Aktuelles
17.09.2025
Die Bauern der Bronze- und Eisenzeit im Nahen Osten bewiesen ökologisches Fachwissen beim Anbau von Wein und Oliven
Während der Klimaveränderungen der Bronze- und Eisenzeit haben Landwirte im Nahen Osten häufiger Weinreben als Olivenbäume bewässert. Ein internationales Team von Archäobotanikerinnen und Archäobotanikern unter Leitung der Universität Tübingen untersuchte verkohlte Pflanzenüberreste und fand so heraus, dass gezielt Bewässerung eingesetzt wurde, um den Anbau in Weinregionen aufrechtzuerhalten. Die Forschungsergebnisse weisen auf die Bedeutung der Wein- und Olivenproduktion für kulturelle und wirtschaftliche Zwecke in dieser Zeit hin. Die unter Beteiligung der Durham University, Großbritannien, realisierte Studie wurde in der Fachzeitschrift PLOS One veröffentlicht.
Das Forschungsteam untersuchte mehr als 1.500 Samen- und Holzkohleproben von Wein- und Olivenpflanzen aus der frühen Bronzezeit bis zur Eisenzeit (5.000 bis 2.600 Jahre v. Chr.). Die Proben stammen aus der Türkei, Syrien, Libanon, Jordanien und Israel.
„Wir haben festgestellt, dass der Vergleich der stabilen Kohlenstoffisotopenwerte in pflanzlichen Überresten – also jener Kohlenstoffvarianten, die nicht radioaktiv zerfallen – Aufschluss darüber gibt, wie viel Wasser den Pflanzen während ihres Wachstums zur Verfügung stand. Zudem lässt sich daraus ableiten, wie der Mensch durch Anpassung an Umweltbedingungen für eine möglichst hohe Pflanzenproduktivität sorgte“, erklärt Erstautorin Dr. Simone Riehl vom Institut für Naturwissenschaftliche Archäologie der Universität Tübingen und dem Senckenberg Center for Human Evolution and Palaeoenvironment an der Universität Tübingen.
Dr. Katleen Deckers vom Institut für Naturwissenschaftliche Archäologie der Universität Tübingen und Co-Autorin der Studie sagt: „Dies ist das erste Mal, dass die stabile Kohlenstoffisotopenmessungen an Holzkohle aus Olivenholz und Weinreben verwendet wurde, um auf ihre frühere Bewirtschaftung zu schließen. Mit der Studie zeigen wir, dass diese Messungen die Feuchtigkeitsbedingungen, denen die Pflanzen ausgesetzt waren, zuverlässig abbilden.“
Für die frühe Bronzezeit decken sich die so gemessenen Phasen des Wasserstresses, also eine Unterversorgung an Wasser, mit den saisonalen Veränderungen der Feuchtigkeit. In späteren Perioden schwankte der Wasserstress jedoch stärker. Gleichzeitig deutet das Vorkommen von Weintrauben und Oliven in trockeneren Regionen auf eine verbreitete Nutzung von Bewässerung hin.
Die Analyse weist auf eine intensive Bewässerung von Weinanbauflächen seit der mittleren Bronzezeit hin sowie auf den Anbau von Weintrauben in Gebieten, die für den Obstanbau eigentlich ungeeignet waren. Die robusteren Olivenhaine wurden dabei selten bewässert. Ein Hinweis darauf, dass die damaligen Bauern die unterschiedlichen Anforderungen ihrer Anbaufrüchte berücksichtigten und die Bewirtschaftung entsprechend anpassten. Damit bestätigt die Studie die Ergebnisse früherer archäologischer Forschungen.
Der Projektleiter der Studie, Professor Dan Lawrence vom Fachbereich Archäologie der Universität Durham, erklärt: „Oliven und Weintrauben waren wichtige Anbauprodukte. Sie ernährten sowohl die lokale Bevölkerung, dienten aber auch als Exportgüter, die den Handel zwischen der Levante und Mesopotamien sowie darüber hinaus mit Ägypten, der Türkei und dem gesamten Mittelmeerraum ermöglichten.“
Die Forschungen zeige, dass Landwirte im Nahen Osten bereits vor Tausenden von Jahren Entscheidungen darüber trafen, welche Pflanzen sie anbauen und wie sie diese bewirtschaften sollten. „Dabei wägten sie das Risiko von Ernteausfällen gegen den Aufwand für die Bewässerung und die voraussichtliche Nachfrage nach ihren Produkten ab. Uns erinnert das daran, dass die Menschen in der Vergangenheit genauso schlau waren wie heute und dass scheinbar moderne Themen wie die Widerstandsfähigkeit gegenüber dem Klimawandel und die Notwendigkeit einer sorgfältigen Ressourcenverteilung eine lange Geschichte haben“, sagt Lawrence weiter.
Die Forschung wurde vom Europäischen Forschungsrat im Rahmen des Forschungs- und Innovationsprogramms „Horizont 2020“ der Europäischen Union, der Deutschen Forschungsgemeinschaft und der Fritz Thyssen Stiftung finanziert.
Nach einer Pressemitteilung der Durham University
Publikation:
Simone Riehl, Katleen Deckers, Ishiba Hinojosa-Baliño, Darren R. Gröcke & Dan Lawrence: Fluctuations of viti- and oleiculture traditions in the Bronze and Iron Age Levant, PLOS One. https://doi.org/10.1371/journal.pone.0330032
Zurück