Drei Forscher des Instituts für Evolution und Ökologie der Universität Tübingen haben Projekte in der fünften Phase des Schwerpunktprogramms „Biodiversitätsexploratorien“ der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) eingeworben:
Professorin Katja Tielbörger wird den Zusammenhang zwischen Störungsfaktoren und räumliche Heterogenität von Vegetation in Grünländern erforschen. Professor Oliver Bossdorf wird zusammen mit Dr. Hernán Burbano vom Tübinger Max Planck Institut für Entwicklungsbiologie untersuchen, wie sich Blühezeit und genetische Vielfalt von Waldunterwuchs durch Landnutzung und Klimawandel ändern. Im Projekt von Dr. Johannes Fredericus Scheepens geht es um die Evolution von phänotypischer Plastizität – die Fähigkeit von Pflanzen, sich rasch an schwankenden Umgebungsbedingungen anzupassen – im Kontext von Landnutzungsänderung. Die Projekte werden mit insgesamt 620.000 Euro gefördert.
In ihrem Teilprojekt wird Katja Tielbörger den Zusammenhang zwischen Heterogenität in Landnutzingsintensität und der pflanzlichen Vielfalt auf verschiedenen Skalen erforschen. Sie überprüft dabei aktuelle Ergebnisse aus neuartigen theoretischen Modellen mit Hilfe von Experimenten auf einem Versuchsfeld der Universität und neuen Beobachtungsstudien in natürlichen Grünlandflächen.
Oliver Bossdorf wird zusammen mit Hernán Burbano die Veränderungen von Blühezeit und genetischer Vielfalt in frühblühenden Pflanzen der Laubwälder untersuchen und diese in Zusammenhang mit Klimawandel und forstlicher Nutzung stellen. Dazu werden die Forscher nicht nur Feldbeobachtungen durchführen, sondern auch Belege der universitären Herbariums-Sammlung unter die Lupe nehmen. An den getrockneten und gepressten Pflanzenbelegen kann dank moderner molekularer Techniken die genetische Vielfalt von mehr als zwei Jahrhunderten erforscht werden.
Johannes Fredericus Scheepens interessiert sich für die phänotypische Plastizität von Pflanzen, also deren Fähigkeit, abhängig von den Umweltbedingungen verschiedene angepasste Formen zu bilden. Weil Düngung, Beweidung und Mahd starke Schwankungen der Umweltbedingungen verursachen, erwartet der Biologe, dass die Pflanzen in Landschaften mit hoher Nutzungsintensität eine bessere Anpassungsfähigkeit evolviert haben. Die Untersuchungen werden dabei direkt von Katja Tielbörgers Studie zur Heterogenität profitieren. Die drei Projekte dienen so neben der Zuarbeit für das Schwerpunktprogramm auch der engen Verknüpfung und Kooperation verschiedener Forschungsgruppen in Tübingen.
Das DFG-Schwerpunktprogramm „Biodiversitätsexploratorien“ begann 2007 und zählt aktuell mehr als 40 Projekte. Es entstand aus der Sorge, dass der globale Verlust der Artenvielfalt (Biodiversität) auch zu einem Verlust der Funktionen und Nutzungsmöglichkeiten von Ökosystemen führen kann. Die Intensivierung der Wald- und Grünlandwirtschaft trägt dazu bei, dass Pflanzen, Tieren und Mikroorganismen verdrängt werden und lokal aussterben. Dieser Artenverlust kann sich negativ auf die Produktivität und Stabilität von Ökosystemen auswirken und damit auch zu ökonomischen Einbußen der Nutzer, wie beispielsweise Land- und Forstwirte, führen. Über die genauen Beziehungen zwischen der Intensität der Landnutzung, Biodiversitätsverlust und der Funktion von Ökosystemen ist jedoch noch wenig bekannt. Im Schwerpunktprogramm werden tausende Flächen in ganz Deutschland untersucht sowie eine Vielzahl von Organismen und Ökosystemprozessen. Die Forschungsprojekte sollen neben den wissenschaftlichen Erkenntnissen auch zu praktischen Ergebnissen für eine verbesserte Landnutzung kommen.
Oliver Bossdorf
Weitere Informationen unter: www.biodiversity-exploratories.de