ein Sommersemester, wie es noch keines gab, geht allmählich zu Ende. Nie zuvor war unsere Universität gezwungen, innerhalb von wenigen Wochen den Großteil ihres Lehrangebots von der analogen in die digitale Welt zu überführen. Auch wenn die systematische Bewertung des Semesters noch läuft und empirisch belegte Ergebnisse noch nicht vorliegen, kann man doch eine erste Bilanz ziehen.
Zum einen: unsere technische Infrastruktur hat der Belastung standgehalten. Es hat sich ausgezahlt, dass Systeme wie Ilias oder Moodle an der Universität seit Jahren etabliert sind und wir über leistungsstarke IT-Netzwerke verfügen. Dass in den Wochen vor dem Vorlesungsbeginn nochmals beherzt investiert wurde, um Lücken in der Hardware- und Softwareausstattung zu schließen, hat zum Gelingen des digitalen Sommersemesters ebenfalls entscheidend beigetragen.
Zum anderen hätte die Universität das Semester niemals meistern können, hätten die Lehrenden und zahlreiche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im wissenschaftsunterstützenden Dienst nicht in beispielloser Weise die anstehenden Herausforderungen angenommen. In großer Breite sind kreative und innovative Lösungen gefunden worden, um den Studienbetrieb weiter in Gang zu halten und den Studierenden ein bestmögliches Lehrprogramm anzubieten. Dabei sind zum Teil Formate entwickelt worden, die weit über Tübingen hinaus Beachtung gefunden haben. Besonders hervorheben möchte ich die digitalen Vorlesungsreihen zur Corona-Pandemie, zu der Lehrende aus fast allen Fakultäten beigetragen haben.
In den vergangenen Wochen sind verschiedentlich Befürchtungen geäußert worden, die deutschen Universitäten könnten sich im Zuge der Corona-Pandemie in erheblichem Maße zu Online-Einrichtungen wandeln. Sei das Lehrangebot – so der Verdacht – erst einmal digitalisiert, könne es beliebig oft personal- und kostensparend abgespielt werden. Lassen Sie mich zu dieser Diskussion hier eines feststellen: eine derartige Entwicklung ist an einer forschungsorientierten Universität wie Tübingen undenkbar!
Die vergangenen Wochen haben uns trotz gelungener Online-Lehre deutlich vor Augen geführt, dass Hochschulbildung den direkten und persönlichen Austausch zwischen Lehrenden und Studierenden braucht, aber auch den der Studierenden untereinander. Digitale Werkzeuge mögen noch so sinnvoll sein – als Ergänzung zu den üblichen Lehrformaten –, aber sie werden die unmittelbare Kommunikation und die universitäre Debattenkultur nicht ersetzen können.
Im kommenden Wintersemester werden wir folglich – soweit die Corona-Pandemie es zulässt – wieder deutlich mehr Präsenzlehre wagen. Dies betrifft vor allem Veranstaltungen für Studienanfängerinnen und -anfänger sowie für internationale Studierende. Darüber hinaus strebt das Rektorat an, dass wir möglichst viele Lehrveranstaltungen wieder in Präsenz durchführen, die besonders stark von der Interaktion und Diskussion zwischen Lehrenden und Studierenden leben. Dennoch wird es auch im Herbst und Winter nochmals Einschränkungen im Studienbetrieb geben. Das Virus verzeiht keine Nachlässigkeit. Deshalb werden zentrale Maßnahmen zum Infektionsschutz an der Universität Tübingen auch weiterhin in Kraft bleiben.
Viel Vergnügen bei der Lektüre des Newsletters wünscht Ihnen
Ihr
Professor Dr. Bernd Engler, Rektor