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29.07.2019
Kein Platz für Islamisten an der Universität Tübingen
Stellungnahme zum Bericht der Stuttgarter Nachrichten vom 27. Juli 2019
Die Universität Tübingen ist einem Bericht der Stuttgarter Nachrichten entgegengetreten, wonach es am Zentrum für Islamische Theologie (ZITh) ein wachsendes „Netzwerk der Muslimbrüder“ gebe. „Das Zentrum für islamische Theologie an der Universität Tübingen ist kein Vorposten von Islamisten“, sagte der Rektor der Universität, Professor Bernd Engler: „Zudem liegen uns keine Hinweise vor, die darauf schließen lassen, dass Professoren oder Dozenten Kontakte zu den Muslimbrüdern pflegen. Im Artikel der Stuttgarter Nachrichten werden für diese schwer wiegenden Behauptungen im Übrigen keine Belege vorgelegt.“
Die Universitätsleitung und der Direktor des ZITh, Professor Erdal Toprakyaran, distanzieren sich von allen Versuchen, den Islam für politische Zwecke zu missbrauchen. „Ziel der Universität Tübingen ist es, mit dem ZITh eine Institution aufzubauen, in der Forschung und Lehre auf einem hohen wissenschaftlichen Niveau geleistet werden. Dies schließt islamistische und extremistische Positionen von vornherein aus“, sagte Engler. Dementsprechend hält das Zentrum konsequent Abstand zu islamistischen oder salafistischen Organisationen, wie beispielsweise den Muslimbrüdern. „Seit Jahren wird immer wieder versucht, das Zentrum für Islamische Theologie der Universität Tübingen zu diskreditieren und in die Nähe von radikalen oder gar verfassungsfeindlichen Positionen zu rücken. Alle Vorwürfe dieser Art haben sich in der Vergangenheit als substanzlos erwiesen.“
Zu den im Artikel erhobenen Vorwürfen im Einzelnen:
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Zu den Vorwürfen gegen Professor Omar Hamdan:
Der Autor des Artikels unterstellt Professor Hamdan Kontakte zur Muslimbruderschaft. Als Beleg dienen ihm die Tätigkeit von Herrn Hamdan für das Avicenna-Studienwerk sowie für die Zeitschrift „HIKMA“.
Laut Homepage des Avicenna-Studienwerks engagiert sich Professor Hamdan im Vorstand dieser Einrichtung. Das Begabtenförderungswerk ist seit 2013 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung anerkannt und wird seither maßgeblich von der Bundesregierung finanziert. Laut Homepage des Studienwerks engagieren sich namhafte Vertreterinnen und Vertreter aus Politik und Wissenschaft in den Gremien des Studienwerks. Dazu zählen die ehemalige Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration Aydan Özoguz (SPD); der Grünen-Politiker Cem Özdemir, der CDU-Politiker Dr. Yaşar Bilgin oder der Schriftsteller Navid Kermani.
Die Universität Tübingen geht davon aus, dass das öffentlich anerkannte Studienwerk seriös und mit angemessener Distanz zu extremistischen Strömungen arbeitet. Die Universität kann hier keinen Anhaltspunkt für nicht vertretbare Aktivitäten Professor Hamdans feststellen.
Laut der Homepage der Zeitschrift „HIKMA“ gehört Professor Hamdan zum Kreis der Mitherausgeber. „HIKMA“ ist nach den uns vorliegenden Informationen eine seriöse wissenschaftliche Fachzeitschrift für islamische Theologie und Religionspädagogik. Die Gründung der Zeitschrift geht vor allem auf islamische Theologen der Universität Osnabrück zurück. Nach der Homepage der Zeitschrift umfasst der Beirat 30 Personen, die ein breites wissenschaftliches Spektrum abdecken, von der islamischen Theologie über die Orientwissenschaft bis hin zu den christlichen Theologien. Zu den Mitgliedern des Beirats gehören auch namhafte deutsche Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, wie etwa die Orientalistin Angelika Neuwirth (FU Berlin). Allein aus der Tatsache, dass Tarik Ramadan ebenfalls als einer von 30 Beiratsmitgliedern gelistet wird, lassen sich keine Rückschlüsse auf die Haltung von Professor Hamdan ziehen.
Die Universität Tübingen sieht im Fall von Professor Hamdan nach dem aktuellen Stand der Dinge keine Anhaltspunkte für Aktivitäten, die mit der freiheitlich demokratischen Grundordnung nicht zu vereinbaren sind.
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Zu den Vorwürfen gegen Professor Mouez Khalfaoui:
Besuch am International Institute of Islamic Thought (IIIT): Professor Khalfaoui hat 2014 einen Gastvortrag am IIIT gehalten. Dieser Vortrag erfolgte im Rahmen einer Tagung, an der auch namhafte US-amerikanische Wissenschaftler teilnahmen, wie bspw. Professor Carl W. Ernst von der University of North Carolina at Chapel Hill oder Professor David Vishanoff von der University of Oklahoma. Seit 2014 pflegt Professor Khalfaoui keinen Kontakt zum International Institute of Islamic Thought. Vor seinem Besuch im Jahr 2014 hatte Professor Khalfaoui nach eigenen Angaben ebenfalls keinen Kontakt zum IIIT.
