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29.07.2025

LEGEND-1000 auf Shortlist für nationales Priorisierungsverfahren für Forschungsinfrastrukturen

Internationales Großforschungsprojekt mit Tübinger Beteiligung hofft nach Entscheidung des Bundesministeriums und des Wissenschaftsrats auf Sicherung und Intensivierung von Förderung, um den Ursprung von Materie zu erforschen

Aufnahme aus dem unbefüllten Wassertank des Vor-Experimentes im Gran-Sasso-Untergrundlabor. Um die im Wasser erzeugten Lichtsignale besser nachweisen zu können, ist der Tank im Innern mit reflektierender Folie ausgekleidet. In der Mitte ist der Kryobehälter mit flüssigen Argon und Germanium-Detektoren installiert. Im Vordergrund ist einer der Lichtdetektoren zu erkennen. Die Instrumentierung des Wassertanks und die Erkennung von durch kosmische Strahlung erzeugter Störsignale ist der wesentliche Beitrag der Tübinger Arbeitsgruppen zu LEGEND.

Die Universität Tübingen und ihre Partner sind mit ihrem Großprojekt LEGEND-1000 in der engeren Auswahl des nationalen Priorisierungsverfahrens für Forschungsinfrastrukturen (FIS). Das hat das Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt (BMFTR) bekannt gegeben. LEGEND-1000 (Large Enriched Germanium Experiment for Neutrinoless double beta Decay) ist ein Experiment in der Teilchenphysik und untersucht als internationales Forschungsprojekt den Ursprung von Materie.

Die Arbeitsgruppe von Professor Dr. Josef Jochum am Kepler Center for Astro and Particle Physics der Universität Tübingen trägt, unterstützt durch das BMFTR, seit vielen Jahren maßgeblich zur Vorbereitung dieses Experiments bei. Gemeinsam mit den Max-Planck-Instituten für Kernphysik (Heidelberg) und für Physik (München) zählt die Universität Tübingen zu den deutschen Gründungsinstitutionen des Projekts und hat eine zentrale Rolle in seiner wissenschaftlichen Entwicklung eingenommen.

„In die Shortlist des BMFTR für kommende Forschungsinfrastrukturen aufgenommen zu werden ist ein großer Erfolg für uns“, sagt Professor Dr. Josef Jochum. Auch wenn damit noch keine Förderentscheidung verbunden sei, zeige es doch die hohe Relevanz, die der Wissenschaftsrat und internationale Begutachter dem LEGEND-Projekt zuschreiben und im Wettbewerb mit anderen Großprojekten die höchsten Erfolgsaussichten sehe. „Wir freuen uns sehr über die Anerkennung unserer jahrelangen Vorarbeiten und können nun auf viele Jahre kontinuierlicher Förderung durch das BMFTR hoffen.“

Die Aufnahme in die engere Auswahl unterstreicht die wissenschaftliche Exzellenz und strategische Bedeutung dieses internationalen Großprojekts und stellt einen wichtigen Meilenstein auf dem Weg zur Realisierung dar. Sie ist zugleich ein bedeutender Erfolg für das Kepler Center und sichert diesem in den kommenden Jahren eine verstärkte Unterstützung durch das Bundesministerium. Bisher wurde LEGEND in Tübingen über die Jahre mit insgesamt etwa fünf Millionen Euro durch das BMFTR gefördert. Professor Dr. Josef Jochum: „Mit der FIS würde eine derartige Förderung für die nächste Dekade gesichert und intensiviert werden.“

LEGEND-1000 wird das weltweit empfindlichste Experiment zur Suche nach dem neutrinolosen doppelten Betazerfall sein – der Schlüsselprozess zur Erforschung der Natur der Neutrinos und des Ursprungs der Materie im Universum. Ziel ist es, herauszufinden, ob das Neutrino sein eigenes Antiteilchen ist – ein sogenanntes Majorana-Teilchen. Die Beantwortung dieser Frage hätte weitreichende Konsequenzen für unser Verständnis der Materie-Antimaterie-Asymmetrie im Universum. Der FIS-Antrag für LEGEND-1000 wurde von den federführenden Instituten, dem Max-Planck-Institut für Kernphysik und der Technischen Universität München, eingereicht. Die Auswahl bestätigt die internationale Relevanz des Projekts und bringt die Umsetzung dieser einzigartigen Forschungsinfrastruktur einen entscheidenden Schritt voran.

Aus über 60 eingereichten Vorschlägen waren 32 in die Bewertungsphase gelangt, von denen schließlich neun Projekte in die engere Auswahl aufgenommen wurden. Nach Angaben des BMFTR und des Wissenschaftsrats erfüllen diese Vorhaben höchste Standards hinsichtlich wissenschaftlicher Exzellenz, Planungsreife, Innovationspotenzial und internationaler Sichtbarkeit. Die Weiterentwicklung der ausgewählten Projekte wird nun in enger Abstimmung mit dem Wissenschaftsrat sowie den beteiligten Forschungseinrichtungen und Bundesländern erfolgen.

Auch in den USA durchläuft LEGEND mit besten Bewertungen die nationalen Priorisierungsverfahren, bei denen innerhalb eines Jahres Entscheidungen fallen werden. Parallel dazu soll auch in Deutschland die Finanzierung beschlossen werden. Für LEGEND sind insgesamt Investitionskosten von etwa 300 Millionen Euro geplant, 66 Millionen Euro davon kämen aus Deutschland.

Tobias Sterr, Physikalisches Institut

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