Uni-Tübingen

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18.07.2025

Prof. Dr. LI Xuetao: Zwischen Wissen und Nichtwissen: Die transkulturelle Rekonstruktion des chinesischen Buddhismus und Prof. Dr. Helwig Schmidt-Glintzer: Möglichkeitsräume - Buddha und die Neuvermessung der Kulturen im Lichte von KI

Freitag, 25. Juli 2025, 14-16 Uhr c.t., China Centrum Tübingen, Hintere Grabenstr. 26, 72070 Tübingen

Prof.Dr. Li Xuetao (Beijing Foreign Studies University): Zwischen Wissen und Nichtwissen: Die transkulturelle Rekonstruktion des chinesischen Buddhismus

Im Zentrum dieses Vortrags steht die transkulturelle Entwicklung des chinesischen Buddhismus als ein historisches Spannungsfeld zwischen Wissen und Nichtwissen. Anhand ausgewählter Beispiele – von der Übersetzung buddhistischer Sutras über die begriffliche Unterscheidung zwischen „念性“ (Gedächtnis-Tradition) und „解性“ (intellektuelle Durchdringung) bei Zanning bis hin zu den synkretistischen Tendenzen im chinesischen Kulturraum – wird aufgezeigt, wie buddhistisches Wissen in China nicht bloß übernommen, sondern aktiv transformiert und neu kontextualisiert wurde. Dabei zeigt sich: Der chinesische Buddhismus entstand nicht durch bloße Akkulturation, sondern als kreative Antwort auf das Fremde, in der das Ungewisse ebenso produktiv wirkte wie das Bekannte. Der Vortrag lädt dazu ein, den chinesischen Buddhismus als Beispiel einer dynamischen Wissenszirkulation im globalen historischen Kontext zu verstehen.

Prof. Dr. Helwig Schmidt-Glintzer (EuroAsia Institut Nürnberg): Möglichkeitsräume - Buddha und die Neuvermessung der Kulturen im Lichte von KI 

Die Debatte, ob der Buddhismus für China förderlich oder abträglich ist, wird seit mehr als 1600 Jahren geführt. Die strukturellen Ähnlichkeiten dieser Debatte zur „Verwestlichungsdebatte“ lagen seit jeher auf der Hand. Persönlichkeiten wie Walter Liebenthal und Tang Yongtong und dessen Sohn Tang Yijie, Hu Shi und Daisetsu Suzuki, Tsukamoto Zenryu  sowie Ji Xianlin haben diese Frage des Gegensatzes von Osten und Westen erörtert, die sich heute noch in der Thematisierung von Alexis de Tocqueville und in den Positionen von Wang Huning spiegelt. Prof. Schmidt-Glintzer selbst hat sich in den letzten 55 Jahren mit dieser Thematik befasst und insbesondere zum Buddhismus in China gearbeitet.

Heute nun sind wir durch die „Künstliche Intelligenz“ mit neuen Möglichkeiten konfrontiert, die Chinesische Geschichte ebenso wie die Kulturgeschichte anderer Länder und Regionen vor dem Hintergrund bisher kaum bewältigbar erscheinender Texte und kultureller Zeugnisse neu zu erfassen. Den Bemühungen neuer historischer Selbstverständigungen, wie sie etwa die Initiative von Deep China unternimmt, könnten sich Bemühungen anderer Kultur- und Wissenschaftstraditionen an die Seite stellen. So würde ein neues Selbstbewusstsein und ein neuer Universalismus ermöglicht, in dem gegenwärtige Partikularismen ihre Aufhebung erfahren.

 

Li Xuetao ist Professor an der Pekinger Fremdsprachenuniversität (BFSU). Er hat an der Universität Bonn studiert und promoviert. Er arbeitet zur Globalgeschichte, Philosophie und dem chinesischen Buddhismus und hat sich ausgiebig mit dem Wissenstransfer zwischen China und Europa befasst. Zudem ist er ein herausragender Übersetzer, u.a. der Werke des deutschen Philosophen Karl Jaspers. Seit 2022 ist Li Xuetao Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina (Nationalakademie).

Helwig Schmidt-Glintzer, Jahrgang 1948, ist ein deutscher Sinologe und Publizist. Er lehrte bis 2023 an den Universitäten München, Göttingen, Hamburg und Tübingen. Zwischen 2016 und 2023 war er Seniorprofessor der Universität Tübingen und Gründungsdirektor des China Centrum Tübingen (CCT). Von 1993 bis 2015 leitete er als Direktor die Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel und war zuvor von 1981 bis 1993 Inhaber des Lehrstuhls für Ostasiatische Kultur- und Sprachwissenschaft an der Universität München. Seit 2024 lebt er in Nürnberg und leitet das EuroAsia-Institut für Kultursysteme.

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