„Es ist fantastisch das große Ganze zu sehen, wenn man versteht, wie sich eine Sprache herausgebildet hat!“ Wer Professorin Dr. Sarah Dessi Schmid zuhört, kann sich kein spannenderes Forschungsfeld vorstellen, als die Linguistik: Seit Oktober 2013 hat sie an der Universität Tübingen die Professur für Romanische Philologie mit Schwerpunkt auf der Sprachwissenschaft des Französischen und Italienischen inne ‒ und sprüht vor Begeisterung ob ihrer Aufgaben.
Dabei sind ihre vielfältigen Forschungsinteressen nicht leicht zugänglich: Verbalmorphologie, Verbalsemantik und –syntax gehören dazu, aber auch die Varietätenlinguistik, die untersucht, wie Variationen einer Sprache mit außersprachlichen Faktoren wie Alter oder sozialer Zugehörigkeit zusammenhängen. Professor Dessi Schmid schreibt gerade an einer „Einführung in die Morphologie des Italienischen“. Sie interessiert sich für Sprachphilosophie und –geschichte, Semiotik und Sprachtheorie ‒ im Italienischen, Französischen und Spanischen; und sie findet Genuss an den Strukturen des Altfranzösischen ebenso wie an Dialekten innerhalb der Minderheitensprache Katalanisch.
Diese Leidenschaft in der Lehre weiterzugeben ist ihr wichtig ‒ „die Studierenden spüren ob man seinen Job liebt“ ‒ aber auch das Einbringen aktueller Forschung in den Unterricht. „Forschung und Lehre sollen sich gegenseitig befruchten“, sagt die Romanistin, diesen Grundsatz habe sie bei der Tübinger Romanistikprofessorin Brigitte Schlieben-Lange kennengelernt, als sie 1995 für ein Lektorat nach Tübingen kam. Vorher hatte Dessi Schmid in ihrer Heimatstadt Rom Philosophie, Italianistik und Geschichte (Università degli Studi "La Sapienza") studiert. In Tübingen promovierte sie über die Sprachtheorien Ernst Cassirers und Benedetto Croces. Nach ihrer Tätigkeit an der Universität Tübingen war sie Akademische Rätin an der Universität Stuttgart und habilitierte sich mit einer systemlinguistischen Arbeit, bevor sie 2013 nach Tübingen zurückkehrte.
Ebenfalls in Nachfolge von Brigitte Schlieben-Lange, nach der ein baden-württembergisches Förderprogramm für Wissenschaftlerinnen mit Kind benannt ist, liegt ihr sehr am Herzen, die Vereinbarkeit von Wissenschaft und Familie weiter zu verbessern. Auch hat sie noch viele Ideen für ihr Fach, wie beispielsweise den Aufbau eines binationalen Studiengangs mit Italien oder eine Stärkung des Schulfachs Italienisch. „Wir Geisteswissenschaftler dürfen ruhig mehr Profil zeigen und auch, was wir der Gesellschaft geben können.“
Antje Karbe