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30.07.2020

Nanokristalle ordnen sich zu neuen Netzwerken

Tübinger und Hamburger Forschungsteam entdeckt eine winzige Struktur, in der Strom gerichtet transportiert werden kann – Grundlage für neue elektronische Bauteile

Dreidimensionales Netzwerk aus Nanokristallen mit halbleitenden Molekülen. Die präzise Anordnung der Nanokristalle ermöglicht einen richtungsabhängigen Stromfluss aus Elektronen (e-)

Elektronische Bauteile, zum Beispiel für LEDs oder Solarzellen, können gar nicht klein genug sein. Je geringer die Größe, desto geringer auch der Stromverbrauch und desto breiter die Einsatzmöglichkeiten. Um in immer winzigere Welten vorzudringen, ist die Forschung ständig auf der Suche nach neuen Materialien mit interessanten Eigenschaften. Dabei wurde ein Forschungsteam der Universität Tübingen in Kooperation mit Kolleginnen und Kollegen aus Hamburg und Russland fündig.

Die Forscherinnen und Forscher versahen anorganische Nanokristalle mit halbleitenden organischen Molekülen und schufen daraus geordnete, dreidimensionale Netzwerke, die eine einheitliche Überstruktur besitzen und elektrisch leitfähig sind. „Wir konnten bei solchen Netzwerken aus Nanokristallen zum ersten Mal eine Korrelation zwischen der Leitfähigkeit und der Richtung des elektrischen Transports bestimmen“, sagt Marcus Scheele vom Institut für Physikalische und Theoretische Chemie der Universität Tübingen, einer der beiden Teamleiter. Das sei von großer Bedeutung für den Einsatz in elektronischen Bauteilen.

Faszinierende Strukturvielfalt

„Ich war fasziniert von der großen Strukturvielfalt, die man beobachten kann, wenn man viele anorganische Nanokristalle dazu bringt, sich zu einem Mesokristall periodisch anzuordnen“, sagt Andre Maier, Scheeles Institutskollege und Erstautor der Studie zu den neuen Ergebnissen, die in der Fachzeitschrift Advanced Materials erschienen ist. „Dass solche Nanokristalle in hochgeordnete Strukturen gebracht werden können, war seit mehr als 25 Jahren bekannt. Nur konnte man bisher keinen Nutzen darin erkennen“, berichtet Scheele.

Bis zum Umdenken war eine jahrelange intensive Zusammenarbeit zwischen Chemie und Physik an der Universität Tübingen sowie am Deutschen Elektronen-Synchrotron (DESY) in Hamburg nötig. „In Tübingen hatten wir mit der Core Facility LISA+ die nötige Infrastruktur, um die verschiedenen lithografischen Prozesse, elektrischen Transportmessungen sowie die Röntgenstreuexperimente auf höchstem Niveau durchzuführen“, sagt Scheele. „Für uns war die Fragestellung ideal, um die Stärken der Kohärenz-Messstation P10 an PETRA III in Zusammenhang mit der von uns betriebenen Röntgen-Kreuzkorrelationsanalyse voll auszuspielen“, ergänzt Ivan Vartanyants vom DESY, der zweite Hauptverantwortliche der Studie.

„Die lokale Struktur der Mesokristalle ließ sich an PETRA III, der Speicherring-Röntgenstrahlungsquelle, mit einer hohen Ortsauflösung von wenigen Hundert Nanometern bestimmen. So gelang der Durchbruch“, berichtet Maier. Das Forschungsteam belegte erstmals, dass leitfähige Mesokristalle aus Bleisulfid-Nanopartikeln richtungsabhängiges Transportverhalten zeigen. „Das gibt es sonst nur bei wenigen Materialien wie Graphen oder Schwarzem Phosphor“, erklärt Scheele, der zum Wintersemester 2020/21 eine Professur am Institut für Physikalische und Theoretische Chemie der Universität Tübingen zum Thema Synthetische Mesokristalle antreten wird.

Marcus Scheele/Janna Eberhardt, Hochschulkommunikation

Beteiligte Forschungseinrichtungen:

Institut für Physikalische und Theoretische Chemie (Universität Tübingen), Deutsches Elektronen-Synchrotron DESY (Hamburg), Institut für Angewandte Physik (Universität Tübingen), Core Facility LISA+ (Universität Tübingen), National Research Nuclear University Moskau, National Research Tomsk Polytechnic University (Tomsk, Russland)

Publikation:

Structure-Transport Correlation Reveals Anisotropic Charge Transport in Coupled PbS Nanocrystal Superlattices. Advanced Materials 2020, doi.org/10.1002/adma.202002254.

Kontakt:

Dr. Marcus Scheele    
Universität Tübingen    
Institut für Physikalische und Theoretische Chemie
 +49 7071 29-76243    
www.uni-tuebingen.de/COIN

Prof. Ivan Vartanyants
Deutsches Elektronen-Synchrotron DESY
ivan.vartaniantsspam prevention@desy.de

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