Uni-Tübingen

Newsletter Uni Tübingen aktuell Nr. 1/2021: Uni intern

Ziel: ein gemeinsames Grundverständnis von Führung für die gesamte Universität

Ein Interview mit Prorektorin Prof. Monique Scheer zum Projekt „Leitlinien guter Führung“

Was sind die zentralen Ziele des Projekts?

Mit der partizipativen Erarbeitung von Leitlinien guter Führung strebt die Universität Tübingen ein gemeinsames Grundverständnis von Führung an. Leitlinien guter Führung geben Führungskräften Orientierung, wie sich die Zusammenarbeit mit ihren Mitarbeitenden gut organisieren lässt. Und nicht zuletzt möchte die Universität Tübingen mit Leitlinien guter Führung zum Ausdruck bringen, was ihr als Bildungs- und Forschungseinrichtung im Hinblick auf Führung und Zusammenarbeit wichtig ist.

Wenn wir von guter Führung sprechen, dann gehört für mich dazu:

  • eine gelingende Kommunikation, um Vertrauen aufzubauen und zu bestätigen,
  • eine gelebte Anerkennung zwischen Führungskräften und Mitarbeitenden für die jeweiligen Funktionen und das jeweils eingebrachte Engagement,
  • Diversität: Eine Führungskraft sollte gut damit umgehen, dass es an der Universität Menschen mit ganz unterschiedlichen Hintergründen gibt. Das heißt für mich: wertschätzend und respektvoll,
  • Verantwortung: In der Wissenschaft gibt es sehr viel Freiheit, was ja auch der Claim „Freiheit der Forschung“ impliziert. Aber zu dieser Freiheit gehört selbstverständlich auch Verantwortung: Verantwortung für Mitarbeitende, für sich selbst und für das gemeinsame Arbeitsziel. Gute Führungskräfte sind sich dieser Verantwortung bewusst und handeln entsprechend.

Warum hat das Rektorat das Projekt „Leitlinien guter Führung“ angestoßen?

Das Rektorat hat im Exzellenzantrag von 2012 das Ziel einer „Culture of Cooperation and Commitment“ für die Universität Tübingen formuliert. Bereits damals war uns die Notwendigkeit bewusst, sich auch mit dem Thema „Gute Führung“ auseinanderzusetzen. Denn für uns ist ganz klar: Exzellente Ergebnisse sind zuallererst auch das Resultat guter Führung. Deswegen haben wir uns dazu entschieden, gemeinsam mit ausgewählten Akteurinnen und Akteuren aus der Universität Leitlinien guter Führung zu formulieren und diese im Anschluss mit Leben zu füllen. Diese Leitlinien sollen explizit in Worte fassen, wie wir gemeinsam in unserer „Culture of Cooperation and Commitment“  arbeiten wollen.

Für wen sind die Leitlinien gedacht – wer ist die Zielgruppe? 

Die Leitlinien guter Führung richten sich an alle Mitarbeitenden der Universität Tübingen. Dazu zählen Führungskräfte, die Verantwortung für Mitarbeitende übernehmen, im Sinne einer Weisungsbefugnis. Die Leitlinien schließen aber explizit auch alle Mitarbeitenden ein, die im Rahmen eines Projektes eine Gruppen- oder Projektleitung innehaben, im Sinne einer vorübergehenden Führungsrolle. Auch Mitarbeitende ohne Führungsverantwortung sind angesprochen, denn ihnen geben Leitlinien guter Führung eine Orientierungshilfe, wie gute Arbeitsbeziehungen gestaltet sein sollen.

Wichtig ist uns, dass es gemeinsame und verbindliche Leitlinien guter Führung für alle Bereiche der Universität gibt – für die Fakultäten und für die Zentrale Verwaltung. Alle Mitglieder der Universität sollen sich darauf berufen können, sich mit diesen Leitlinien auseinandersetzen und diese im beruflichen Alltag umsetzen.

Wer definiert die Leitlinien?

