Uni-Tübingen

Newsletter Uni Tübingen aktuell Nr. 3/2010: Forschung

Verleihung der Attempto-Preise 2010

Neueste Erkenntnisse aus der Neurobiologie

Die Attempto-Preise gehen dieses Jahr an die Nachwuchswissenschaftler Dr. Regan Ashby und Dr. Vittorio Caggiano. Die mit jeweils 7.500 Euro dotierten Preise wurden im Rahmen der Mitgliederversammlung der Vereinigung der Freunde der Universität Tübingen e.V. (Unibund) überreicht. Seit 1983 werden mit dem Preis herausragende Arbeiten junger Wissenschaftler im Bereich der Neurobiologie ausgezeichnet. Er dient zur Förderung der weiteren wissenschaftlichen Karriere und wird von der Attempto-Stiftung verliehen. Die Stiftung wurde vom Reutlinger Ehepaar Maria-Dorothea und Konrad Ernst ins Leben gerufen. Nahezu alle bisherigen Preisträger haben inzwischen erfolgreiche wissenschaftliche Karrieren gemacht.


Dr. Regan Ashby war als Postdoc von 2007 bis 2009 im Rahmen eines EU-Projekts zur Erforschung der Kurzsichtigkeit am Forschungsinstitut für Augenheilkunde der Universität Tübingen tätig und ist mittlerweile nach Australien, an das „ARC Centre of Excellence in Vision Science“ zurückgekehrt. Aktuelle Studien haben gezeigt, dass Kinder, die einen Großteil ihrer Freizeit im Freien verbringen, signifikant weniger kurzsichtig wurden, als Kinder, die sich nur wenig im Freien aufhielten. In seinen Tübinger Experimenten wollte Ashby daher untersuchen, ob dies durch die Beleuchtungsstärke und vermehrte Dopaminfreisetzung verursacht sein könnte. Die Ergebnisse zeigen, dass Hühnerküken, die entweder dem Sonnenlicht oder vergleichbar heller Innenbeleuchtung ausgesetzt waren, deutlich weniger Kurzsichtigkeit entwickelten, als Tiere, die bei normaler Innenraumbeleuchtung gehalten wurden. Es konnte außerdem gezeigt werden, dass dieser Effekt durch das retinale Dopamin vermittelt zustande kommt. Diese Ergebnisse sind von großer Bedeutung, da die Kurzsichtigkeit in den industrialisierten Ländern die wohl häufigste Abnormalität in der Entwicklung des Auges in der Jugend darstellt. Vor allem in Asien sind circa 80 – 90 Prozent der Kinder, die die Schule verlassen, kurzsichtig. Höhere Kurzsichtigkeit bedeutet auch ein erhöhtes Risiko für Netzhautablösung, Netzhautdegeneration, Glaukom und grauen Star.


Dr. Vittorio Caggiano hat am Hertie-Institut für klinische Hirnforschung der Universität Tübingen promoviert und ist jetzt Postdoc am McGovern Institute for Brain Research, Massachusetts Institute of Technology (MIT). Die Entdeckung von Spiegelneuronen in der Hirnforschung hat gezeigt, dass unser Verständnis bei der Beobachtung von Handlungen anderer Menschen auf einem Vergleich im Gehirn mit unseren eigenen motorischen Erfahrungen bei der Ausführung der gleichen Handlungen basiert. Sie sind damit eine wesentliche Voraussetzung unserer Fähigkeit mit anderen zu interagieren. Autismus, eine der häufigsten Störungen sozialer Interaktionen, dürfte die Folge einer Störung des Spiegelneuron-Netzwerkes sein. In seinen Tübinger Experimenten mit Spiegelneuronen konnte Caggiano zeigen, dass Spiegelneurone die Kenntnis über die Distanz von Beobachter und Handelndem speichern. Wissen über die Distanz spielt keine entscheidende Rolle für das Verständnis von beobachteten Handlungen, wohl aber für die Entscheidung, wie man selbst auf diese Handlungen reagieren will. Die Tatsache, dass Spiegelneurone nicht nur zum Verstehen der Handlungen anderer beitragen, sondern darüber hinaus auch in die Auswahl des Antwortverhaltens des Beobachters eingebunden sein dürften, unterstreicht ihre Schlüsselstellung in der sozialen Kommunikation.

Maximilian von Platen