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24.07.2019

Wissenschaftlicher Nachwuchs aus Tübingen zu Gast in Lindau

69. Lindauer Nobelpreisträgertagung

Dr. Arthur G. Suvorov (links) und Doktorand Sebastian H. Völkel (mittig) im Gespräch mit Ministerialdirektor Ulrich Steinbach (rechts).

Die diesjährige Lindauer Nobelpreisträgertagung widmete sich der Physik. Dabei trafen vom 30. Juni bis 5. Juli rund 600 junge Forscher aus 89 Ländern auf 39 Nobelpreisträger. Schwerpunkte dieses Jahr waren dunkle Materie, Kosmologie, Laserphysik und Gravitationswellen.

Neben dem fachlichen Austausch und Kennenlernen, kamen auch kulturelle und gesellschaftliche Aspekte nicht zu kurz. Beides vereinte Südafrika als austragendes Land für das Abendprogramm am Montag. Der Freistaat Bayern war für den „Bayrischen Abend“ am Donnerstag verantwortlich, während Baden-Württemberg die Bootsfahrt am Freitag zur Insel Mainau organisierte. An der Veranstaltung nahmen auch die Bundesministerin für Bildung und Forschung Anja Karliczek, Bayerns Staatsminister für Wissenschaft und Kunst Bernd Sibbler sowie Ulrich Steinbach, Ministerialdirektor und Amtschef im Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg, teil.

Redner der diesjährigen „Heidelberg Vorlesung“ war der Kryptologe und Turing-Preisträger Martin Hellman zum Thema „Der technologische Imperativ für ethische Entwicklung“. Highlights der Abschlussveranstaltung waren das Interview von Friedensnobelpreisträgerin Tawakkol Karman mit Adam Smith, Chief Scientific Officer von Nobel Media, sowie die Podiumsdiskussion „How Can Science Change the World for the Better?“. Daran nahmen unter anderem der Turing-Preisträger Vinton G. Cerf, Leitfigur in der Entwicklung des Internets, sowie der Physik-Nobelpreisträger und ehemalige US Energieminister Steven Chu teil.

Tübinger Beiträge zur 69. Lindauer Nobelpreisträgertagung

Bereits zum dritten Mal war Prof. Dr. Olaf Kramer, geschäftsführender Direktor des Seminars für Allgemeine Rhetorik, bei der Lindauer Nobelpreisträgertagung dabei. Er moderierte einen Poster Flash, bei dem junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus aller Welt die Möglichkeit hatten, ihre aktuelle Forschung vor den versammelten Nobelpreisträgern zu präsentieren. Für Kramer sind der Poster Flash und das damit verbundene Training eine gute Möglichkeit, um deutlich zu machen, wie wichtig Kommunikation auch in den Naturwissenschaften ist. Er sagt dazu: ''Wissen ist da, um es zu teilen. Nur im kommunikativen Miteinander kann man im Team erfolgreich arbeiten und nur wenn Wissenschaftler ihre Arbeit darstellen können, gelingt der Schulterschluss mit der Gesellschaft''.

Als seltene Möglichkeit einem Nobelpreisträger und vielen jungen Forschern seine eigene wissenschaftliche Arbeit vorzustellen, gibt es in Lindau traditionell einige so genannte Master Classes. Eine von ihnen wurde von Nobelpreisträger Brian P. Schmidt geleitet. Er erhielt zusammen mit Adam G. Riess 2011 den Nobelpreis für die Entdeckung der beschleunigten Expansion des Universums. Unter den Themen der Astrophysik befand sich auch ein Beitrag des Tübinger Physik-Doktoranden Sebastian H. Völkel aus der Arbeitsgruppe Theoretische Astrophysik von Prof. Dr. Kostas D. Kokkotas. Völkel behandelte in seiner Präsentation Gravitationswellen kompakter Objekte.

Am Abschlusstag stellten sich Baden-Württembergs Universitäten, einige Max Planck Institute, sowie Jugend forscht Baden-Württemberg den anwesenden Nobelpreisträgern, jungen Forschern und ausgewählten Gästen vor. Hier war die Universität Tübingen durch zwei Poster vom Institut für Astronomie und Astrophysik vertreten. Das Interesse an den Tübinger Forschungsschwerpunkten war groß, viele Fragen junger Teilnehmerinnen und Teilnehmer gab es auch zu den Tübinger Masterstudiengängen sowie Promotionsmöglichkeiten.

Auch Humboldt Postdoktorand Dr. Arthur G. Suvorov und Doktorand Sebastian H. Völkel von der Tübinger Arbeitsgruppe Theoretische Astrophysik unter Leitung von Prof. Dr. Kostas D. Kokkotas, nahmen an der Poster Session teil. Sie berichteten über die Forschung an Neutronensternen und der damit verwandten Asteroseismologie. Oszillationen dieser extrem kompakten Objekte, für deren Beschreibung Einsteins Allgemeine Relativitätstheorie notwendig ist, erlauben uns Rückschlüsse auf deren innere Struktur und Materie. Im Anschluss nahm sich sogar Nobelpreisträger Joseph H. Taylor Jr. Zeit für ein kurzes Gespräch. Taylor hat zusammen mit Russell A. Hulse 1993 den Nobelpreis für die weitreichende Entdeckung bestimmter Neutronensterne erhalten.

Die Postdoktoranden Dr. Denys Malyshev (Arbeitsgruppe für Hochenergieastrophysik, Prof. Dr. Andrea Santangelo) und Dr. Christian Strandhagen (Arbeitsgruppe für experimentelle Astroteilchenphysik, Prof. Dr. Josef Jochum) präsentierten das breite Forschungsprogramm der Universität Tübingen zur dunklen Materie. Obwohl man davon ausgeht, dass im Universum etwa fünfmal mehr dunkle Materie als „normale“ Materie (Sterne, Planeten, …) existiert, konnte bislang nicht nachgewiesen werden woraus diese besteht. Tübinger Forscher versuchen dieses Rätsel durch indirekte astrophysikalische Beobachtungen aber auch durch Laborexperimente zu lösen. Ein mitgebrachter Tieftemperaturdetektor, wie er im CRESST-Experiment zur Suche nach Teilchen der dunklen Materie eingesetzt wird, sorgte für großes Interesse sowohl bei den Nobelpreisträgern als auch bei den Studierenden.

Zu den Gästen des Landes Baden-Württemberg bei der Tagung gehörte auch eine Delegation des Margarete von Wrangell Habilitationsprogramms. Die Wissenschaftlerinnen hatten die Möglichkeit, persönlich mit Ministerialdirektor Ulrich Steinbach zu diskutieren. Die Universität Tübingen wurde von Dr. Victoria Grinberg von der Arbeitsgruppe Hochenergieastrophysik vertreten. Sie forscht über Sternwinde und Akkretionsprozesse in Röntgendoppelsternen, um die extremsten Umgebungen unseres Universums zu verstehen.

Victoria Grinberg, Olaf Kramer, Christian Strandhagen, Sebastian H. Völkel

Links zu den Arbeitsbereichen der Tübinger Teilnehmer

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