Anke Stöver-Blahak studierte in der politisch aufgeladenen Zeit der 1970er-Jahren in Tübingen. Im Interview erzählt sie, wie das ihr Studium und ihre politische Aktivität beeinflusste.
Sie haben 1975 Ihr Studium der Germanistik und Philosophie an der Universität Tübingen begonnen. Erzählen Sie uns etwas von Ihren Anfängen in Tübingen.
Ich kam von Oldenburg nach Tübingen und war die Erste in meiner Familie, die ein Studium aufnahm. Ich musste einige Hürden nehmen, bis ich mich zurechtfand. So war es auch schon 1975 fast aussichtslos, ein Zimmer zu finden. Letztlich fand ich ein spartanisches Mansardenzimmer im Memelweg. Das Zimmer befand sich außerhalb der Wohnung der Vermieterin, Besuch durfte ich keinen empfangen.
Wie erging es Ihnen an der Universität?
Der Anfang war holprig. Im Gespräch mit einem Studenten, der die Studienberatung am Brechtbau machte, merkte ich: Ich wusste nichts. Ich kannte nicht einmal den Unterschied zwischen einem Seminar und einer Vorlesung. Als ich mich in meine ersten Pflichtveranstaltungen einschreiben wollte, stellte ich fest, dass die meisten längst voll waren. Ich war viel zu spät dran.
Wie prägten Sie diese ersten Erfahrungen?
Da ich mich am Anfang meines Studiums sehr verloren fühlte, wollte ich etwas für die nachfolgenden Generationen tun. Ziel war es, ihnen den Einstieg in das Studium und das Universitätsleben zu erleichtern. Gemeinsam mit einigen Kommilitoninnen und Kommilitonen gründete ich daraufhin den „Anfänger Arbeitskreis“. Wir haben viel gemacht: Besser strukturierte Studienberatungen angeboten, Anfängerfeste initiiert, Exkursionen organisiert.
War diese Arbeit politisch?
Ganz klar – wir arbeiteten an der Basis und wollten von dort aus Veränderungen anstoßen. Wir haben viel über die politische Dimension unserer Arbeit diskutiert und überlegt, wo wir sie verorten. Mit der Ausrichtung und Arbeitsweise der DKP (Deutsche Kommunistische Partei, Anm. d. Red.) sympathisierten wir nicht, sie war uns zu dogmatisch, zu festgelegt. Rückblickend würde ich sagen, dass unsere Arbeit mit den Anfängen der Grünen zu vergleichen ist.