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14.02.2024
Volkswagen Stiftung fördert Projekt zur Umwandlung von Abfallstoffen in neue Biomaterialien
Die Volkswagen Stiftung fördert an der Universität Tübingen ein Projekt zur Umwandlung von schädlichen Abfallstoffen in nützliche Biomaterialien mit insgesamt 1,34 Millionen Euro über einen Zeitraum von vier Jahren. Eingeworben haben die Förderung Dr. Bastian Molitor, Professor Lars Angenent (beide Arbeitsgruppenleiter der Umweltbiotechnologie im Fachbereich Geowissenschaften) und Professor Forchhammer (Arbeitsgruppenleiter am Interfakultären Institut für Mikrobiologie und Infektionsmedizin).
„Biotechnologische Ansätze können maßgeblich bei der Bewältigung unserer Probleme im Zusammenhang mit der Klimakrise helfen“, betonte die Rektorin der Universität, Professorin Dr. Dr. h.c. (Doshisha) Karla Pollmann: „In Tübingen arbeiten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler disziplinübergreifend an den drängenden Fragen unserer Zeit. Biomaterialien, die mittels der Umwandlung klimaschädlicher Gase und Abfallstoffe hergestellt werden, bringen uns einer dringend benötigten Kreislaufwirtschaft näher. Vor diesem Hintergrund freue ich mich sehr über das erneute, großzügige Engagement der Volkswagen Stiftung an unserer Universität.“
Die Forschung bewegt sich an der disziplinübergreifenden Schnittstelle zwischen Mikrobiologie und Biotechnologie. Die Forschung in den Arbeitsgruppen von Bastian Molitor und Lars Angenent beschäftigt sich unter anderem mit der Umwandlung von organischen Abfallstoffen und industriellen Abgasen in nützliche Produkte mit Hilfe von Mikroorganismen. Karl Forchhammer untersucht in seiner Arbeitsgruppe unter anderem den Stoffwechsel von Cyanobakterien. Ihm ist es bereits gelungen, Cyanobakterien dazu anzuregen Bioplastik herzustellen. Mikroorganismen sollen für biotechnologische Anwendungen nutzbar gemacht und Interaktionen innerhalb mikrobieller Gemeinschaften auf molekularer Ebene entschlüsselt werden.
In ihrer Förderlinie „Zirkularität mit recycelten und biogenen Rohstoffen“ fördert die Volkswagen Stiftung Projekte, die originelle und praxisrelevante Forschungsfragen zum Schließen von Rohstoff-Produkt-Kreisläufen adressieren. Zu den Förderthemen gehören unter anderem bioinspiriertes Materialdesign sowie mikrobielle und molekulare Stoffumsetzung und Wertschöpfung aus komplex zusammengesetzten Abfallströmen. Das hier geförderte Projekt dreht sich um das Biopolymer Cyanophycin, einen natürlicherweise von Cyanobakterien gebildeten Speicherstoff. In der AG Forchhammer wurde ein Verfahren entwickelt, dieses Polymer durch Veresterung in ein polykationisches Derivat umzuwandeln. Es handelt sich dabei um eine neue Biomolekül-Substanzklasse, die vielfältige Anwendungsmöglichkeiten verspricht, z.B. als Beschichtungsmaterial, als Zell-Klebstoff, Nukleinsäure-Träger, Absorptionsmaterial und vieles mehr. In der AG Forchhammer sollen daher medizinische, pharmazeutische und industrielle Anwendungen von Cyanophycin-Estern erforscht werden.
Aktuell wird Cyanophycin von Cyanobakterien in einem lichtabhängigen Prozess photosynthetisch hergestellt. Im Projektteil Molitor/Angenent soll dieser Prozess von Cyanobakterien auf sogenannte acetogene Bakterien übertragen werden, um einen neuen Produktionsweg für Cyanophycin unter Verwendung von Wasserstoff und Kohlendioxid zu finden. „Acetogene Bakterien sind vielversprechende Bioproduzenten, mit denen bereits verschiedenste Plattformchemikalien hergestellt werden können. Die Funktionalisierung von Cyanophycin ermöglicht spannende Ansätze zur Erforschung relevanter Materialeigenschaften“, sagt Bastian Molitor. Damit könnten Abfallströme aus der Industrie (H2+CO2 oder Synthesegas) genutzt werden, um nützliche Biomaterialien in einer Kreislaufwirtschaft herzustellen.
Leon Kokkoliadis