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30.03.2021
Leopold Lucas-Preis 2021 geht an den Philosophen Bernhard Waldenfels
Feier zur Preisverleihung findet erst 2022 statt
Der Dr.-Leopold-Lucas-Preis der Universität Tübingen geht 2021 an den Philosophen Bernhard Waldenfels. Das Vergabekomitee würdigt damit sein Werk, das die Bedingungen und Möglichkeiten des Verstehens von Fremdem auslotet. Der mit 50.000 Euro dotierte Preis wird jährlich von der Evangelisch-Theologischen Fakultät verliehen. Die Preisverleihung kann auch 2021 aufgrund der Corona-Pandemie nicht stattfinden. Sie wird, ebenso wie die Preisverleihung des Jahres 2020, mit der Preisver- leihung 2022 verbunden.
Bernhard Waldenfels (geb. 1934 in Essen) ist emeritierter Professor für Philosophie an der Ruhr-Universität Bochum. Er gehört zu den bedeu- tendsten Autoren im Bereich der zeitgenössischen Phänomenologie. Sein Werk, das mehr als 20 Bände umfasst und interdisziplinär rezipiert wor- den ist, widmet sich hauptsächlich der Entwicklung einer „Phänomenologie des Fremden“. Waldenfels gelinge es, die „Kategorie“ der Alterität, also des kulturellen Andersseins, durch die Perspektive der Fremdheit neu zu lesen, sagte die Jury. „Er stellt sich der Herausforderung, einen phänomenologischen Diskurs zu entwickeln, mit dem sich erfassen lässt, inwiefern sich das Fremde im instabilen und pluralistischen Terrain der Erfahrung auf eine authentische Weise offenbart und dadurch erkennbar bleibt.“
Waldenfels gilt als wichtige Figur in der zeitgenössischen Philosophie. Seine Arbeit habe sich explizit und in origineller Weise dem Projekt eines „genuinen“ Dialogs zwischen Nationen und Ländern gewidmet, so die Jury weiter. „Die Pluralität der Bereiche, in denen sich das Fremde offenbart, veranlasst Waldenfels dazu, sich nicht lediglich auf die Ergebnisse der phänomenologischen Forschung im engeren Sinne zu beschränken. Vielmehr erweitert er das Spektrum seiner Auseinandersetzung in unterschiedlichste Forschungsfelder wie etwa Sozialphilosophie, politische Philosophie, Recht und Ethik, den ethnologischen Diskurs sowie die Psychologie und die Psychoanalyse. Darüber hinaus widmet er Kunst und Literatur besondere Aufmerksamkeit.“
In seinem Werk spielt die jüdische zeitgenössische Philosophie eine besondere Rolle, die ihn zur Bedeutung des „radikalen Gesprächs“ geführt hat: Dieses bezieht das Fremde als eigenen Faktor des Verstehens ein. Aus dieser Perspektive des Fremden hat sich Waldenfels‘ Philosophie im Zeichen eines Dialogs zwischen philosophischen Traditionen Europas entwickelt, vor allem in seinem Versuch, die französische und deutsche philosophische Tradition in ein fruchtbares Gespräch zu bringen.
Der Dr. Leopold-Lucas-Preises zeichnet Menschen aus, deren wissenschaftlich fundiertes Werk die Beziehungen zwischen Menschen und Völkern fördert und sich um die Verbreitung des Toleranzgedankens verdient gemacht hat. Der Preis wurde 1972 zum Gedenken an den jüdischen Gelehrten und Rabbiner Dr. Leopold Lucas gestiftet, der 1943 in Theresienstadt als Opfer des NS-Staates starb.
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