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07.09.2020
Das Westallgäu als Brücke im europäischen Wirtschaftsraum der Bronzezeit
Schon vor mehr als 3.000 Jahren investierten Menschen in Regionen, um vom Handel zu profitieren, sagt ein Team des Sonderforschungsbereichs RessourcenKulturen der Universität Tübingen
Das Westallgäu in der Region um die heute wachsende Stadt Leutkirch war bereits vor mehr als 3.000 Jahren, in der Bronzezeit, dichter besiedelt als bislang angenommen. Das ergaben jüngste Arbeiten von Forscherinnen und Forschern aus der Archäologie und Geografie im Sonderforschungsbereich 1070 RessourcenKulturen der Universität Tübingen. Dabei sei die Region mit feuchtem Klima und langen harten Wintern kein besonders günstiger Siedlungsraum gewesen, so das Team. Die schmelzenden Gletscher der letzten Eiszeit hätten kiesige Böden hinterlassen und die Region liege höher als die angrenzenden Gebiete im Norden und Westen, die wärmer seien und über bessere Böden verfügten. Diese Nachteile wurden aus Sicht der prähistorischen Menschen offenbar durch die günstige Lage an großen Fernhandelsrouten wieder wettgemacht. Erste Ergebnisse der Nachforschungen wurden in der neuesten Ausgabe der Archäologischen Ausgrabungen in Baden-Württemberg, dem Jahrbuch der Landesdenkmalpflege, veröffentlicht.
Das Forschungsteam führt seit 2017 Ausgrabungen bei Leutkirch durch, die unter anderem eine befestigte Bergkuppe zutage brachten; Grabhügel markieren ein zugehöriges Gräberfeld, und im darunter liegenden Tal befanden sich weitere Siedlungen. Bodenanalysen zeigten weit verbreitete Erosion in dieser Zeit, was darauf hindeutet, dass um 1500 v. Chr. Wälder abgeholzt wurden, um Nahrung für eine Bevölkerung beträchtlicher Größe anzubauen.
„Der Umfang der bronzezeitlichen Besiedlung, der jetzt deutlich wurde, verändert unser ganzes Bild von der Region zu dieser Zeit“, sagt Benjamin Höpfer, Doktorand im Teilprojekt „Gunst – Ungunst? Ressourcenerschließung in Marginalräumen“. „Das prähistorische Allgäu war keineswegs menschenleer. In der Bronzezeit dürfte es – ähnlich wie heute – viele einzelne Höfe und einige kleine Dörfer gegeben haben.“
Wachsende Bedeutung des Fernhandels
Warum aber entschieden sich die Menschen der Bronzezeit für ein Leben an einem kalten, nassen Ort auf steinigem Boden? Das habe mit der günstigen Lage des Allgäus zwischen Alpen, Donau, Iller, Rhein und Bodensee zu tun – allesamt wichtige Verkehrsadern, so das Forschungsteam. Es habe eine Brücke zwischen den Regionen in einem breiten, gesamteuropäischen prähistorischen Wirtschaftsraum gebildet. „Selbst die Alpen waren nicht nur ein Hindernis, sondern auch eine wichtige Handelsdrehscheibe. Der Fernhandel wurde immer wichtiger, und dabei spielten Flusstäler als Wegstrecken und Höhenzüge als Orientierungspunkte eine wichtige Rolle“, erklärt Höpfer. Im ganzen Alpenvorland gibt es entlang der Flüsse und an den Seen viele Fundstellen, an denen auch Importwaren nachgewiesen wurden, etwa Kupfer aus den Ostalpen und Zinn aus Cornwall für die damaligen Bronzelegierungen. Kupfer, Zinn, Bernstein – diese und viele andere Rohstoffe seien entlang der hier verlaufenden Routen gehandelt worden. Neu sei, dass im Westallgäu parallel dazu nun auch eine dauerhafte bäuerliche Besiedlung nachgewiesen wurde.
Kontakt:
Benjamin Höpfer M.A.
Universität Tübingen
Sonderforschungsbereich RessourcenKulturen (SFB 1070)
Telefon +49 7071 29-73581
benjamin.hoepfer @uni-tuebingen.de
Prof. Dr. Thomas Knopf
Universität Tübingen
Institut für Ur- und Frühgeschichte und Archäologie des Mittelalters
Sonderforschungsbereich RessourcenKulturen (SFB 1070)
Telefon +49 7071 29-74884
thomas.knopf @uni-tuebingen.de
Pressekontakt:
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Hochschulkommunikation
Dr. Karl Guido Rijkhoek
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Forschungsredakteurin
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