Uni-Tübingen

Newsletter Uni Tübingen aktuell Nr. 1/2019: Schwerpunkt

Was kommt nach der Promotion?

Karriereplanung für die Zeit nach Erlangung des Doktorgrades

Karrierewege in der Wissenschaft

Eine Karriere als Wissenschaftlerin oder Wissenschaftler bietet sehr viele positive Seiten, wie zum Beispiel die Möglichkeit, eigenständig und selbstbestimmt forschen zu können. Die Entscheidung über einen Verbleib in der Wissenschaft sollte aber bewusst und in Kenntnis aller relevanter Faktoren getroffen werden. Unbefristete Stellen in der Wissenschaft sind rar. Nur ein kleiner Teil der promovierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler werden später auf eine unbefristete Professur an einer Universität berufen. Auch die Zahl der unbefristeten Stellen im akademischen Mittelbau ist begrenzt. Zudem regelt in Deutschland das Wissenschaftszeitvertragsgesetz die Höchstdauer einer befristeten Beschäftigung in der Wissenschaft. Wem nach Ablauf dieser Frist der Übergang auf eine unbefristete Stelle nicht gelingt, muss sich darauf einstellen, immer wieder neue befristete drittmittelfinanzierte Stellen anzunehmen oder sich beruflich umzuorientieren.

Wird nach der Promotion eine wissenschaftliche Karriere angestrebt, ist der nächste Schritt eine weitere Qualifizierungsphase. Diese lässt sich in die frühe und die fortgeschrittene Postdoc-Phase unterteilen und sollte insgesamt sechs bis acht Jahre nicht überschreiten. Der Übergang in die frühe Postdoc-Phase – die ersten ein bis zwei Jahre nach Abschluss der Promotion – ist oft fließend, da die Überarbeitung und Veröffentlichung der Dissertation häufig noch in diese Zeit fällt. Gleichzeitig werden neue Projekte begonnen, die der Schärfung und Weiterentwicklung des eigenen Forschungsprofils dienen. Zentral für diese Phase sind die Vertiefung und Erweiterung des eigenen Netzwerks innerhalb der scientific community und das Verfassen erster eigener Drittmittelanträge.

Die frühe Postdoc-Phase sollte auch zur weiteren Reflexion des angestrebten Karrierewegs genutzt werden, hierzu sind auch Gespräche mit Betreuenden wichtig. Der Übergang in die fortgeschrittene Phase oder der Beginn einer Habilitation sollten nur dann erfolgen, wenn die betreffende Wissenschaftlerin beziehungsweise der betreffende Wissenschaftler und die Betreuenden zu dem Schluss kommen, dass der weitere Karriereweg in der Wissenschaft aussichtsreich ist.

In der fortgeschrittenen Postdoc-Phase – ca. vier bis sechs Jahre nach der Promotion – gibt es verschiedene Möglichkeiten, die zur Berufung auf eine Professur führen können. Der klassische Weg ist die Habilitation, das heißt das Verfassen einer zweiten Qualifikationsschrift, häufig auf einer befristeten Stelle als wissenschaftliche Mitarbeiterin beziehungsweise wissenschaftlicher Mitarbeiter. Mit der erfolgreich abgeschlossenen Habilitation wird die venia legendi verliehen, die zur Berufung auf eine Professur qualifiziert. Neben der Habilitation haben sich in den vergangenen Jahren weitere mögliche Wege zu einer Professur herausgebildet: die Nachwuchsgruppenleitung, die Juniorprofessur und die Tenure-Track Professur.

Hausberufungen sind im deutschen Wissenschaftssystem nur in Ausnahmefällen möglich, das heißt ein Verbleib an derselben Institution von der Promotion bis zur Berufung ist nicht möglich. Die Institution muss in der Regel mindestens einmal gewechselt werden.

Je nach Fach sind neben einer Universität auch außeruniversitäre Forschungseinrichtungen oder Fachhochschulen als Arbeitgeber für promovierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler interessant. Dies gilt besonders für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in den Natur-, Lebens- und Sozialwissenschaften.

Außeruniversitäre Forschungseinrichtungen der Max Planck Gesellschaft, der Fraunhofer-Gesellschaft, der Leibniz-Gemeinschaft oder der Helmholtz-Gemeinschaft werden von Bund- und Ländern finanziell gefördert und betreiben sowohl Grundlagen- als auch anwendungsbezogene Forschung. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler können sich hier auf die Forschung konzentrieren, da sie in der Regel keine Lehre betreiben.

Anwendungsbezogenheit ist auch ein wichtiges Merkmal der Fachhochschulen. Hier liegt der Schwerpunkt einer Tätigkeit als Professorin oder Professor aber wiederum auf der Lehre. Die Voraussetzung für die Berufung auf eine FH-Professur sind in der Regel die Promotion, relevante Berufs- und Praxiserfahrung sowie didaktische Eignung. Eine Habilitation wird nicht vorausgesetzt.

