Uni-Tübingen

Die häufigsten Irrtümer über Patente

1. Publizieren und Patentieren schließen einander aus

"Publizieren und Patentieren schließen einander aus, denn Patente gibt es nur für Erfindungen, die noch nicht veröffentlicht sind. Da ich also Ergebnisse womöglich für Jahre unter Verschluss halten muss, habe ich eventuell gar keine Chancen mehr auf eine Veröffentlichung. Diplomanden und Doktoranden können sich die langen Zeiträume schon gar nicht erlauben."

Hier liegt ein Missverständnis vor. Um die Chance auf ein Patent zu wahren, muss eine Erfindung nur so lange geheim bleiben, bis ein Antrag auf Erteilung eines Patents bei einem Patentamt eingegangen ist. Für sich genommen geht das flott – es sind Minuten, bis ein entsprechendes Fax gesendet ist. Im Vorfeld benötigen wir jedoch etwas Zeit, Ihre Erfindung zu bewerten und gegebenenfalls die Anmeldung vorzubereiten. Nach erfolgter Anmeldung sind Sie frei, Ihre Daten zu veröffentlichen, ohne dass dies noch „neuheitsschädlich“ für eine Patentierung ist.

Doch, keine Frage, vor dem Stichtag der so genannten Prioritätsanmeldung dürfen Sie in der Tat Ihre Erfindung nirgends veröffentlichen, „gefährlich“ sind dabei nicht nur Nature-Publikationen oder Zeitungs-Artikel, sondern auch Vorträge und Poster auf Kongressen.

Die Lösung dafür: Sie geben uns die Chance, bereits frühzeitig vor geplanten Veröffentlichungen mit Ihnen im Vorfeld zu diskutieren und zu bewerten, ob und wo eine Erfindung aus einem Forschungsprojekt entstehen könnte.

2. Der bürokratische Aufwand, eine Erfindung anzumelden, ist mir zu hoch.

"Der bürokratische Aufwand, eine Erfindung anzumelden, ist mir zu hoch. Als Erfinder muss ich für eine Patentierung viel Zeit investieren, vom Schreiben der Erfindungsmeldung bis zur nötigen Korrespondenz mit Anwälten und Ämtern. Ich halse mir damit vor allem einen Haufen zusätzlicher Arbeit auf."

So schlimm wird es nicht kommen. Es kostet Sie nicht viel Zeit, eine Erfindungsmeldung auszufüllen. Anschließend stellen Sie uns Ihre Erfindung kurz vor und wir sprechen über mögliche Chancen der Patentierung und Verwertung. Schon die weitere Korrespondenz mit Ämtern und Patentanwälten ist dann unser Job. Ganz ohne ihre Mitarbeit geht es allerdings auch im weiteren Verlauf einer Anmeldung nicht. Sei es beim Schreiben eines Technologieangebots, einer Erwiderung auf einen Prüfungsbescheid vom Patentamt, sei es ein Gespräch mit einem potentiellen Interessenten: Wir brauchen immer mal wieder das Gespräch mit Ihnen und Ihren Input. Sie sind und bleiben der „Technologieträger“, kennen Ihre Erfindung und den Kontext aus dem ff. Aber wäre das wirklich ein Problem?

3. Die Kosten einer Anmeldung zum Patent sind für mich immens.

"Die Kosten einer Anmeldung zum Patent sind für mich immens. Ich muss die Ausgaben für den Patentanwalt und die Amtsgebühren tragen. Außerdem müssen die Mitarbeiter des Technologietransfers vergütet werden."

Nein. Kommen wir zusammen mit Ihnen zum Schluss, dass Ihre Erfindung Chancen auf eine Patent und auf eine Verwertung hat, dann unterbreiten wir der Eberhard Karls Universität Tübingen den Vorschlag, Ihre Erfindung in Anspruch zu nehmen. Damit trägt die Universität alle Kosten des weiteren Verfahrens. Die Mitarbeiter des Technologietransfers vergüten Sie ohnehin nicht, sie arbeiten als Angestellte der Universität.

