Das Leben könne woanders kaum schöner sein als in Südfrankreich, meint Professor Dr. Daniel Braun, der zum vergangenen Wintersemester von der Universität Toulouse ans Institut für Theoretische Physik der Universität Tübingen kam. „Doch in der Forschung finde ich hier größere Unterstützung“, sagt er. Im zentralistisch organisierten Frankreich konzentrierten sich die Elitehochschulen – und häufig auch die besonders guten Studierenden und Wissenschaftler – stark auf die Hauptstadt Paris.
Eigentlich ist der Wechsel für Daniel Braun eine Rückkehr: Der 46-Jährige ist in Baden-Württemberg aufgewachsen und hat in Spaichingen sein Abitur gemacht. Neben einem Master in Physik von der University of New York in Stony Brook hat er auch ein Physik-Diplom der Universität Stuttgart vorzuweisen. Bereits 1985 und 1986 hat er im Bundeswettbewerb Mathematik den zweiten beziehungsweise dritten Preis erhalten. Schul- und Studienabschlüsse bestand der Wissenschaftler mit Bestnoten und war Stipendiat sowohl des Fulbright-Programms als auch der Studienstiftung des Deutschen Volkes. Zur Doktorarbeit ging Daniel Braun an die Universität Paris XI und forschte anschließend an der Universität Essen, wo er sich auch habilitierte.
Seine Spezialbereiche in der theoretischen Physik sind die Quantenoptik und die Quanteninformationstheorie. Mit seiner Professur verstärkt Daniel Braun den Quantenschwerpunkt, über den er mit den Tübinger Professorenkollegen József Fortágh, Claus Zimmermann, Reinhold Kleiner und Nils Schopohl zusammenarbeitet. „Auch über den Sonderforschungsbereich Transregio CO.CO.MAT mit Ulm und Stuttgart ist hier viel Knowhow vorhanden über Quantenkorrelationen und Quantenkontrolle“, sagt Braun.
Seine Forschungsarbeiten kämen meistens lange vor der Anwendung. Er will quantenmechanische Effekte nutzen, um Messungen zum Beispiel von schwachen Magnetfeldern oder für Beschleunigungssensoren präziser zu machen. Dabei macht er sich z.B. Verschränkungsphänomene der Quanten als Korrelationen zwischen Systemen zunutze, die es so in der klassischen Physik nicht gibt. Ihn interessiert auch, wo die grundsätzlichen Grenzen der Genauigkeit quantenmechanischer Messinstrumente liegen. Zu den reizvollen Anwendungen gehören langfristig gesehen hocheffiziente Computer. „Es gibt bereits erste, auf der Quantenmechanik beruhende Kommunikationssysteme, die prinzipiell abhörsicher sind“, berichtet der Physiker. Getestet würden sie schon jetzt von Schweizer Banken. „Beim Versuch, den Informationsverkehr abzuhören, gehen bestimmte Korrelationen kaputt, dann kann keine Nachricht übertragen werden.“ Die Übertragungsraten seien allerdings noch sehr niedrig.
Daniel Braun ist bei Forschungsaufenthalten viel in der Welt herumgekommen, in den USA, in Katar, in Korea, Großbritannien, Italien und Russland – und nicht nur geografisch. Von 2000 bis 2004 war er als Forschungs- und Entwicklungsingenieur in der Industrie, bevor er die Professuren an der Universität in Toulouse und nun in Tübingen übernahm. „Ich weiß, wie die Arbeit in der Industrie funktioniert. Aber in der Forschung kann ich mich viel freier entfalten“, sagt er.
Janna Eberhardt