vor rund sechs Wochen hat das aktuelle Wintersemester begonnen. Erstmals seit eineinhalb Jahren haben wir wieder die Chance, mehr Studium und Lehre in Präsenz anzubieten. Es war klar, dass die entsprechende Umstellung von rund 5.500 Lehrveranstaltungen mit der stichprobenartigen Überprüfung des 3G-Status der Studierenden neue Herausforderungen mit sich bringen würde. Insbesondere in den Tagen unmittelbar vor und nach dem Start der Vorlesungszeit gab es noch eine Vielzahl von zu klärenden Fragen, sind wir doch in der Pflicht, Präsenzlehre so zu organisieren, dass die Gefahr von Infektionen in Hörsälen, Seminarräumen und Laboren möglichst gering bleibt.
Inzwischen ist die Präsenzlehre unter Corona-Bedingungen schon zur „neuen“ Normalität geworden. Die Überprüfung von 3G in Lehrveranstaltungen – entweder als Vollerhebung oder in Form von Stichproben – funktioniert und zeigt immer wieder eindrucksvoll, dass ein sehr großer Teil der Studierenden sich rechtzeitig vor Semesterbeginn hat impfen lassen. Sie haben damit einen wertvollen Beitrag nicht nur für die eigene Gesundheit geleistet, sondern auch einen Dienst an der Universität und der Gesellschaft insgesamt. Ohne die hohe Impfquote von deutlich über 90 Prozent wäre Präsenzlehre in oftmals vollen Hörsälen und Seminarräumen nicht durchführbar.
Die österreichische Bioethikkommission hat Ende Oktober einen Satz geprägt, der seither vielfach zitiert wurde: "Eine Pandemie ist keine Privatsache." Für mich ist nachvollziehbar, wenn Menschen sich aus handfesten medizinischen Gründen gegen eine Impfung entscheiden. Für alle anderen Gründe – vom angeblich ratsamen Warten auf einen Totimpfstoff bis hin zu Verschwörungstheorien und zur Kritik an der angeblichen Gier der Pharmakonzerne – habe ich in der jetzigen Lage kein Verständnis mehr. Wer keine medizinischen Gründe vorweisen kann und sich dennoch gegen eine Impfung entscheidet, verhält sich unsolidarisch und gefährdet nicht allein das eigene Wohl. Wir alle wissen, dass die Mehrzahl der auf Intensivstationen zu behandelnden Patienten nicht geimpft sind und dass dadurch unser Gesundheitssystem an seine Leistungsgrenzen gerät und dringend nötige Operationen von Schwerstkranken verschoben werden müssen. Wenn Hunderttausende die Solidarität mit dieser Gesellschaft aufkündigen, um das eigene Freiheitsstreben zu verwirklichen, hat die Gesellschaft insgesamt ein Problem. Denn Freiheit gibt es in unserer Gesellschaft nicht ohne Verantwortung! Vor diesem Hintergrund kann ich Beschäftigte und Studierende, die nach wie vor nicht geimpft sind, nur dringend dazu auffordern, sich endlich vakzinieren zu lassen.
Wir wissen nicht, was noch auf uns zukommt. Zum wiederholten Mal unterzieht das Corona-Virus mit seinem Ansteckungspotenzial und seiner Gefährlichkeit alle Lebensbereiche einer Belastungsprobe. Dementsprechend riskant sind Prognosen im Hinblick auf die kommenden Monate. Das Rektorat jedenfalls ist entschlossen, die Universität im kommenden Winter auch unter schwierigen Bedingungen im Präsenzbetrieb zu halten. Wir können diesen Entschluss aber nur umsetzen, wenn das Infektionsgeschehen innerhalb der Hochschule unter Kontrolle bleibt und wir weiterhin auf den Gemeinsinn aller zählen können.
Viel Vergnügen bei der Lektüre des Newsletters wünscht Ihnen .
Ihr
Professor Dr. Bernd Engler, Rektor