Uni-Tübingen

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04.06.2020

Bakterien auf der Haut können die Wundheilung beschleunigen

Forschungsteam der Universität Tübingen erforscht an Mäusen, wie die normale Hautmikroflora als äußerer Schutzschild wirkt

Die Abbildung zeigt eine vereinfachte Darstellung wie Spurenamine (englisch: trace amines, TA) - produzierende Hautbakterien die Wundheilung beschleunigen. Bei einer Verletzung der Haut produzieren Hautzellen Adrenalin, das durch Aktivierung des β2-adrenergen Rezeptors (β2-AR) zu einer Hemmung der Zellmotilität führt und dadurch die Wundheilung verzögert. TA wirken als Antagonisten von β2-AR und heben somit die Wirkung von Adrenalin auf. Behandlung von Wunden auf der Haut von Tieren mit entweder TA oder TA-produzierenden Hautbakterien führt so zu einer Beschleunigung der Wundheilung.

Download English version "Trace amines produced by skin bacteria accelerate wound healing in mice"

Von den normalen Gemeinschaften an Mikroorganismen auf unserer Oberfläche wird schon lange angenommen, dass sie einen Schutzschild für die Haut bilden. Nur wie das funktioniert, lag bisher im Dunklen. Nun hat die Arbeitsgruppe von Friedrich Götz, Seniorprofessor für Mikrobielle Genetik an der Universität Tübingen, bei Mäusen einen natürlichen Prozess entdeckt, der zur Schutzfunktion beiträgt. Eine entscheidende Rolle spielen geringe Mengen von Aminen, sogenannte Spurenamine, die von verschiedenen Bakterienarten der Gattung Staphylococcus produziert werden. Sie wirken den bei Stress, wie einer Hautverletzung, freigesetzten Stoffen entgegen und beschleunigen so die Wundheilung. Ihre Studie haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in der Fachzeitschrift Communications Biology veröffentlicht.

„Spurenamine werden von vielen Lebewesen gebildet, so auch beim Menschen“, erklärt Friedrich Götz. Meist entstünden sie durch Decarboxylierung aromatischer Aminosäuren, die zum Beispiel in die Amine Phenylethylamin, Tyramin oder Tryptamin umgewandelt werden. In den Nervenzellen des Säugetiergehirns werden sie gemeinsam mit den klassischen Botenstoffen wie Dopamin, Noradrenalin oder Serotonin in den Nervenendigungen gespeichert und freigesetzt. „Die Spurenamine spielen eine wichtige Rolle als Neuromodulatoren. Bei der Übertragung der klassischen Botenstoffe vervielfachen sie deren Aktivität“, sagt der Wissenschaftler. Inzwischen wisse man auch, dass sie daneben mit einer speziellen Familie von G-Protein-gekoppelten Rezeptoren wechselwirken und auch unabhängig von den klassischen Botenstoffen Signale im Gehirn übertragen.

Spurenamine heben Hemmung auf

Dass verschiedene Bakterienarten der Gattung Staphylococcus Spurenamine produzieren können, hatte die Arbeitsgruppe von Friedrich Götz erst kürzlich entdeckt. Das verantwortliche Enzym bezeichneten sie als SadA (Staphylokokken-aromatische-Aminosäuredecarboxylase). In ihrer neuen Studie stellten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler fest, dass solche Hautbakterien die Wundheilung fördern können.

„Bei einer Verletzung der Haut produzieren die Hautzellen Adrenalin, das wiederum durch Aktivierung eines bestimmten Rezeptors die Beweglichkeit der Zellen hemmt. Sie können sich dann nicht so schnell an der offenen Wunde zusammenlagern, um sie zu verschließen“, erklärt Götz. Bei Experimenten mit Mäusen zeigte sich, dass die Spurenamine gegenläufig arbeiten und die Wirkung des Adrenalins aufheben. „Die Wundheilung wird beschleunigt. Unsere Studie zeigt, dass Spurenamine produzierende Bakterien auf unserer Haut vorteilhaft sein können und zur Wirkung als Schutzschild beitragen.“

Diese Arbeit wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), dem Exzellenzcluster EXC 2124 Controlling Microbes to Fight Infections und vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg (MWK) sowie der Alexander von Humboldt-Stiftung gefördert.

Janna Eberhardt

Publikation: 

Arif Luqman, Muhammad Zainul Muttaqin, Sumah Yulaipi, Patrick Ebner, Miki Matsuo, Susanne Zabel, Paula Maria Tribelli, Kay Nieselt, Dewi Hidayati & Friedrich Götz: Trace amines produced by skin bacteria accelerate wound healing in mice. Communications Biology, doi.org/10.1038/s42003-020-1000-7

Kontakt: 

Prof. Dr. Friedrich Götz
Universität Tübingen 
Interfakultäres Institut für Mikrobiologie und Infektionsmedizin
Mikrobielle Genetik
+49 7071 29-74128
friedrich.goetzspam prevention@uni-tuebingen.de

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