Martina Bross

Athene-Programm

Mit dem Athene-Programm fördert die Universität Tübingen Wissenschaftlerinnen in der Postdoc-Phase für eine Dauer von zwei Jahren. Teilnehmerinnen des Programms erhalten zusätzliche Mittel für die Forschung, die flexibel einsetzbar sind (z. B. für Hilfskräfte, Tagungsteilnahmen etc.). Außerdem bietet das Programm auf die wissenschaftliche Laufbahn bezogene Einzelcoachings und Angebote zur (Weiter-)Entwicklung überfachlicher Kompetenzen. Vernetzung und Erfahrungsaustausch der Teilnehmerinnen untereinander im Rahmen von Veranstaltungen sind weitere wichtige Bestandteile des Programms. Die nächste Ausschreibung wird voraussichtlich im Herbst 2019 veröffentlicht. Näheres zum Programm gibt es auf der Seite des Gleichstellungsbüros

Projektförderung

Zur Förderung innovativer Projekte mit entsprechend großer Aussicht auf externe Drittmittelförderung kann im Rahmen der Projektförderung der Universität Tübingen eine Anschubfinanzierung zum Aufbau eigenständiger Forschungsprojekte beantragt werden. Förderfähig sind Sach- und Investitionsmittel sowie Mittel für Hilfskräfte und in begründeten Fällen eine halbe E13 Stelle für maximal 18 Monate. Gefördert werden können promovierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universität Tübingen (nicht der Medizinischen Fakultät), die bis mindestens zum Ende der Förderlaufzeit eine Anstellung an der Universität Tübingen haben und deren Promotion nicht länger als fünf Jahre zurückliegt. Aktuelle Bewerbungsfrist ist der 1. April 2019. Weitere Informationen finden Sie hier: https://uni-tuebingen.de/de/63288

Nachwuchsgruppenleitungen

Nachwuchsgruppenleiterinnen und -leiter werben Ihre Stelle sowie die zusätzlichen Mittel für Promotions- und/oder Postdoc-Stellen selbst über Drittmittel ein. Die wichtigsten Förderprogramme sind in Deutschland das Emmy-Noether Programm der DFG und auf EU-Ebene die ERC-Starting-Grants. Nachwuchsgruppenleiterinnen und -leiter sind wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gleichgestellt, forschen aber selbstständig und leiten eine eigene Forschungsgruppe. Im Anschluss an die Nachwuchsgruppenleitung ist dann die Bewerbung auf eine unbefristete W3-Professur möglich. Nachwuchsgruppenleitungen dauern in der Regel fünf bis sechs Jahre.

Juniorprofessuren

Juniorprofessorinnen und -professoren forschen ebenfalls eigenständig. Sie gehören, wie die unbefristeten Professorinnen und Professoren, zu den Hochschullehrerinnen und -lehrern. Je nach Ausstattung der Professur betreuen sie Promovierende und Postdocs. Nach einer bestimmten Frist gibt es bei Juniorprofessuren eine Zwischenevaluation. Wird diese bestanden, steht am Ende der meistens sechsjährigen Laufzeit der Juniorprofessur die Abschlussevaluation. Mit einer positiv abgeschlossenen Evaluation haben Juniorprofessorinnen und  -professoren dann die Möglichkeit, sich auf eine unbefristete Professur – an derselben oder einer anderen Universität – zu bewerben.

Tenure-Track Professuren

Tenure-Track Professuren gleichen der Juniorprofessur in den meisten Punkten. Bei einer Tenure-Track Professur erfolgt allerdings nach erfolgreich abgeschlossener Abschlussevaluation der Übergang auf eine unbefristete Professur an derselben Hochschule ohne ein weiteres Berufungsverfahren.

Weiterführende Informationen im WIKI der Graduiertenakademie
Literatur zum Thema Karriere in der Wissenschaft

Karriereoptionen im Wissenschaftsmanagement

Ein spannender Bereich, der eine große Nähe zur Wissenschaft aufweist und daher für viele Personen mit einer wissenschaftlichen Ausbildung interessant ist, ist das Wissenschaftsmanagement. In diesem Bereich an der Schnittstelle zwischen Wissenschaft - das heißt Forschung und Lehre - und Verwaltung arbeiten überwiegend Personen, die durch ihre Ausbildung und Berufserfahrung wissen, wie Forschung und Lehre funktionieren. Zugleich sind sie in Verwaltungsstrukturen eingebunden und haben daher auch einen Einblick in die Regeln und Abläufe, die diesem Bereich zugrunde liegen. Sie arbeiten als Mittlerinnen und Mittler zwischen Forschung und Verwaltung, sie kommunizieren in beide Richtungen und stellen damit die Verbindung zwischen beiden sicher.

Die Tätigkeiten von Wissenschaftsmanagerinnen und -managern reichen von der Koordination von Forschungsprojekten an universitären oder außeruniversitären Forschungseinrichtungen, der Arbeit in Dekanaten oder der zentralen Verwaltung an Universitäten bis hin zur Entwicklung, Koordination von und Beratung zu Förderlinien von Stiftungen und Förderinstitutionen sowie zur Arbeit als Referentinnen und Referenten in Ministerien.

