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22.09.2020
Cyber Valley: Neue Initiative zu KI in der Medizin gestartet
„Bietet die Chance, alle Kräfte zu bündeln und Baden-Württemberg zum weltweit sichtbaren Standort zu machen“
Die Universität Tübingen sowie die Max-Planck-Institute für biologische Kybernetik und für Intelligente Systeme haben eine neue Initiative zum Einsatz von Künstlicher Intelligenz in Medizin und Lebenswissenschaften gestartet. „Die aktuelle Pandemie zeigt, dass wir bei der Bekämpfung globaler Gesundheitsgefahren schneller und effizienter werden müssen. Zu diesem Zweck müssen wir die Potenziale der KI künftig deutlich stärker nutzen. Die neue Initiative bietet die Chance, alle Kräfte zu bündeln und Baden-Württemberg zu einem weltweit sichtbaren Standort für KI-Anwendungen in der Medizin zu machen“, so Wissenschaftsministerin Theresia Bauer, die die Initiative zur engeren Kooperation im Bereich KI und Medizin mit Nachdruck begrüßt, am Dienstag.
Die neue Initiative sei offen für weitere profilierte Akteure aus dem Kreis der Universitäten, der außeruniversitären Forschungseinrichtungen und Unternehmen, sagte der Rektor der Universität, Professor Bernd Engler. „Insbesondere streben wir eine enge Kooperation an mit der Universität Stuttgart, die eine erste Adresse für Themen wie Datenintegration und Simulationstechnik ist“. Beide Universitäten könnten sich zudem auf die Zusammenarbeit im Cyber Valley stützen, Europas größtem Forschungsverbund auf dem Gebiet der modernen KI.
Wichtige Partner seien zudem das Deutsche Krebsforschungszentrum, das European Molecular Biology Laboratory (EMBL), die Universität Heidelberg und alle medizinführenden Universitäten in Baden-Württemberg sowie Unternehmen aus dem Kreis der weltweit hoch angesehenen baden-württembergischen Medizintechnikindustrie. Das Forschungsfeld biete darüber hinaus ein gewaltiges Potenzial für die Entstehung von neuen Start-Ups in den Bereichen Diagnostik, Medizintechnik, Pharmazie sowie medizinnaher Dienstleistungen.
Engler kündigte an, dass die Universität und ihre Medizinische Fakultät in einem ersten Schritt noch in diesem Jahr vier zusätzliche Professuren auf diesem zukunftsträchtigen Forschungsfeld einrichten werden. Die künftigen Lehrstühle sollen sich unter anderem mit der Auswertung von medizinischen Bilddaten, Sequenzier- und Metadaten sowie Zeitreihen oder Statistiken mit den Methoden des Maschinellen Lernens befassen und damit neue KI-gestützte Instrumente für Diagnose, Therapieentscheidung und die Entwicklung neuer Arzneimittel schaffen. „Mit der bereits in konkreter Planung befindlichen Errichtung des Cyber Valley-Gebäudes im Tübinger Technologiepark haben Max-Planck-Gesellschaft und Universität im zweiten Bauabschnitt Vorsorge für die mögliche Unterbringung der neuen Professuren und ihrer Forschungsgruppen getroffen“, sagte der Rektor.
Das Vorhaben von Universität, Fakultät und Max-Planck-Instituten wird unter anderem auch von der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung unterstützt. Die Stiftung hat sich vorgenommen, am Standort Tübingen den Aufbau eines weiteren wissenschaftlichen Leuchtturmprojekts zum Einsatz von Künstlicher Intelligenz in den Neurowissenschaften zu fördern. Bereits seit 20 Jahren fördert die Stiftung in Tübingen das Hertie-Institut für klinische Hirnforschung, das mittlerweile als Modell für den Transfer von Erkenntnissen aus modernster Grundlagenforschung in die klinische Anwendung gilt.
Bereits heute forschen in Tübingen rund 15 Professorinnen und Professoren am Einsatz von Methoden der Informatik in Medizin und Lebenswissenschaften. Dazu kommen zahlreiche Forschungsgruppen. Einrichtungen der Universität wie das Exzellenzcluster „Maschinelles Lernen in der Wissenschaft“ und das von der Bundesregierung finanzierte KI-Kompetenzzentrum machen Tübingen schon heute zum führenden deutschen Standort für Grundlagenforschung im Maschinellen Lernen. Darüber hinaus sind immer mehr Tübinger Medizin-Start-Ups Teil des Cyber Valley Start-Up Networks.
„Mit unserer KI- und Medizin-Initiative bauen wir auf einem starken Fundament auf“, sagte Professor Michael Black, Direktor des Max-Planck-Instituts für Intelligente Systeme in Tübingen. „Von der Patientenversorgung über die Diagnose bis hin zur personalisierten Medizin gibt es endlose Möglichkeiten, die moderne Medizin mit KI und Robotik zu stärken. Indem wir unsere Stärken vereinen, wollen wir einen entscheidenden Beitrag dazu leisten, die Felder von Künstlicher Intelligenz und Medizin voranzubringen.“
„Unsere Arbeiten in der Grundlagenforschung bilden ein solides Fundament dieser sehr vielversprechenden Initiative mit wegweisenden Vorhaben an der Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Anwendung“, kommentierte Professor Peter Dayan, Geschäftsführender Direktor am Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik. „Wegweisende Erkenntnisse aus Analysen hochauflösender bildgebender Verfahren ermöglichen es uns beispielweise, die neuronale Organisation im Gehirn auch im Zusammenhang mit Krankheitsbildern besser zu verstehen; das Potenzial Künstlicher Intelligenz erlaubt es uns etwa, die Komplexität menschlichen Entscheidungsverhaltens besser zu durchdringen, um uns so auch über Wesen und Verlauf typischer psychischer Erkrankungen ein klareres Bild machen zu können.“
Der Dekan der Medizinischen Fakultät, Professor Bernd Pichler, verwies darauf, dass beim Einsatz moderner medizinischer Diagnoseverfahren gewaltige Datenmengen entstehen, deren Auswertung mit herkömmlichen Methoden kaum noch zu bewältigen ist: „Ähnliche Herausforderungen treten bei einer Vielzahl von Fragestellungen in den Lebenswissenschaften auf, von der Grundlagenforschung bis hin zur Translation von Forschungsergebnissen in die klinische Anwendung, etwa in der personalisierten Medizin. Daher bin ich davon überzeugt, dass in den kommenden Jahren und Jahrzehnten bahnbrechende Erfolge in der medizinischen Forschung und der Versorgung von Patienten mit dem Einsatz Künstlicher Intelligenz einhergehen werden.“ Die Auswertung und intelligente Interpretation von Gesundheitsdaten werde nicht nur die Prognose von Krankheitsverläufen vereinfachen oder die Prävention und die Früherkennung von Krankheiten verbessern, sondern unterstütze auch die Suche nach neuen Medikamenten und Therapieoptionen.
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