Studieren und in der Unternehmensberatung tätig sein? Dass das möglich ist, beweist seit fast 20 Jahren der Verein InOne Consult, die studentische Unternehmensberatung an der Universität Tübingen. Etwa 50 Studierende engagieren sich hier, um sich neue Kompetenzen anzueignen und ihr theoretisches Wissen aus dem Studium in die Praxis umzusetzen.
Auch wenn viele Studierende der Wirtschaftswissenschaften bei InOne mitmachen, ist der Verein offen für alle, wie Sarah Naja, ehemalige Vorständin des Vereins, betont. Naja selbst studiert Informatik, andere Engagierte kommen aus Psychologie, Japanologie oder Nano-Science. Wer dem Verein beitreten will, muss lediglich einen Lebenslauf und ein kurzes Motivationsschreiben einreichen, erklärt Liam Bothmer, der Marketing-Vorstand bei InOne. Daraus soll klar werden, dass Interessierte nicht zu sprunghaft sind und ein Projekt auch durchziehen können. „Die allermeisten werden genommen“, so Bothmer. „Wir wünschen uns natürlich Mitglieder, die länger bleiben.“
Einmal pro Woche trifft sich die ganze Gruppe. „Uns ist wichtig, dass wir uns weiterbilden können und ein Netzwerk haben“, sagt Sarah Naja. Das Programm sei breit gefächert: In Workshops zum Pitchen üben die Studierenden, eigene Ideen möglichst überzeugend vor einer Gruppe vorzustellen, sie machen Fallstudien, um zu lernen, wie man konkrete Beratungsprojekte angeht oder laden Firmenvertreter oder Lehrende zu Vorträgen ein. Neben der inhaltlichen Arbeit kommt auch das Miteinander im Team nicht zu kurz: Nach den Treffen geht’s ins Pub, auch beim gemeinsamen Stochern oder Bowling lassen sich Kontakte vertiefen.
An konkreten Beratungsprojekten arbeiten die Studierenden in kleineren Gruppen, die individuell zusammengestellt werden. Im Fokus stünden oft Fragen rund um Marketingstrategien, Personalgewinnung oder Marktanalysen, erläutert Naja. Wie kommt ein neues Produkt am besten an, zu welchen Zielgruppen passt es? Wie kann man ein Unternehmen attraktiv machen, gerade auch für junge Menschen beim Berufseinstieg? „Wir hatten auch ein Bauschutt-Unternehmen, das ein neues Produkt entwickelt hatte und nicht wusste, ob es so etwas in der Art schon gibt. Die wollten herausfinden, wie sie ihre Preise setzen können.“
Wenn InOne Consult einen Auftrag erhält, kalkuliert zunächst das Vertriebsteam, wie viele Beratertage à acht Stunden dafür nötig sind. „Dann schauen wir, auf wie viele Personen wir das aufteilen“, so Sara Naja. Das Projekt wird intern ausgeschrieben, und Mitglieder, die den Auftrag übernehmen möchten, bewerben sich darauf – hier kann z.B. Erfahrung aus einem anderen Projekt oder ein bestimmter Fokus im Studium von Vorteil sein. Das Vertriebsteam des Vereins stellt aus den Bewerbungen eine Projektgruppe für diesen Auftrag zusammen. Für bezahlte Projekte wird zudem ein Vertrag aufgesetzt. 250 bis 300 Euro kostet ein Beratertag, für gemeinnützige Organisationen oder zum Einarbeiten neuer Mitglieder bietet InOne Consult auch unentgeltliche Beratungen an.
Die eigentliche Projektarbeit erfolgt dann in der Kleingruppe entsprechend der gestellten Aufgabe. „Es werden eine erste Timeline und Pitches ausgearbeitet“, erklärt Naja. „Mit dem Kunden macht man aus, wann man was bespricht.“ Wichtig sei vor einer Präsentation beim Kunden der interne Qualitätscheck. Neben den Ressorts Marketing, Vertrieb und Personal hat InOne auch ein Ressort für Qualitätsmanagement, das gemeinsam mit Projektbetreuern das Geleistete prüft. Die Betreuung übernehmen erfahrene Studierende, die für die Qualitätskontrolle geschult sind. Erst nach deren Freigabe gehen Ergebnisse an die Kunden. Über einen bis sechs Monate zögen sich die meisten Projekte; alle Arbeitsschritte und -zeiten würden dokumentiert, so Sarah Naja.
Aufträge für Beratungsprojekte kommen von lokalen Startups wie auch vom überregionalen Mittelstand. Mal ergeben sich Folgeprojekte, zur Akquise neuer Kunden stellt sich InOne Consult zudem auf Unternehmensmessen oder Veranstaltungen für Gründer vor. Die Anzahl der Aufträge pro Semester ist variabel – im Idealfall kann jedes Vereinsmitglied im laufenden Semester an einem Projekt beteiligt sein.
Die Einnahmen aus den Beratungen gehen hauptsächlich an die studentischen „Junior Consultants“ selbst. Etwa 600 bis 900 Euro bringt ein Projekt im Schnitt für die Einzelnen ein. Wertvoller ist für Naja und Bothmer allerdings die Arbeit selbst. „Das Studium ist oft sehr theoretisch“, sagt Liam Bothmer. „Da hilft es, Praxiserfahrung zu sammeln.“ Dazu gehören neben Präsentations- und Problemlösungskompetenzen auch einzelne Software-Anwendungen, die im Studium zu kurz kommen. Auch überprüfen zu können, ob theoretische Konzepte in der Anwendung funktionieren, sei ein Gewinn, findet Naja. Zudem profitieren die Studierenden vom „Junior Consultant Network“. Das deutschlandweite Netzwerk studentischer Unternehmensberatungen veranstaltet jedes Jahr ein dreitägiges Treffen. „Da lernt man viele Leute aus verschiedenen Studiengängen kennen, kann networken und an spannenden Workshops von Firmen teilnehmen“, erklärt Bothmer.
Die Vielfalt der Perspektiven macht für beide auch den Reiz von InOne Consult aus. „Leute aus anderen Fächern haben oft neue Ansichten zu einzelnen Themen“, sagt Bothmer. Das sei auch im Beratungskontext hilfreich. So sei es für Kultur- oder Geisteswissenschaftler oft leichter, Unternehmenskulturen zu verstehen und etwa Transformationsprozesse zu begleiten. Der besondere Blickwinkel der Studierenden wiederum sei ein Grund für Unternehmen, mit InOne Consult zu arbeiten, z.B. bei Recruitingmaßnahmen: „Wie man an Studierende rankommt, kann ein Student viel besser sagen als jemand, der schon lange in einem Unternehmen arbeitet,“ meint Sarah Naja. „Wir haben noch mal unterschiedliche Sichtweisen, und das ist sehr wertvoll, wenn man einen Perspektivwechsel braucht.“
Tina Schäfer
Die studentische Unternehmensberatung InOne Consult e.V. steht Interessierten aus allen Fächern und in allen Phasen des Studiums offen. Die Gruppe trifft sich jeden Dienstag um 20.15 Uhr in Raum 002 im Verfügungsgebäude Wilhelmstraße 19.
Webseite von InOne Consult: https://inone-consult.de/
Aktuelle Infos auf Instagram: https://www.instagram.com/inoneconsult/
Unternehmen, die mit InOne Consult zusammenarbeiten wollen, können sich an vertriebspam prevention@inone-consult.de wenden.