Julia Schmidt

Weiterführende Informationen

Karriereoptionen auf dem nichtwissenschaftlichen Arbeitsmarkt

Die Promotion ist eine wissenschaftliche Qualifikation. Dennoch öffnet sie viele Wege auch in nichtwissenschaftliche Karrieren. Im Rahmen der Promotion werden viele Kompetenzen und Fähigkeiten entwickelt, die für unterschiedliche Arbeitgeber sehr interessant sind. Diese Fähigkeiten müssen Promovierte identifizieren und in ihrer Bewerbung so darstellen, dass der außeruniversitäre Arbeitgeber den Nutzen direkt erkennen kann. Mit ihren Veranstaltungen zum Thema „Bewerben“ im Doctoral Researcher Development Program unterstützt die Graduiertenakademie Promovierende und Promotionsabsolventinnen und -absolventen dabei, ihre Bewerbungsunterlagen für den außeruniversitären Arbeitsmarkt fit zu machen.

Eine andere Option, die den Übergang von der Wissenschaft in Wirtschaft und Industrie erleichtern kann, sind Trainee-Programme. Viele große Firmen wie beispielsweise die Lufthansa, Daimler oder Bosch bieten interne Ausbildungsprogramme speziell für ihren Führungsnachwuchs an, die sich auch an promovierte Absolventinnen und Absolventen richten. In diesen Programmen erhalten die Teilnehmenden ein zielgerichtetes Training, in dem sie nicht nur das Unternehmen kennenlernen, sondern praxisnah, umfassend und häufig auch mit individuell zugeschnittenen Elementen auf ihre zukünftige Arbeit vorbereitet werden.

Promovierte bringen auch viele Eigenschaften mit, die für eine erfolgreiche Selbstständigkeit notwendig sind. Manchmal lässt sich ein Unternehmen sogar auf Basis der Dissertationsergebnisse aufbauen. An der Universität Tübingen berät und unterstützt die Abteilung Technologietransfer und Start-ups Gründerinnen und Gründer. In Kooperation mit der Graduiertenakademie werden regelmäßig Informationsveranstaltungen zum Thema angeboten. Das interne Förderformat der Innovation Grants unterstützt den Transfer von Forschungsergebnissen in anwendungsbezogene Verfahren, Dienstleistungen oder Produkte, der die Grundlage für eine Ausgründung sein kann.

Julia Schmidt

Innovation Grants

Um die Umsetzung von wissenschaftlichen Erkenntnissen in verwertbare Verfahren, Dienstleistungen oder Produkte zu fördern, hat die Universität Tübingen für Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler das interne Förderformat der Innovation Grants ausgeschrieben. Es gibt verschiedene Programmlinien für die Lebens- und Naturwissenschaften sowie für die Geistes- und Sozialwissenschaften. Eine Antragstellung ist frühestens drei Monate vor Beendigung der Promotion möglich, die Promotion darf nicht länger als zwei Jahre zurückliegen. Eine Förderung der eigenen Stelle der Antragstellenden sowie die Bereitstellung weiterer Mittel sind für längstens 24 Monate möglich. Weitere Informationen zum Förderumfang, Voraussetzungen sowie Bewerbungsfristen finden Sie auf folgenden Seiten: Lebens- und Naturwissenschaften sowie Geistes- und Sozialwissenschaften

Weiterführende Informationen
Literatur zum Thema Übergang in den nichtwissenschaftlichen Arbeitsmarkt

Müller, Mirjam (2017): Karriere nach der Wissenschaft: Alternative Berufswege für Promovierte. Campus Verlag GmbH, Frankfurt/M. 

Schneeberg, Ulrike (2017): Monster zähmen: Ein Übungs- und Unterhaltungsbuch für Geisteswissenschaftler*innen auf Jobsuche. Marta Press, Verlag Jana Reich, Hamburg.

Wissenschaftsladen Bonn e.V. (Hrsg.) (2017): Perspektiven für Geisteswissenschaftler/innen (letzter Zugriff: 24.01.2019)

Wissenschaftsladen Bonn e.V. (Hrsg.) (2017): Perspektive Umwelt-Jobs (letzter Zugriff: 24.01.2019)

Kauhaus, Hanna et al. (Hrsg.) (2018): Perspektiven nach der Promotion. Teil 1 – Berufswege außerhalb der Wissenschaft: 13 Portraits. UniWiND Spezial, Jena. https://www.uniwind.org/fileadmin/user_upload/Publikationen/1UniWiND-Spezial_final_online.pdf (letzter Zugriff: 24.01.2019)

Löchte, Anne; von Schmeling, Regina (Hrsg.) (2018): Perspektiven nach der Promotion. Teil 2 – Berufswege außerhalb der Wissenschaft: Arbeitgeber im Gespräch. UniWiND Spezial, Jena. https://www.uniwind.org/fileadmin/user_upload/Publikationen/2UniWiND-Spezial_final_online.pdf (letzter Zugriff: 24.01.2019)