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31.08.2021
Ein früher Kaiman aus Nordamerika
Forscher der Universität Tübingen ordnen seltene Fossilfunde in die Evolutionsgeschichte der Krokodile ein
Zwei rund 52 Millionen Jahre alte Fossilfunde aus der Green-River-Formation im US-amerikanischen Wyoming konnten in einer neuen Studie in die Evolutionsgeschichte der Krokodile eingeordnet werden: Die Biogeologen Jules Walter und Dr. Márton Rabi von der Universität Tübingen bestimmten die ausgestorbene Art Tsoabichi greenriverensis gemeinsam mit weiteren Kollegen als frühen Kaiman. Heute lebende Arten der Kaimane kommen in Nordamerika nicht vor. Ihr Stammbaum spiegelt auch die Geschichte ihrer Wanderungen und Ausbreitungsmöglichkeiten. Die Studie wurde in der Fachzeitschrift Historical Biology veröffentlicht.
Die heute lebenden Kaimane sind etwa 1,5 bis 2,5 Meter lange Krokodile, die in tropischen Süßwasserfeuchtgebieten, Flüssen, Seen und Sümpfen in Mexiko, Zentral- und Südamerika vorkommen. Ihre engsten lebenden Verwandten sind die Alligatoren in Nordamerika und Asien. „Vollständige Skelette von Krokodilen aus der Zeit vor 50 Millionen Jahren, wie die von uns untersuchten Funde, sind auf dem Gebiet der heutigen USA sehr selten“, sagt Márton Rabi.
Dem Massenaussterben entgangen
Die Forscher wollten sich in ihrer Studie der Frage nähern, ob die Kaimane ursprünglich aus Nord- oder Zentralamerika stammten. „Anhand weiterer Kaimanfossilien aus Zentralamerika stellten wir fest, dass diese ausgestorbenen Arten tatsächlich zu der gleichen Gruppe gehören wie die heute lebenden Kaimane. Die ganze Artengruppe hatte sich jedoch in Nordamerika entwickelt“, sagt Jules Walter. Wahrscheinlich hätten sich die Kaimane von dort aus in der Kreidezeit vor rund 66 Millionen Jahren nach Südamerika ausgebreitet – zur Zeit des Massenaussterbens der Dinosaurier.
„Von den Dinosaurierarten blieben nur die Vorfahren heutiger Vögel erhalten. Süßwasserarten wie die Krokodile waren von dem großen Aussterben jedoch nicht so stark betroffen“, erklärt Walter. In der Kreidezeit seien Nord- und Südamerika nur durch eine Inselkette verbunden gewesen, sodass die Kaimane einige Schwierigkeiten zu überwinden hatten. „Dennoch war die Ausbreitung von Nord- nach Südamerika kein Einzelereignis; es muss zwischen beiden Subkontinenten zu weiteren Wanderungen gekommen sein“, sagt er.
Überleben durch Ausbreitung
Die Stammbaumstudie der Forscher legt nahe, dass entweder in Südamerika entwickelte neue Arten der Kaimane zurück nach Nordamerika wanderten und dort unter anderem Tsoabichi greenriverensis entstand oder dass es eine spätere zweite Ausbreitungswelle von Nord- nach Südamerika gab. „Aus dieser Gruppe hätten sich dann die heute lebenden Kaimanarten entwickelt“, erklärt Rabi. In der jüngeren geologischen Vergangenheit seien wieder Kaimane, dieses Mal heute noch lebender Arten, aus dem Süden nach Zentralamerika vorgedrungen. Da es in diesem Zeitraum jedoch in nördlicher Richtung keine geeigneten Korridore mit Feuchtgebieten mehr gegeben habe, gelangten sie nicht nach Nordamerika.
„Die Evolutionsgeschichte der Kaimane unterstreicht, wie entscheidend die Möglichkeiten zur Wanderung und Ausbreitung sind. Davon hängt häufig ab, ob Arten ihr Überleben bei Veränderung der Umwelt sichern können oder sich auch zu neuen Arten auffächern“, sagt Rabi. Heute führe die Zerstörung vieler Lebensräume durch den Menschen zu isolierten Populationen. Arten könnten sich oft nicht weiter ausbreiten, wenn sie zum Beispiel Klimaveränderungen dazu zwängen.
Publikation:
Jules Walter, Gustavo Darlim, Tobias Massonne, Arvid Aase, Eberhard Frey and Márton Rabi: On the origin of Caimaninae: insights from new fossils of Tsoabichi greenriverensis and a review of the evidence. Historical Biology, https://doi.org/10.1080/08912963.2021.1938563
Kontakt:
Dr. Márton Rabi
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Biogeologie
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