4. An meinem Patent verdient nur die Universität.

"An meinem Patent verdient nur die Universität. Die Einnahmen möglicher Verwertungen aus Patenten gehen überwiegend an den Arbeitgeber, will sagen an die Universität und die Mitarbeiter der Technologietransferstelle."

Nein. Die Universität verdient an einer Verwertung mit, aber beileibe nicht alleine. Der Gesetzgeber hat festgelegt, dass Erfinder an Hochschulen 30 Prozent der Bruttoerlöse erhalten. Das ist deutlich über dem, was Erfinder zum Beispiel in der Industrie erhalten. Und auch von den übrigen 70 Prozent fließt fast alles in die Forschung zurück. (Siehe auch „Es bringt mir gar keine Vorteile, meine Erfindung zu melden".)

5. Meine Erfindung landet eh in der Schublade. Die Universität verwaltet die Erfindungen nur.

"Meine Erfindung landet eh in der Schublade. Die Universität verwaltet die Erfindungen nur."

Aber bitte! Wir haben kein Interesse an Arbeiten für die Schublade. Sehr wohl an einem gut gefüllten Patentportfolio, von dem wir möglichst viel verwerten. Für Sie und die Universität.

6. Erfindungen und Patente aus Universitäten haben in der Regel kaum wirtschaftlichen Wert.

"Erfindungen und Patente aus Universitäten haben in der Regel kaum wirtschaftlichen Wert. Domäne von Universitäten ist Grundlagenforschung, den Arbeitsgruppen fehlt Zeit und Geld für die nötige Weiterentwicklung, weshalb Erfindungen aus dem akademischen Umfeld meist kaum Chancen auf Verwertung haben."

In der Tat ein Problemfeld, für das es aber Lösungen gibt. Der Schwerpunkt von Universitäten liegt auf der Grundlagenforschung. Von hier bis zu einem Produkt am Markt ist es oft ein weiter Weg. Doch verfügen öffentlich-rechtliche Forschungsfinanziers wie Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG), Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) oder Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) über spezielle Fördertöpfe, um Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung in Richtung kommerzieller Technologien weiter zu entwickeln. Auch sind Firmen immer auf der Suche nach neuen Ideen und Konzepten aus der Grundlagenforschung. So kämpft die Pharmabranche seit einigen Jahren mit einem Defizit: Die Pipeline mit neuen Wirkstoffen versiegt. Manch großer Hersteller sondiert derzeit, ob Universitäten neue Wirkstoffkandidaten haben.

7. Ohne eine Erfindung brauche ich erst gar nicht bei der Technologietransferstelle auftauchen.

"Ohne eine Erfindung brauche ich erst gar nicht bei der Technologietransferstelle auftauchen. Sie wird erst aktiv, wenn ich dort eine Erfindungsmeldung einreiche."

Nein, im Gegenteil. Sei es bei generellen Fragen zum Kontext oder auch ganz im Frühstadium von Projektideen: Je früher wir von Ihren Plänen erfahren, desto besser können wir rechtzeitig ein mögliches Patentumfeld sondieren („Ist ein Patent noch möglich, oder ist die Sache womöglich zumindest in Teilen längst wegpatentiert?“). Und desto besser können wir auch mit Ihnen über den adäquaten Zeitpunkt einer eventuellen Patentanmeldung diskutieren, vielleicht auch nach nötigen Projektpartnern fahnden.

Wir freuen uns daher gerade zu einem frühen Zeitpunkt über Ihren Anruf, eine E-Mail oder Brief. Bei allen Fragen zum Kontext Erfindung, Patent oder Firmengründung sowieso.

8. Mein Part ist nach Abgabe der Erfindungsmeldung erledigt.

"Mein Part ist nach Abgabe der Erfindungsmeldung erledigt. Die Technologietransferstelle kümmert sich um alles Weitere, die Anmeldung zum Patent und die Verwertung."

Nicht ganz! Eine Erfindungsmeldung mündet nicht automatisch in eine Patentanmeldung. Es kommt vor, dass eine Erfindung bereits patentiert ist, außerdem spielen auch die Chancen auf eine Verwertung eine Rolle bei der Entscheidung, ob die Universität eine Erfindung überhaupt in Anspruch nimmt oder nicht.