Klar ist: Das Rektorat will die Leitlinien nicht alleine festlegen. Der Prozess wird koordiniert von der Abteilung Personalentwicklung unter Leitung von Daniela Bister. Externe Unterstützung leistet Hans-Werner Bormann von der WSBF-Beratergruppe Wiesbaden. Dazu gibt es eine Arbeitsgruppe, die im Namen des Rektorats berufen wurde. Darin vertreten sind Menschen aus allen Bereichen der Universität, aus ganz unterschiedlichen Funktionsebenen und mit verschiedenen Rollen innerhalb der Universität. Zusätzlich zu dieser Arbeitsgruppe haben die Fakultätsmanagerinnen und Fakultätsmanager ihre Perspektive eingebracht. Bald können auch alle interessierten Beschäftigten der Universität in Workshops ihre Gedanken und Erfahrungen einbringen, diese sind für März und April 2021 geplant. Ganz besonders angesprochen sind jedoch Professorinnen und Professoren. Sie haben neben der Verantwortung für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wichtige Gestaltungsspielräume zur Verfügung, zum Beispiel über Budgets oder aufgrund ihrer Ämter in der akademischen Selbstverwaltung. Gerade sie sollen sich die Zeit nehmen, sich mit diesem Papier zu beschäftigen und über ihr Führungshandeln zu reflektieren und ihre Führungskompetenz kontinuierlich zu verbessern. 

Wie kann es gelingen, dass aus theoretischen Leitlinien eine an der ganzen Universität gelebte Führungskultur entsteht?

Unsere Grundidee ist: Jeder einzelne Mitarbeitende an der Universität hat eine Verantwortung und „führt“ zumindest sich selbst. Dazu gehört, dass man im täglichen Kontakt mit allen Kolleginnen und Kollegen einen respektvollen und wertschätzenden Umgang pflegt, und sich selbst dafür einen guten Kommunikationsstil aneignet bzw. erarbeitet. 

Wir haben bereits jetzt Angebote, um Führungskompetenzen zu erwerben, zu reflektieren und weiterzuentwickeln. Das muss aber noch stärker verankert und auch sichtbarer werden. Letztlich ist gute Führung eine Kompetenz, die in besonderem Maße auch für Einstellungen, Beförderungen oder Evaluationen relevant ist. 

Das heißt, die Leitlinien sollen kein Papier für die Schublade sein. Intern werden die Leitlinien über die verschiedenen Informationskanäle der Universität bekannt gemacht. Angedacht ist auch ein entsprechendes Leaflet für alle Führungskräfte und Mitarbeitenden, insbesondere für die neu eingestellten. Die Transferphase, die nach der Verabschiedung der Leitlinien guter Führung einsetzt, wird uns mindestens ein Jahr beschäftigten. In dieser Phase könnten beispielweise  bestehende Weiterqualifizierungsprogramme für Führungskräfte überarbeitet oder ausgeweitet, moderierte Auseinandersetzungen zu den Leitlinien guter Führung unter Führungskräften organisiert oder Coachings für Führungskräfte in schwierigen Führungssituationen angeboten werden.

Welcher Zeithorizont ist für das Projekt vorgesehen?

In ungefähr einem Jahr sollen die fertigen Leitlinien guter Führung verabschiedet werden, dann würde die oben beschriebene Transfer- bzw. Umsetzungsphase eingeleitet werden. Zuvor aber werden sie natürlich noch in den Gremien der Universität diskutiert. 

Welcher Aspekt ist Ihnen als Prorektorin bei diesem Projekt besonders wichtig?

Nicht zu vergessen, dass man mit Menschen zusammenarbeitet. Menschen ganz unterschiedlicher Herkunft und aus ganz unterschiedlichen Lebenslagen, die ganz unterschiedliche Lebensstile pflegen, unterschiedliche Persönlichkeiten haben und unterschiedliche Lebenserfahrungen mitbringen. – Darauf sollten alle, die Verantwortung tragen, nicht nur Rücksicht nehmen, sondern sie sollten auch verstehen, dass dies eine große Bereicherung ist und alle davon für die gemeinsame Arbeit profitieren können.

Das Interview führte Maximilian von Platen