Prof. Khalfaoui distanziert sich ausdrücklich von salafistischen und islamistischen Positionen. Die Universität Tübingen sieht im Fall von Professor Khalfaoui bezüglich der erhobenen Vorwürfe keinerlei Anhaltspunkte für Aktivitäten, die mit der freiheitlich demokratischen Grundordnung nicht zu vereinbaren sind.
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Angebliche Besuche von Muslimbrüdern im ZITh:
Der Bericht behauptet pauschal, dass es im ZITh zu „Besuchen von Wissenschaftlern, die den MB zugeordnet werden können“, gekommen sei. Konkret benannt wird im Artikel lediglich ein Fall. So habe das Zentrum im November 2015 einen „Gelehrten der Muslimbrüder“ eingeladen: Bei der fraglichen Person handelt es sich um einen international bekannten islamischen Rechtsgelehrten. Dieser Wissenschaftler wurde im Wintersemester 2015/2016 zu einem Gastvortrag im Rahmen eines interdisziplinären Seminars nach Tübingen eingeladen. In dem Seminar, an dem Studierende der katholischen, der evangelischen und der islamischen Theologie teilnahmen, ging es um »Interreligiöse Zugänge zur Gerechtigkeit«. Das Seminar wurde von Professor Khalfaoui zusammen mit Professor Matthias Möhring-Hesse von der Katholisch-Theologischen Fakultät durchgeführt. Der Vortrag hatte – auch nach Angaben von Prof. Möhring-Hesse – einen rein wissenschaftlichen Charakter. Ob der eingeladene Wissenschaftler der Muslimbruderschaft angehört, ist nach den uns vorliegenden Informationen nicht belegt. Zum Zeitpunkt der Einladung lagen den Verantwortlichen keinerlei Hinweise vor, die den Rückschluss erlaubt hätten, dass es sich bei der fraglichen Person um ein Mitglied der Muslimbrüder handelte.
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Zu den Verbindungen des ZITh nach Katar:
Theologinnen des ZITh und der US-amerikanischen Georgetown Universität in Katar haben 2019 ein Kooperationsprojekt zum Thema „Weiblichkeit im Islam“ gestartet. Gefördert wird das Projekt vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) aus Mitteln des Auswärtigen Amts. Die Universität Tübingen hat über das Projekt Anfang dieses Jahres mit einer Pressemitteilung informiert.
Zudem gibt es einzelne Kontakte zwischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des ZITh und Universitäten in Katar. Weitere Kooperationsprojekte sind der Universitätsleitung und der Leitung des Zentrums nicht bekannt.
Die Universität Tübingen sieht auch in diesem Fall keine Anhaltspunkte für Aktivitäten, die mit der freiheitlich demokratischen Grundordnung nicht zu vereinbaren sind.
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Gebetspraxis am ZITh
Die Universität Tübingen respektiert, dass gläubige Muslime zum regelmäßigen Gebet verpflichtet sind. Wann und wie Lehrende und Studierende ihre Gebete verrichten, ist aber die persönliche Entscheidung jedes Einzelnen. Die Universitätsleitung hat daher gemeinsames Beten in Lehrveranstaltungen des ZITh untersagt.
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Einhaltung des Ramadan
Der im Artikel erhobene Vorwurf, auf eine Mitarbeiterin des Zentrums sei Druck ausgeübt worden, weil sie während des Ramadan Wasser getrunken habe, war dem Rektorat der Universität und der Leitung des ZITh bislang nicht bekannt. „Die Universitätsleitung wird diesem Vorwurf nachgehen“, sagte Engler. „Es ist absolut unzulässig, wenn auf Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter Druck ausgeübt wird, weil sie islamische Glaubensvorschriften nicht eingehalten haben. Dies gilt unabhängig davon, ob die Betroffenen Muslime oder Nicht-Muslime sind. Ein solches Verhalten kann arbeitsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.“
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Konfrontation unter Studierenden
Die Universität Tübingen bestätigt, dass es in jüngster Zeit zu Konfrontationen zwischen einem Studenten und mehreren Studentinnen der islamischen Theologie um die Sitzordnung bei Lehrveranstaltungen gekommen ist. „Die Universitätsleitung kennt diesen Konflikt und wird zu Beginn des Wintersemesters auf den genannten Studenten in geeigneter Form einwirken“, sagte der Rektor. „Derartige Verhaltensweisen werden an einer staatlichen Universität in Baden-Württemberg nicht toleriert.“
Professor Bernd Engler: „Die am Zentrum für Islamische Theologie tätigen Professorinnen und Professoren sind Beamte des Landes Baden-Württemberg und als solche auf die Prinzipien des Grundgesetzes verpflichtet. Eine Mitgliedschaft in der Muslimbruderschaft oder auch eine Zusammenarbeit mit der Bruderschaft oder einer ihrer Tochterorganisationen ebenso wie mit anderen extremistischen Vereinigungen hätte für jeden Beamten sofortige und erhebliche dienstrechtliche Konsequenzen zur Folge. Für Extremisten ist am Zentrum für Islamische Theologie kein Platz.“
Kontakt:
Dr. Karl G. Rijkhoek
Universität Tübingen
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