Erst mit der Inanspruchnahme einer Erfindungsmeldung übernimmt die Universität die Verpflichtung, diese zum Patent anzumelden und sich um eine Verwertung zu kümmern. Chancen hat dieser Prozess aber nur, wenn Technologietransfer und Erfinderin weiterhin eng zusammenarbeiten. Konkret heißt das zum Beispiel: Wir brauchen Ihre Mitarbeit beim Schreiben eines Technologieangebots, und nutzen gerne Ihre Kontakte für eine mögliche Verwertung. Sie sind und bleiben der „Technologieträger“, ohne den es nicht geht.

Mehr noch: Auf vielen Feldern wird es nur dann gelingen, erfolgreich mit neuen Patenten in den Markt zu kommen, wenn Arbeitsgruppen an der Universität langfristig an Projekten arbeiten und Anwendungsaspekte mitberücksichtigen. Motto: Ein neues Medikament ist noch lange nicht in der Apotheke, wenn ein erster In-vitro-Test mit einem Wirkstoffkandidaten im Labor ein interessantes Ergebnis zeigt.

9. Als Erfinder werde ich auch Patentinhaber.

"Als Erfinder werde ich auch Patentinhaber."

Nein. Anmelder, alias Patentinhaber wird, wer die Rechte an einer Erfindung hat. Das ist in Ihrem Fall die Universität, wenn sie eine Erfindung in Anspruch nimmt. So regelt es seit dem Jahr 2002 auch für Universitäten das Gesetz über Arbeitnehmererfindungen. Die Erfinder werden aber auf allen Veröffentlichungen des Patents als solche benannt. Und der Anmelder, alias in diesem Fall die Universität, beteiligt die Erfinder an allen Einnahmen (Siehe auch „Es bringt mir gar keine Vorteile, meine Erfindung zu melden“).

Denkbar auch, dass die Universität Ihre Erfindung nicht in Anspruch nimmt, Ihnen die Rechte an ihr freigibt. Angenommen, Sie entscheiden sich dann für eine eigene Patentanmeldung, sind Sie Erfinder und Anmelder in einer Person.

10. Patentanwälte sind Juristen.

"Patentanwälte sind Juristen, haben wenig Ahnung von Forschung und Wissenschaft und können daher meine Erfindung auch nicht richtig oder nur nach langwierigen Erklärungen verstehen."

Pardon, falsch. Patentanwälte sind keine Juristen, sondern Wissenschaftler - Chemiker, Ingenieure, Physiker, Informatiker und Biologen. Den Titel Patentanwalt erwirbt man nach dem Fachstudium durch eine dreijährige spezialisierte Ausbildung.

11. Es bringt mir gar keine Vorteile, meine Erfindung zu melden.

"Es bringt mir gar keine Vorteile, meine Erfindung zu melden. Auch wenn ich dazu gesetzlich verpflichtet bin, eigentlich bedeutet eine Erfindungsmeldung nur Aufwand und am Ende gehört die Erfindung eh der Universität."

Eine Fehleinschätzung. Gelingt es, ein Patent zu lizenzieren oder zu verkaufen, erhalten die Erfinder 30 Prozent der Bruttoeinnahmen als – steuerpflichtiges – Einkommen. Was bleibt, wird nach Abzug der Kosten, die für das Patent angefallen sind, zwischen der Universität und dem Institut, an dem die Erfinder tätig sind, geteilt. Das Gros der Einnahmen fließt so an die Erfinder und in die Forschung zurück.

Hinzu kommt für jeden Wissenschaftler ein „strategischer“ Gewinn. Neben Publikationen werden bei Forschungsanträgen zunehmend auch Patentanmeldungen immer wichtiger. Wobei auch hier gilt: Qualität geht vor Quantität.

12. Die Technologietransferstelle hat Geldmittel für die Weiterentwicklung von Erfindungen und für angewandte Forschung.

"Die Technologietransferstelle hat Geldmittel für die Weiterentwicklung von Erfindungen und für angewandte Forschung."

