Uni-Tübingen

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24.07.2023

Science2Start-Wettbewerb: Erster und zweiter Platz für Tübinger Forschende

Im Rahmen des "BioRegio STERN"-Sommerempfangs 2023 in Stuttgart/Fellbach wurden die Gewinnerinnen und Gewinner des Science2Start-Wettbewerbs bekannt gegeben. Ausgezeichnet wurden Ideen von Forschenden und Gründern, die nach Meinung einer Expertenjury besonderes wirtschaftliches Potenzial haben. Die ersten beiden Plätze gingen dieses Jahr an Forschende aus Tübingen.

Platz 1: Biotechnologische Produktion des biologisch abbaubaren Metallchelators Ethylendiamin-disuccinat ([S,S]-EDDS)

Den ersten Platz belegten Prof. Wolfgang Wohlleben, Prof. Evi Stegmann und Naybel Hernández Pérez vom Interfakultären Institut für Mikrobiologie und Infektionsmedizin (IMIT) der Universität Tübingen. Ihnen gelang die biotechnologische Produktion eines biologisch abbaubaren Metallchelators, der als Zusatzstoff beispielsweise in Waschmitteln, Kosmetik und Lebensmitteln eingesetzt wird. Die bisher aus fossilen Rohstoffen synthetisierte Verbindung ist in konventionellen Kläranlagen kaum abbaubar.

Das Team um Prof. Wohlleben und Prof. Stegmann hat mit ihrer Forschung den Grundstein für die biotechnologische Produktion von Ethylendiamin-disuccinat ([S,S]-EDDS) gelegt, einer Alternative zu Ethylendiamin-Tetraacetat (EDTA). Der Metallchelator EDTA wird unter anderem kommerziell in großen Mengen in der Textil- und Papierindustrie, als Zusatzstoff in Kosmetika und Lebensmitteln sowie in medizinischen Produkten und in der Landwirtschaft eingesetzt. Die aus fossilen Rohstoffen synthetisierte Verbindung ist in konventionellen Kläranlagen kaum abbaubar. EDTA wird daher zunehmend zur Umweltbelastung, in einigen westlichen Ländern wurde der Einsatz für bestimmte Anwendungsgebiete bereits eingeschränkt. Der von dem Bodenbakterium Amycolatopsis japonicum produzierte Metallchelator [S,S]-EDDS besitzt vergleichbare komplexbildende Eigenschaften, ist aber im Gegensatz zu EDTA vollständig biologisch abbaubar. Die biotechnologische Herstellung von [S,S]-EDDS scheiterte bisher daran, dass seine Synthese in A. japonicum bereits durch sehr geringe Zink-Konzentrationen gehemmt wird, die als Kontamination beispielsweise in Fermentern, Glasgefäßen oder Medienbestandteilen vorliegt. Mittels „Genetic Engineering“ gelang es dem Team, eine A. japonicum-Mutante zu generieren, die auch in Gegenwart von Zink große Mengen an [S,S]-EDDS produzieren kann. Diese Mutante und die Etablierung eines einfachen Aufreinigungsverfahrens bilden nun die Grundlage für die Etablierung einer industriellen [S,S]-EDDS-Produktion.

Platz 2: Cerebri – EEG for everyone, everywhere

Den zweiten Platz belegten PD Dr. med. Justus Marquetand (Medizinische Fakultät) und Dr. med. Johannes Lang, ebenfalls aus Tübingen. Sie entwickeln „Cerebri”, eine standortunabhängige, telemedizinisch verfügbare sowie Cloud-basierte EEG-Auswertung, die auch von ungeschulten Personen innerhalb weniger Minuten erfolgreich eingesetzt werden kann.

Die Elektroencephalographie (EEG) ist eine essenzielle Untersuchung in der Medizin und kommt beispielsweise zur Differentialdiagnostik im Falle von unklaren Bewusstseinsstörungen, Epilepsie oder Demenzen zum Einsatz. Etwa sechs Millionen Untersuchungen werden in deutschen Krankenhäusern pro Jahr aufgezeichnet, der Bedarf ist mindestens doppelt so hoch. Aber die EEG und ihre teils komplexe Auswertung ist nicht flächendeckend verfügbar, was durch den Personalmangel und die stetig alternde Bevölkerung verschärft wird. Zudem ist die Rate an Fehlinterpretationen hoch. Das Team von PD Dr. Marquetand und Dr. Lang entwickelt eine standortunabhängige, telemedizinisch verfügbare sowie Cloud-basierte EEG-Auswertung, die auch von ungeschulten Personen innerhalb weniger Minuten erfolgreich eingesetzt werden kann. Die Cerebri-EEG-Untersuchungen können für jeden (Patienten, Hausärzte etc.) und überall (Praxis, zu Hause etc.) zugänglich gemacht werden. Neben einer verbesserten Verfügbarkeit, insbesondere für strukturschwache Regionen, werden die Behandlungskosten für Praxis oder Krankenhaus drastisch gesenkt. Cerebri bietet einen neuartigen digitalen Ansatz, um nahezu „jedermann“ EEG-Diagnostik innerhalb kürzester Zeit bei gleichzeitiger Ressourcen- und Kosteneinsparung zu ermöglichen.

Die Jury vergab den dritten Preis an Dr. Vasileios Filippou von der Varimol TGU TTI GmbH aus Stuttgart. Sein Team entwickelt Syntheseprotokolle, die eine höhere synthetische Skalierbarkeit von sogenannten Click-Reagenzien ermöglichen, die in der Medizin für innovative Bildgebungsverfahren eingesetzt werden. Die Preisträger erhalten Preisgelder in Höhe von insgesamt 4.500 Euro.

Pressemitteilung BioRegio STERN / Leon Kokkoliadis

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