Uni-Tübingen

Newsletter Uni Tübingen aktuell Nr. 2/2012: Leute

„Gentleman unter den Orthopäden“

Zum Tode von Professor Dr. Hans Mau ein Nachruf von Jörg Gekeler

„Ja, ich hatte ein reiches und glückliches Leben...“ schrieb der am 14. Februar verstorbene Emeritus der Orthopädie Hans Mau vor zehn Jahren. Doch die letzten Jahre seines erfüllten Lebens forderten ihren Tribut. Mit stoischer Geduld ertrug er die zunehmenden Leiden des hohen Alters. Sein Lebenselixier blieb bis zum Ende die Musik.


Der am 15. Januar 1921 in Kiel geborene Hans Mau bestand 1939 am Hamburger Johanneum das Abitur und begann mit dem Studium der Medizin in Tübingen.


Trotz kriegsbedingter Unterbrechungen konnte er sein Studium in Kiel und Hamburg fortsetzen und 1946 in Hamburg mit dem Staatsexamen abschließen. Nach seiner Promotion in der Neurologie und Assistentenzeit in der Anatomie, Neurologie und Inneren Medizin erhielt er seine chirurgische Grundausbildung am Hafenkrankenhaus in Hamburg - eine Lehre der besonderen Art und Quell immer wiederkehrender Anekdoten. Er eiferte dem Vater, Carl Mau, Ordinarius für Orthopädie in Hamburg, nach und widmete sich nun ganz der Orthopädie. 1953 machte er an der Orthopädischen Klinik Annastift in Hannover den Facharzt.


Als wichtigste Etappe seiner Ausbildung bezeichnete Hans Mau den sich anschließenden einjährigen Studienaufenthalt in den USA als Fulbright-Stipendiat. Die „Salbung mit einem Tropfen ausländischen Öles“ hinterließ in der Tat deutliche Spuren in seiner weiteren klinischen und wissenschaftlichen Arbeit und prägte später seinen Führungsstil als Klinikdirektor.


Nach seiner wissenschaftlichen Qualifikation und Habilitation an der Orthopädischen Klinik der Universität Heidelberg wurde Hans Mau im Frühjahr 1962 auf den Lehrstuhl für Orthopädie der Universität Tübingen berufen und am 1. April 1963 zum Direktor der Orthopädischen Universitätsklinik und Poliklinik ernannt.


Die in Amerika gewonnenen Erfahrungen kamen seiner klinischen Arbeit in Tübingen zugute. Mit der Wirbelsäulenchirurgie und der Kinderorthopädie entstanden in der Klinik wichtige Schwerpunkte. Der angloamerikanische Einfluss wurde zum Markenzeichen des „Chefs“. Er motivierte seine Mitarbeiter und Kollegen durch die Autorität seines großen Wissens und seine humanistische Bildung.


Über 2000 Publikationen begründeten seine wissenschaftliche Reputation im In- und Ausland. Sie fand Anerkennung in der Mitgliedschaft der Deutschen Akademie der Naturforscher (Leopoldina), im langjährigen Vorsitz der Gesellschaft für Wirbelsäulenforschung und in internationalen Ehrenmitgliedschaften. Als Präsident der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Traumatologie leitete er 1975 mit großem Erfolg den Jahreskongress in Tübingen. Nach seiner Emeritierung übergab er 1986 die Klinik als „wohlgeordnetes Haus“ an seinen Nachfolger Prof. Wolfgang Küsswetter.


In seiner studentischen Heimat Tübingen fühlte sich Hans Mau mit seiner Frau und den drei Kindern sehr wohl. Unvergessen blieben die Kammermusikabende des passionierten Cellisten im gastfreundlichen Haus am Burgholzweg.


Mit Hans Mau verliert die Deutsche und Internationale Orthopädie einen ihrer profiliertesten Vertreter. Seine Patienten, Mitarbeiter, Kollegen und Freunde werden den „Gentleman unter den Orthopäden“ in dankbarer Erinnerung behalten. Unser Mitgefühl gilt seiner Familie.