Leider nein. Dazu haben wir keine Mittel. Wir können aber zusammen mit Ihnen andere Fördermöglichkeiten recherchieren, damit Erfindungen, bei denen die Machbarkeit noch gezeigt oder ein Prototyp entwickelt werden sollte, weiterentwickelt werden können. (Siehe auch "Erfindungen und Patente aus Universitäten haben in der Regel kaum wirtschaftlichen Wert.").

13. Patente blockieren eher Forschung und technologische Entwicklung, als dass sie beides beflügeln.

"Patente blockieren eher Forschung und technologische Entwicklung, als dass sie beides beflügeln. Als Grundlagenforscher möchte ich mit Patenten daher auch nichts zu tun haben."

In der Tat eine spannende Schnittstelle. Es ist durchaus auch bis heute in der Fachwelt umstritten, ob Patente wirklich immer Fortschritt und Innovation befördern, wie manch Streit im Einzelfall illustriert (Siehe FAQs: Welchen Nutzen haben gewerbliche Schutzrechte überhaupt für die Gesellschaft?).

Dennoch bedeuten Probleme im Einzelfall noch lange keine generelle Schieflage der Regelungen. Erst durch Patente wird in der Regel ein erfolgreicher Transfer von Forschungsergebnissen in die Praxis möglich.

Und würden, einmal angenommen, Universitäten bei Patenten ihre Chancen gar nicht nutzen, verspielten sie am Ende nur wertvolle Einnahmemöglichkeiten für eigene Forschung und Entwicklung. So haben allein in den USA kleine Biotech-Firmen und Universitäten zwischen 1998 und 2007 56 Prozent aller wirklich innovativen neuen Wirkstoffe in der Pharmaforschung beigesteuert (Nature Rev. Drug Discov. 9, 867ff (2010)). Erst durch eigene Patente können Hochschulen ihre Erfindungen verwerten und so am Ende auch einen Teil der staatlichen Forschungsausgaben via Verwertungseinnahmen wieder einspielen. Hierzulande gibt ihnen das Arbeitnehmererfindungsgesetz seit 2002 die Möglichkeit dazu.

In den USA hat der Bayh Dole Act bereits 1980 staatlich geförderten Forschungsinstituten das Recht zur Verwertung von Forschungsergebnissen eingeräumt. Ein aktuelles Zwischenfazit dort: Der Anteil an Grundlagenforschung in Hochschulen hat dort keineswegs abgenommen, vielmehr durch den Ansporn kommerzieller Verwertung eher noch Auftrieb erfahren. (Siehe auch hier.)

14. Die Mitarbeiter vom Sachgebiet Technologietransfer bewerten die wissenschaftliche Qualität der Erfinder.

"Die Mitarbeiter vom Sachgebiet Technologietransfer bewerten die wissenschaftliche Qualität der Erfinder."

Nein. Das ist nicht unsere Aufgabe. Der Wert eines Patents bemisst sich vielmehr vorrangig an den Kriterien Neuheit, Erfinderische Höhe und Gewerbliche Anwendbarkeit. Anders formuliert: Wurde wirklich etwas technisch Neues gefunden, was zuvor noch niemand in dieser Form produzieren oder bauen konnte? Und ist die Erfindung auch wirtschaftlich anwendbar?

15. Ein Patent wird immer verkauft.

"Ein Patent wird immer verkauft."

Nein. Neben dem Verkauf lässt sich auch durch Lizenzeinnahmen mit einem Patent monetärer Gewinn erzielen. Ideal ist es, wenn sich Erfinder entschließen, selber eine Firma zu gründen und mit ihr die Entwicklung ihrer Erfindung nach vorne treiben. Sie verhandeln dann mit der Universität eine Lizenz.

16. Der Technologietransfer der Universität ist Anlaufstelle auch für Freie Erfinder.

"Der Technologietransfer der Universität ist Anlaufstelle auch für Freie Erfinder."

Leider nein. Wir können nur Erfindungen betreuen, bei denen mindestens ein Erfinder an der Universität Tübingen angestellt ist. Auch beim Anruf eines „Freien Erfinders“ werden wir aber versuchen, Anlaufstellen für womöglich gewünschte Forschungskontakte in die Universität zu vermitteln.

Weitere Infos finden „Freie Erfinder“ auch hier oder hier.

17. Patente und Open-Source-Software schließen sich aus.