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11.05.2022
Doppelter Anlass zur Freude
Medizinische Fakultät und Universitätsklinikum Tübingen erhalten zwei neue Graduiertenkollegs
Die Medizinische Fakultät der Universität Tübingen darf sich zusammen mit dem Universitätsklinikum über gleich zwei neue Graduiertenkollegs freuen. Zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses hat die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) die Graduiertenkollegs „Psychische Gesundheit von Frauen in der reproduktiven Lebensphase“ und „Nicht-kanonische G-Protein-abhängige Signalwege: Mechanismen, Funktionen, Konsequenzen“ bewilligt. Sie werden mit rund 7 Millionen Euro (Psychische Gesundheit von Frauen) bzw. rund 5,3 Millionen Euro (Nicht-kanonische G-Protein-abhängige Signalwege) für einen Zeitraum von fünf Jahren gefördert.
Hormonelle Übergangsphasen und Frauengesundheit
Die körperliche, aber auch mentale Gesundheit von uns Menschen hängt oft von hormonellen Einflüssen ab. Gerade Frauen unterliegen während der reproduktiven Lebensphase massiven Schwankungen des Hormonspiegels und durchlaufen mehrfach hormonelle Übergangsphasen. Diese haben Auswirkungen auf ihre kognitiven und emotionalen Fähigkeiten, die Plastizität des Gehirns sowie die (psychische) Gesundheit. In diesen Übergangsphasen steigt das Risiko für psychische Erkrankungen wie Depression und Angststörungen dramatisch an. Das internationale Graduiertenkolleg „Psychische Gesundheit von Frauen in der reproduktiven Lebensphase“ hat es sich deshalb zur Aufgabe gemacht, Zusammenhänge zwischen hormonellen Übergangsphasen und der psychischen Gesundheit von Frauen über die reproduktiven Jahre hinweg besser zu verstehen.
„Die psychische Gesundheit von Frauen umfasst viele Aspekte, die nicht von einer einzigen Disziplin abgedeckt werden können. Deshalb verfolgen wir einen Ansatz, der ein Qualifizierungsprogramm hervorbringt, das aus mehreren Komponenten besteht, wie klinisch relevanter Forschung, internationalem Austausch und der Schaffung von Synergien“, erklärt Sprecherin Prof. Dr. Birgit Derntl, Forschungsgruppenleiterin an der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Tübingen. Dabei ist das Kolleg nur eines von zwei internationalen Graduiertenkollegs von den insgesamt 13 neuen geförderten Verbünden. Zusammen mit der Universität Uppsala forschen Tübinger und schwedische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an den Zusammenhängen zwischen hormonellen Übergangsphasen und psychischer Gesundheit, und prüfen Hypothesen mit Fokus auf den Einfluss der Sexualhormone. „Unsere langfristige Perspektive ist es, die Prävention, Erkennung und Behandlung psychischer Erkrankungen bei Frauen zu verbessern“, ergänzt Prof. Derntl.
Signalwege und Medikamentenentwicklung
Ist heutzutage noch jeder fünfte Bundesbürger über 67 Jahre alt, wird dieser Anteil bei gleichbleibender Entwicklung bis 2060 so stark zunehmen, dass fast ein Drittel der Gesamtbevölkerung im Rentenalter ist. Damit einher geht ein Zuwachs von sogenannten Volkskrankheiten, wie etwa Diabetes mellitus, Krebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen, die bereits jetzt schon über die Hälfte aller Todesursachen in Deutschland ausmachen. Umso wichtiger sind die Erforschung und ein besseres Verständnis der biologischen Prozesse, die im Zusammenhang mit diesen Krankheiten eine wesentliche Rolle innehaben. Entscheidend dabei sind Signalwege in unserem Körper auf Zellebene, die diese Prozesse steuern und durch pharmakologische Intervention therapeutisch genutzt werden können. Eine überragende Bedeutung haben G-Protein-gekoppelte Rezeptoren (GPCR) auf den Zellen, die gegenwärtig zwar nur 12 Prozent aller Zielstrukturen für Arzneimittel ausmachen, jedoch greift jedes dritte Medikament dort ein. Dennoch ist ihr therapeutisches Potenzial bei weitem noch nicht ausgeschöpft. Hier spielen nicht-kanonische G-Protein-regulierte Signalwege eine besondere Rolle, da sie genau die biologischen Prozesse lenken, die bei der Entstehung der Krankheiten bedeutsam sind. Das Graduiertenkolleg „Nicht-kanonische G-Protein-abhängige Signalwege: Mechanismen, Funktionen, Konsequenzen“ will dabei die noch weißen Flecke in den Mechanismen und Funktionen dieser Signalwege ergründen.
„Wir zielen mit unserem Graduiertenkolleg darauf ab, die Lücken im Verständnis ausgewählter nicht-kanonischer Signalwege zu schließen, um neue vielversprechende Therapiestrategien für selektive pharmakologische Interventionen zu entwickeln, die wichtige Schritte hin zu einer personalisierten Medizin darstellen“, erklärt Sprecher Prof. Dr. Dr. Nürnberg, Leiter der Abteilung für Pharmakologie, Experimentelle Therapie und Toxikologie am Universitätsklinikum Tübingen. „Unsere Promovierenden erhalten eine umfassende interdisziplinäre, pharmakologische Ausbildung in einer hochmodernen Forschungsinfrastruktur, um sie auf einem international wettbewerbsfähigen Niveau in die Selbstständigkeit zu führen und damit den dringend benötigten Bedarf an pharmakologischem Nachwuchs zu decken“, führt Prof. Nürnberg den zentralen Ausbildungsaspekt aus.
Über die Graduiertenkollegs
Zur weiteren Stärkung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern in frühen Karrierephasen wurden von der DFG 13 neue Graduiertenkollegs eingerichtet. Die neuen Verbünde werden ab Herbst dieses Jahres erstmals für eine Dauer von zunächst fünf Jahren gefördert. Graduiertenkollegs bieten Doktorandinnen und Doktoranden die Möglichkeit, in einem strukturierten Forschungs- und Qualifizierungsprogramm auf hohem fachlichem Niveau zu promovieren. Die neu eingerichteten Verbünde erhalten eine Förderung von insgesamt rund 93 Millionen Euro.
Medienkontakt
Universitätsklinikum Tübingen
Allgemeine Psychiatrie und Psychotherapie mit Poliklinik
Forschungsgruppenleitung Innovative hirnfunktionelle Verfahren
Prof. Dr. Birgit Derntl
Calwerstr. 14, 72076 Tübingen
07071 29 85437
E-Mail: birgit.derntlspam prevention@med.uni-tuebingen.de
Universitätsklinikum Tübingen
Institut für Experimentelle und Klinische Pharmakologie und Pharmakogenomik
Abteilungsleitung Pharmakologie, Experimentelle Therapie und Toxikologie
Prof. Dr. Dr. Bernd Nürnberg
Wilhelmstr. 56, 72074 Tübingen
07071 29 72267
E-Mail: bernd.nuernbergspam prevention@uni-tuebingen.de