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11.03.2020
Wie giftiges Arsen ins Grundwasser Vietnams gelangt
Forschungsteam der Universität Tübingen entdeckt in Hanoi, dass Bakterien bei der Freisetzung von Arsen Nahrungsquellen aus tiefen Gesteinsschichten nutzen
Giftiges Arsen im Grund- und Trinkwasser ist ein riesiges Problem für mehr als hundert Millionen Menschen weltweit, insbesondere in Ländern Südostasiens wie Bangladesch und Vietnam. Freigesetzt wird es durch die Aktivität von Mikroorganismen. Nun hat ein Forschungsteam in der Geomikrobiologie unter der Leitung von Professor Andreas Kappler von der Universität Tübingen herausgefunden, dass die Nahrungsquellen dieser Bakterien nicht, wie vermutet, von der Erdoberfläche stammen, sondern aus tiefen Gesteinsschichten. Das Wissen über die hauptsächlichen Wege und Prozesse der Arsenfreisetzung soll helfen, künftige Trinkwasserkontaminationen präzise vorherzusagen und nach Möglichkeit zu vermeiden. Die Studie wird in der Fachzeitschrift Environmental Science and Technology veröffentlicht.
Im Untergrund vieler Regionen Südostasiens sind große Mengen arsenhaltiger Eisenminerale zu finden. Dort im Sediment der Grundwasserleiter leben Gemeinschaften von Mikroorganismen, die die Eisenminerale auflösen können und dabei das problematische Arsen freisetzen. Dazu benötigen sie organisches Material als Nahrung. „Bisher ging man davon aus, dass organisches Material von der Oberfläche, zum Beispiel Pflanzenablagerungen oder Algen aus kleinen Tümpeln und Seen, die Mikroorganismen antreibt, die arsenhaltigen Eisenminerale aufzulösen und so das Arsen freizusetzen“, sagt Andreas Kappler. Doch habe es in vielen Grundwassersystemen Hinweise gegeben, dass das organische Material von der Oberfläche gar nicht bis in die arsenhaltigen Schichten eindringt.
In der neuen Studie untersuchten die Tübinger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gemeinsam mit Kollegen aus Zürich, Karlsruhe und Berlin die Zusammenhänge in einem Dorf mit arsenbelastetem Wasser, in VanPhuc, 15 Kilometer südöstlich von Hanoi in Vietnam. Dort wurde bei Bohrungen frisches Untergrundmaterial aus bis zu mehr als 40 Metern Tiefe gewonnen. Das Forschungsteam prüfte, wie viel organisches Material in den tiefen Gesteinsschichten zu finden war, woher es stammte und ob die vorhandenen Mikroorganismen es als Nahrungs- und Energiequelle verwenden können. In kontrollierten Experimenten, die in den Tübinger Laboren durchgeführt wurden, konnten die ablaufenden Stoffwechselprozesse und die jeweiligen Energiequellen der verschiedenen Bakterien identifiziert werden.
Altes organisches Material aus tiefen Schichten
„Vermutlich stammt das natürlich vorhandene organische Material in den Proben aus alten Mangrovenwäldern. Es wurde in den arsenhaltigen Sedimentschichten abgelagert und erhalten“, sagt Kappler. Offenbar nutzten es jetzt Mikroorganismen als Nahrungsquelle und setzten so das Arsen ins Grundwasser frei. Der Vergleich der Tübinger Laborexperimente mit den gemessenen Arsenkonzentrationen im Wasser aus dem Untersuchungsgebiet nahe Hanoi habe gezeigt, dass sich mit diesen mikrobiellen Prozessen am organischen Material aus tiefen Schichten der Großteil des Arsens im Wasser erklären ließe. Der Einfluss organischer Stoffe von der Oberfläche könnte weitaus geringer sein als bisher gedacht.
„Wir müssen verstehen, welche mikrobiellen Prozesse zur Freisetzung des Arsens führen und das Wasser verschmutzen“, betont der Studienleiter. Die Erstautorin der Studie, Martyna Glodowska, ergänzt: „Dabei ist es ein entscheidender Schritt, dass wir die Nahrungsquelle der aktiven Bakterien im Untergrund identifizieren konnten.“
Publikation:
Glodowska, M., Stopelli, E., Schneider, M., Lightfoot, A., Rathi, B., Straub, D., Patzner, M., Berg, M., Duyen, V.T., Kleindienst, S., Kappler, A. (2019) Role of in-situ natural organic matter in mobilizing As during microbial reduction of Fe(III)-mineral-bearing aquifer sediments from Hanoi (Vietnam). Environmental Science and Technology, https://dx.doi.org/10.1021/acs.est.9b07183
Kontakt:
Prof. Dr. Andreas Kappler
Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät
Zentrum für Angewandte Geowissenschaften
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Pressekontakt:
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