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18.05.2022

Vom Winde verweht: Saharastaub über Zypern

Team der Umweltphysik der Universität Tübingen nutzt unbemanntes Forschungsflugzeug auf Zypern während großer Staubeinträge aus der Sahara

Das Tübinger Forschungs-UAS vom Typ MASC-3 beim Katapultstart am Forschungsflugfeld Orounda/Zypern

Bei der Fortsetzung einer wissenschaftlichen Flugkampagne auf Zypern, die vor zwei Jahren gestartet worden war, konnte die Arbeitsgruppe Umweltphysik der Universität Tübingen, geleitet von Professor Jens Bange, hohe Konzentrationen von Saharastaub in der Atmosphäre über Zypern messen. Dieses Ereignis lieferte den Forscherinnen und Forschern wichtige Erkenntnisse im Rahmen des Projekts „IMSAP“, in dem kurzlebige Bestandteile der Atmosphäre wie Aerosolpartikel und Spurengase systematisch erforscht werden. Die Daten stehen Forschungsgruppen weltweit für weitere Studien und zur Entwicklung von Messstrategien zur Verfügung.

Das Cyprus Institute betreibt im Landesinneren von Zypern, nahe des Dorfes Orounda, das Unmanned Systems Research Laboratory, einen Flugplatz für unbemannte Forschungsflugzeuge. Die Gruppe CARE-C des Cyprus Institute unterstützt dort Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowohl bei Flügen mit unbemannten Flugzeugen als auch bei wissenschaftlichen Fragestellungen.
„Wir waren die Ersten, die die Einrichtung bei Orounda als Gäste des Cyprus Institute für unsere Forschung nutzen konnten. Nach den ersten Messungen mussten wir jedoch zwei Jahre pausieren wegen der Einschränkungen der Corona-Pandemie“, berichtet Jens Bange. „Nun konnten wir während dieses Saharastaubereignisses Messungen unterhalb, innerhalb und oberhalb der Staubschicht in der Atmosphäre durchführen.“

Messungen bis 5500 Meter Höhe

Die Forscherinnen und Forscher der Arbeitsgruppe Umweltphysik und des Cyprus Institute führten parallel Messungen mit ihren jeweiligen unbemannten Flächenflugzeugen sowie einem Multikoptersystem durch. Dabei wurden Partikel, thermodynamische Größen, Wind und Turbulenz sowie die elektrische Ladung der Atmosphäre gemessen. „Die Multikopter sind hilfreich, um die untersten 500 Meter der Atmosphäre schnell zu vermessen und dabei mit mehreren Flügen die Änderungen im Laufe des Tages zu erfassen. Für die größeren Höhen bis 5500 Meter verwenden wir unsere unbemannten Flugzeuge vom Typ MASC“, sagt Dr. Andreas Platis, Post-Doc in der Arbeitsgruppe.

Während der Episoden, wenn der Saharastaub über das Mittelmeer kommt, werden die Staubpartikel typischerweise in der unteren Hälfte der Troposphäre aus der Nordsahara nach Zypern transportiert. „Der Saharastaub spielt eine wichtige Rolle in der Klimatologie, weil er unter anderem die Reflexion der Sonneneinstrahlung in der Atmosphäre und auf Oberflächen verändert, das Sonnenlicht am Boden abschwächt und die Entstehung von Wolken fördert. Außerdem wirkt er als Dünger in Ökosystemen wie dem Amazonas-Regenwald. Staub verändert die Luftqualität und kann gesundheitsschädigend wirken“, erklärt Bange. Auch 2022 erreichten große Mengen Saharastaub wieder Mitteleuropa. In Süddeutschland ging er dieses Jahr bereits zwei Mal jeweils über mehrere Tage hinweg nieder, verschlechterte die Luftqualität, verschleierte den Himmel und bedeckte draußen Oberflächen aller Art.

Saharastaub mischt sich mit lokalem Staub

Die Messflüge in Zypern vom 6. bis 13. April 2022 zeigen die Entwicklung der unteren Hälfte der Troposphäre im Hinblick auf Wind, Temperatur, Wasserdampf und die vertikale Verteilung der Staubpartikel über den Tag. So ergaben die Messungen bei den PM10-Daten, zu denen alle Partikel kleiner als 10 Mikrometer (Tausendstel Millimeter) gezählt werden, des ersten Forschungsflugs am 6. April, dass der Staub unterhalb von 1500 Metern bis zum Boden gut durchmischt war: „Wir gehen davon aus, dass dort sowohl der lokal auf Zypern entstandene Staub als auch aus größerer Höhe nach unten transportierter Saharastaub zu finden sind. Oberhalb von 1500 Metern zeigt sich erst eine Abnahme und dann ein fast linearer Anstieg der Konzentration von Partikeln unter 10 Mikrometer“, berichtet Martin Schön, Doktorand in der Arbeitsgruppe. Die thermische Schichtung der Atmosphäre sei zu dieser Zeit im Großen und Ganzen stabil gewesen, die Abwärtsmischung des Saharastaubs sei nur durch kleinräumige Turbulenz angetrieben worden. „Eine deutlich definierte Schicht aus Saharastaub mit recht eindeutigen unteren und oberen Grenzen haben wir zwischen 1800 und 2500 Metern beobachtet. Darüber war die Troposphäre fast sauber mit sehr niedrigen Staubkonzentrationen.“

Ziel der anstehenden Datenanalysen ist es nun, die vertikalen Transportprozesse des Staubs in der Troposphäre mengenmäßig zu erfassen. „Der von uns gemessene Staub stammt aus zwei Quellen: zum einen von der Landoberfläche, von der der Staub durch Konvektion (Thermik) in die untere Atmosphäre getragen wird; zum anderen die Schicht aus Saharastaub, aus der der Staub nicht nur horizontal durch den Wind transportiert wird, sondern auch vertikal durch kleinräumige Turbulenz“, sagt Bange. Um den Saharastaub vom lokal erzeugten zu unterscheiden, würden die Größenverteilung der Staubpartikel in den verschiedenen Höhen und verschiedenen Schichten der Atmosphäre untersucht.

The Cyprus Institute/Umweltphysik/Janna Eberhardt, Hochschulkommunikation

Nähere Informationen:

Die Forschungsarbeiten in dem Projekt IMSAP werden unterstützt vom ACTRIS-IMP-Projekt (2020-2023), das im EU-Programm Horizont 2020 für Forschung und Innovation gefördert wird unter der Vereinbarung 871115.

Kontakt:

Prof. Dr. Jens Bange
Universität Tübingen
Angewandte Geowissenschaften - Umweltphysik
 Telefon 07071 29-74714
jens.bangespam prevention@uni-tuebingen.de
https://uni-tuebingen.de/de/84450 

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