Uni-Tübingen

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27.05.2020

Innovationspreis 2020 der BioRegionen Deutschlands an Tübinger Forschungsteam

Auszeichnung für Entwicklung eines biogenen Herbizids auf Basis von Cyanobakterien, das synthetische Herbizide ersetzen könnte

Prof. Klaus Harter (ZMBP) und Prof. Karl Forchhammer (IMIT, rechts vorne)

Bereits vor einem Jahr haben Mikrobiologen und Chemiker der Universität Tübingen einen Naturstoff entdeckt, der das umstrittene Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat und andere Totalherbizide ersetzen könnte: Das neu gefundene Zuckermolekül aus Cyanobakterien hemmt das Wachstum verschiedener photosynthetisch aktiver Organismen einschließlich Pflanzen, ist aber voraussichtlich für Menschen und Tiere ungefährlich. Die Studie wurde unter Leitung von Dr. Klaus Brilisauer, Professorin Stephanie Grond (Institut für Organische Chemie) sowie Professor Karl Forchhammer (Interfakultäres Institut für Mikrobiologie und Infektionsmedizin) durchgeführt. Sie wurde im Fachjournal Nature Communications veröffentlicht und das Zuckermolekül mittlerweile unter dem Namen 7dSh (7-desoxy-Sedoheptulose) europaweit patentiert.

Für die Entdeckung und erstmalige Beschreibung des biogenen Herbizids 7dSh ist das Forschungsteam der Universität Tübingen mit seinem Projekt „Biogener Zucker als nachhaltiges Herbizid“ jetzt mit einem der drei Innovationspreise 2020 der BioRegionen Deutschlands ausgezeichnet worden. Mit dem Preis verbunden ist ein Preisgeld in Höhe von 2.000 Euro, gestiftet von dem High-Tech-Gründerfond BioSpektrum sowie der Kanzlei Dehmel-Bettenhausen.

Das weltweit meist verwendete Herbizid ist das synthetische Glyphosat. Der Wirkstoff ist jedoch durch mögliche Nebenwirkungen auf Mensch und Umwelt, aber auch aufgrund des vermehrten Auftretens von Glyphosat-resistenten Unkräutern, zunehmend in die Kritik geraten. Bislang gibt es jedoch für Landwirte und andere Anwender keine wirklich nachhaltige Alternative zu synthetischen Herbiziden wie Glyphosat. Für das in Tübingen entwickelte natürliche Zuckermolekül 7dSh mit seiner vielversprechenden herbiziden Eigenschaft ist dagegen ein rascher mikrobieller Abbau und geringe Ökotoxizität zu erwarten. Dies ließ sich in ersten, vorläufigen Tests bereits belegen. 

In den nächsten drei Jahren soll unter der Federführung von Professor Dr. Klaus Harter vom Zentrum für Molekularbiologie der Pflanzen (ZMBP) der Universität Tübingen der Wirkstoff 7dSh weiterentwickelt werden bis hin zur Marktreife. In einer hochschulübergreifenden Zusammenarbeit mit Begleitung eines Innovationsmentors aus der Agrarwirtschaft wird untersucht, ob die vielversprechenden Ergebnisse aus dem Labor auf die Anwendung im Freiland übertragen werden können. Des Weiteren muss die Produktion und Anwendungsform von 7dSh optimiert werden, um ausreichende Mengen zu wirtschaftlich interessanten Kosten herstellen zu können. Hierzu wurde ein Förderantrag beim BMBF gestellt. Wenn dieser Antrag bewilligt und das Projekt erfolgreich werde, stehe einer Lizensierung des neuen, biogenen Herbizids an Unternehmen nichts mehr im Weg, so Klaus Harter.

Pressemitteilung des Arbeitskreises der BioRegionen Deutschlands

Publikation:

Klaus Brilisauer, Johanna Rapp, Pascal Rath, Anna Schöllhorn, Lisa Bleul, Elisabeth Weiß, Mark Stahl, Stephanie Grond, Karl Forchhammer. Cyanobacterial antimetabolite 7-deoxy-sedoheptulose blocks the shikimate pathway to inhibit the growth of prototrophic organisms. Published in Nature Communications (February 1st, 2019). DOI: 10.1038/s41467-019-08476-8

Innovationspreis 2020 der BioRegionen Deutschlands

Zum 13. Mal verleiht der Arbeitskreis der BioRegionen Deutschlands in diesem Jahr den Innovationspreis.

Weitere prämierte Projekte

Um einen Wirkstoff zur Auflösung toxischer Prion-Partikel bei neurodegenerativen Krankheiten geht es beim zweiten Preisträger. Dieses „Anti-Prionicum“ zeigt zuverlässige Wirksamkeit in vier verschiedenen Alzheimer-Tiermodellen und geht das Problem der Eiweißablagerung an der Wurzel an. „Und zwar im Gegensatz zur kompletten Konkurrenz auch unter nicht-präventiven Bedingungen – und dann sogar immer mit einer Verbesserung (!) der Kognition“, so Prof. Dr. Dieter Willbold, der Erfinder vom Forschungszentrum Jülich.

Zudem wurde das Projekt „Conditionally switchable nanostructure“ ausgezeichnet, das von dem Team Dr. Jonas Funke, Dr. Klaus Wagenbauer, Dr. Benjamin Kick und ihrem Mentor Prof. Dr. Hendrik Dietz an der TU München bearbeitet wird. Hierbei wird die auf DNA-Origami beruhende, patentierte LOGIBODY-Technologie eingesetzt, um bispezifische Antikörper herzustellen, die Immunzellen durch einen logisch kontrollierten Schalter nur dann aktivieren, wenn die korrekte Zielzelle erkannt wurde. Damit sollen hoch wirksame Therapien mit niedriger Toxizität – also unerwünschten Nebenwirkungen - erreicht werden.

Kontakte: 

Prof. Dr. Klaus Harter
Universität Tübingen
Zentrum für Molekularbiologie der Pflanzen (ZMBP)
klaus.harterspam prevention@zmbp.uni-tuebingen.de

Prof. Dr. Karl Forchhammer
Universität Tübingen
Interfakultäres Institut für Mikrobiologie und Infektionsmedizin (IMIT)
karl.forchhammerspam prevention@uni-tuebingen.de

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