aus Asien spricht und sieht, dass die auch nicht so wahnsinnig gut Englisch kann, dann kann man sich irgendwo in der Mitte treffen, ohne dass sich jemand eine Blöße gibt.“ Entsprechend leitet das SUCTI-Training auch dazu an, eine Bereitschaft zu entwickeln, die eigene Komfortzone zu verlassen.
Neben interkultureller Kompetenz wurden in der Fortbildung auch Informationen rund um Internationalisierungsprozesse vermittelt, darunter etwa aktuelle Entwicklungen, die sich auf die Mobilität von Studierenden auswirken: „Früher haben Leute ein akademisches Jahr im Ausland verbracht, jetzt geht der Trend vor allem aus dem Ausland zu uns ganz stark in Richtung Kurzzeitprogramme von zwei bis drei Wochen“, erklärt Nici Sauer. Allerdings sei es immer schwieriger, Studierende für ein Auslandssemester an deutschsprachigen Unis zu gewinnen, weil an Hochschulen im Ausland immer weniger Deutsch unterrichtet werde. Umso wichtiger wird damit auch die Willkommenskultur.
Florian Kirsch jedenfalls hat das Thema Internationalisierung mit dem SUCTI-Training richtig gepackt. Internationalisierung werde oft sehr vereinfacht dargestellt, findet er: „Alle sind happy und lachen und essen zusammen.“ Tatsächlich würden bei interkulturellen Begegnungen komplexe Prozesse auf verschiedenen Ebenen ablaufen, aber die Auseinandersetzung damit sei bereichernd, so Kirsch. Davon wollen die drei auch andere in der Universität überzeugen und selbst ein SUCTI-Training in Tübingen durchführen. Nicht zuletzt haben sie aus der Fortbildung in Stockholm auch viele praktische Tipps für Trainings mitgenommen: Präsentationstechniken, Umgang mit einer unruhigen Gruppe, souveränes Auftreten. Noch ist unklar, wann und für wen sie ein erstes Training anbieten können, aber die Botschaft steht fest: Internationalisierung geht uns alle an.
Tina Schäfer
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