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25.11.2022
Neue Sonderforschungsbereiche in der Mathematik und zur Wechselwirkung zwischen Pflanzen und Mikroben
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft fördert die Untersuchung von Vielteilchen-Quantensystemen und der Pflanzengesundheit
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft richtet zwei neue Sonderforschungsbereiche Transregio (SFB/TRR) ein, an denen die Universität Tübingen beteiligt ist. Im Rahmen des neuen SFB/TRR 352 erforschen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die mathematischen Grundlagen und Gesetzmäßigkeiten von Vielteilchen-Quantensystemen. Sprecher des Verbunds ist Professor Christian Hainzl vom Mathematischen Institut der Ludwig-Maximilians-Universität München, Co-Sprecher ist Professor Stefan Teufel aus dem Fachbereich Mathematik der Universität Tübingen.
Im SFB/TRR 356 untersuchen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler molekulare Mechanismen, die nützliche und schädliche Pflanzen-Mikroben-Interaktionen beeinflussen. Sprecher des Verbunds ist Professor Martin Parniske, der Leiter des Lehrstuhls für Genetik am Biozentrum der Ludwig-Maximilians-Universität München. Co-Sprecherin ist Professorin Rosa Lozano-Durán vom Zentrum für Molekularbiologie der Pflanzen (ZMBP) der Universität Tübingen. Weitere Tübinger Sprecher sind ihre Kollegen am ZMBP, Professor Eric Kemen und Professor Thorsten Nürnberger.
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft hat die Förderung von insgesamt 13 neuen Sonderforschungsbereichen ab dem 1. Januar für zunächst für vier Jahre beschlossen und stellt dafür insgesamt 166 Millionen Euro bereit.
Die Mathematik von Vielteilchen-Quantensystemen
Im neuen SFB/TRR 352 „Mathematics of Many-Body Quantum Systems and Their Collective Phenomena“ – Mathematik der Vielteilchen-Quantensysteme und ihrer kollektiven Phänomene – konzentrieren sich die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf die mathematische Analyse von Modellen aus der Physik der kondensierten Materie, in der das kollektive Verhalten wechselwirkender Bestandteile wie Teilchen oder Spins zu vielfältigen, makroskopisch beobachtbaren Phänomenen führt. Diese sind auch technologisch relevant.
Zwar sind die mathematischen Gleichungen der Quantenmodelle auf mikroskopischer Ebene gut verstanden, doch stößt deren mathematische Analyse auf makroskopischer Ebene immer noch an ihre Grenzen, also dort, wo es um kollektive Phänomene wie Magnetismus oder Supraleitung geht. Der Forschungsverbund will im Kontext dieser Phänomene nun wichtige Korrelationen in den jeweiligen Festkörpersystemen besser verstehen, damit numerische Algorithmen verbessern und diese so handhabbarer machen.
Die SFB-Teams untersuchen in zahlreichen Teilprojekten verschiedene Arten von Korrelationen und Verschränkungen in Vielteilchen-Quantensystemen aus unterschiedlichen Perspektiven. Außer der Ludwig-Maximilians-Universität München und der Universität Tübingen ist an dem Verbund auch die Technische Universität München beteiligt sowie als externes Mitglied das Institute of Science and Technology Austria (Klosterneuburg) und als assoziierte Mitglieder die Universitäten Kopenhagen und Zürich.
Molekulare Mechanismen von Pflanzen-Mikroben-Interaktionen
Die landwirtschaftliche Pflanzenproduktion bildet die Grundlage der menschlichen Ernährung und Kultur. Sie hängt entscheidend von der Gesundheit der Pflanzen ab. Infektionen von Pflanzen durch Mikroorganismen spielen dabei eine doppelgesichtige Rolle: Während manche Infektionen zu einer Symbiose von Pflanze und Mikroorganismus führen, in der die Pflanze zum Beispiel von einer verbesserten Nährstoffzufuhr profitiert, können Infektionen mit krankheitserregenden Mikroorganismen Pflanzen schädigen oder sogar töten. Aus menschlicher Sicht fördern Infektionen durch Mikroorganismen also hohe Erträge – oder bedeuten einen kompletten Ernteausfall mit dramatischen wirtschaftlichen Konsequenzen.
Im neuen SFB-Transregio (SFB/TRR 356) „Genetic diversity shaping biotic interactions of plants (PlantMicrobe)“ – Einfluss der genetischen Vielfalt auf die biotischen Wechselwirkungen von Pflanzen – soll die Pflanzengesundheit mithilfe neu zu erschließender genetischer Ressourcen, Verfahren und Werkzeuge langfristig verbessert werden. Die Forschungsstrategie sieht einen neuen Ansatz vor, bei dem die natürliche genetische Variation der Organismen als Quelle für nützliche Entdeckungen und zur Aufklärung der molekularen Mechanismen hinter der Infektionskontrolle der Pflanzen dienen soll. Am Kontaktbereich – oder der Schnittstelle – zwischen Wirtspflanzen und den sie infizierenden Mikroben läuft eine kontinuierliche molekulare Kommunikation. Diese Kommunikation führt über mehrere Generationen hinweg zur Entwicklung neuer Infektions- und Verteidigungsstrategien. Die Mitspieler, die die Folgen des Aufeinandertreffens bestimmen, umfassen unter anderem chemische Signale, Nährstoffflüsse, regulierende Makromoleküle und Gifte. Aus dem Zusammenspiel ergeben sich schnelle evolutionäre Veränderungen und eine große genetische Vielfalt aller an einer Pflanzeninfektion beteiligten Partner.
Diese genetische Vielfalt wollen die Forscherinnen und Forscher im SFB-Transregio als wertvolle Quelle nutzen, um Gene mit ihren Varianten zu erkunden, die zur Verbesserung von Symbiosen oder einer gezielten Abwehr von Krankheitserregern eingesetzt werden können. Dabei geht es sowohl um die genetische Vielfalt der Wirtspflanzen als auch die der pflanzeninfizierenden Mikroben. Mit den sogenannten Omics-Technologien, mithilfe derer in Hochdurchsatzverfahren jeweils die Gesamtheit von Genen, Proteinen, Stoffwechselprodukten einer Zelle oder eines Organismus analysiert werden können, wollen die Forscherinnen und Forscher das Potenzial der Erfindungen der Natur voll erschließen.
Neben der Ludwig-Maximilians-Universität München und der Universität Tübingen ist auch die Technische Universität München an dem SFB-Transregio beteiligt sowie einzelne Arbeitsgruppen aus dem Helmholtz Zentrum Neuherberg, den Max-Planck-Instituten für Biologie (Tübingen) und für Molekulare Pflanzenphysiologie (Potsdam-Golm) sowie dem Leibniz-Institut für Pflanzenbiochemie in Halle.
Nach Mitteilung der Ludwig-Maximilians-Universität München/JE, Hochschulkommunikation