Uni-Tübingen

Newsletter Uni Tübingen aktuell Nr. 1/2020: Forschung

Sternwinde und Schwarze Löcher

Victoria Grinberg untersucht den Weltraum mittels Röntgenstrahlung

Dr. Victoria Grinberg vom Institut für Astronomie & Astrophysik ist seit Juli 2018 in Tübingen und forscht mit hochenergetischen Röntgenstrahlen. „Ich versuche, die extremsten Umgebungen in unserem Universum zu verstehen. Was passiert in der Nähe von Schwarzen Löchern? Was geschieht in der Nähe von sehr massereichen Sternen? Dazu untersuche ich die Röntgenstrahlung, die in diesen Umgebungen entsteht“, erklärt sie. Dafür nutzt sie weltraumgestützte Teleskope von der European Space Agency (ESA) oder der National Aeronautics and Space Administration (NASA). Nach dem Studium der Physik an der LMU München hat Grinberg an der Dr. Karl Remeis-Sternwarte der Universität Erlangen-Nürnberg in Bamberg promoviert. Danach war sie als Postdoc am MIT in Cambridge in den USA und bei der ESA in den Niederlanden.

 „Die Beschäftigung mit dem Universum gibt mir persönlich eine ganz andere Perspektive. Man arbeitet mit sehr großen Zahlen und erforscht Umgebungen, die unvorstellbar weit weg sind. Da fühle ich eine große Demut vor dieser kaum begreifbaren Größe des Universums“, beschreibt Grinberg die Faszination für ihr Forschungsgebiet. „Schwarze Löcher sind Bereiche im Weltraum, aus denen wir keinerlei Informationen bekommen. Wir können nicht definieren, was genau in einem Schwarzen Loch passiert. Da wir sie selbst nicht sehen können, arbeiten wir in der Forschung mit Dingen, die in diese Löcher hineingeraten. Das kann beispielsweise Materie von einem Stern sein. Die ins schwarze Loch hineinfallende Materie heizt sich auf und erzeugt so Strahlung, die uns Informationen über die unmittelbare Umgebung Schwarzer Löcher liefern kann “, erläutert Victoria Grinberg.

Sternwinde beeinflussen die Umgebung von Riesensternen stark

In ihrer Doktorarbeit hat sich Grinberg mit Schwarzen Löchern beschäftigt, aktuell sind so genannte Sternwinde ihr Forschungsschwerpunkt. Bei Sternwinden handelt es sich um Materie, die von allen Sternen abgesondert wird. Besonders schwere Sterne beeinflussen dadurch ihre Umgebung stark. „Wenn ich mir anschaue, wie Materie aus einem Sternwind in ein Schwarzes Loch fällt, kann ich viel über diesen Sternwind lernen“, berichtet sie. 

In der Astronomie gebe es noch viele Bereiche, über die wir heute nur wenig wissen, meint Victoria Grinberg. Die Beantwortung vieler Fragen bringe vielleicht erst das übernächste ESA-Weltraumteleskop. „Weltraumtechnologie ist sehr aufwendig – da braucht es meist lange zeitliche Vorläufe. Die ESA hat die Wissenschafts-Community bereits zur Einreichung eines White Papers „Voyage 2050“ aufgerufen, um zu definieren, welche Forschungsfragen ab 2050 besonders relevant sein werden. An diesem White Paper habe ich mich beteiligt“, erzählt Grinberg.

Astrophysik für die Öffentlichkeit

Neben ihrer Forschungsarbeit engagiert sich Grinberg auch in der Wissenschaftskommunikation. „Mir ist das wichtig, meine Forschungsthemen auch in die Öffentlichkeit zu vermitteln. Nächste Woche bin ich beispielsweise am Planetarium in Stuttgart und halte einen Vortrag über Röntgenbeobachtungen und Schwarze Löcher. Speziell als Wissenschaftlerin aus Tübingen kann ich auch zu diesen Themen über meine eigene Forschung hinaus viel sagen. Das hiesige Astronomische Institut hat eine lange Geschichte und war eines der ersten in Deutschland, das Röntgenastronomie betrieben hat. Tübingen ist auch an vielen technischen Entwicklungen für Satelliten beteiligt.“

Gut gefallen haben ihr in den USA die Wissenschaftsfestivals, die es in dieser Art in Deutschland bislang nicht gibt. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler stellen sich hier ganz nach dem Motto „Frag die Wissenschaft“ der Öffentlichkeit für Fragen zur Verfügung – ohne festes Vortragsthema, aber im Rahmen des eigenen Fachgebiets.

Johannes Baral