Seit Beginn des Wintersemesters 2020/2021 hat der Corona-Service der Universität Tübingen knapp 300 internationale Studierende vor ihrer Ankunft beraten, und in vielen Fällen auch nach ihrer Ankunft in Tübingen und beim sogenannten Onboarding begleitet. Der Corona-Service ist Teil des „Integrierten Betreuungskonzepts für Internationale Studierende“, einer Anlaufstelle der Universität für „degree seeking students“, also Studierende, die nicht für ein Austauschjahr, sondern für ein reguläres Studium nach Tübingen kommen. Diese Einrichtung wurde seit gut einem Jahr von Christiane Topp aufgebaut, mittlerweile Leiterin der Studierendendabteilung.
Viele der geplanten Angebote des Integrierten Betreuungskonzepts konnten infolge der Corona-Pandemie gar nicht oder nur digital angeboten werden. Das Team des Betreuungsprojekts stellte dies vor ganz neue Aufgaben und verlangte ein Höchstmaß an Flexibilität und Improvisationsvermögen.
Der Corona-Service sei mittlerweile nicht mehr ausschließlich für degree seeking students zuständig, sagt Mitarbeiter Manuel Hengge vom Integrierten Betreuungskonzept. Das Team kümmert sich um die Anreise auch vieler weiterer internationaler Studierender vom Flughafen Stuttgart, organisiert die Schlüsselübergabe, prüft, ob und wie lange nach Ankunft zunächst eine Quarantäne eingehalten werden muss.
Viele der betreuten Studierenden kommen aus Indien oder China, aber die Bandbreite der Herkunftsländer insgesamt ist sehr groß. „Ich muss die Regelungen für die Einreise aus den jeweiligen Anreiseländern permanent verfolgen, um unsere Gäste richtig beraten zu können“, sagt Hengge. „Mal sind Quarantänemaßnahmen, mal ein Corona-Test vorgeschrieben – mitunter auch beides, da ändert sich fast täglich etwas. Und jeder Einzelfall hat seine besonderen Anforderungen und Details, die wir als Servicestelle lösen müssen. Sehr wichtig für unsere Arbeit ist die Bereitstellung von Informationen auf unserer Webseite, insbesondere unsere FAQ-Seite. Häufig beraten wir mittlerweile auch zu verschiedenen Testarten und Testmöglichkeiten.“ Auch wenn die Anreise der internationalen Studierenden abends bzw. nachts erfolgt oder sich kurzfristig verschiebt, muss flexibel gehandelt und eine Schlüsselübergabe organisiert werden.
Im Oktober 2020 wurden Neuankömmlinge noch in einer speziellen Quarantäne-Unterkunft untergebracht, seit November beziehen sie gleich dezentral ihre Wohnheime-Zimmer.
Anton Pylypenko aus Kiev kam am 12. Januar am Flughafen Stuttgart an. Von dort ging es direkt nach Tübingen in sein Wohnheim im Heuberger-Tor-Weg. Anton musste fünf Tage in seinem Wohnheimzimmer in Quarantäne verbringen, durfte die Küche in dieser Zeit nur nutzen, wenn sie leer war. Bereits einige Tage vor seiner Ankunft hatte er den Corona-Service kontaktiert und konnte Lebensmittel und andere Dinge für die Quarantäne in Tübingen ordern. Als er im Wohnheim in Tübingen eintraf, war alles da, was er benötigte. Am fünften Tag machte er einen Corona-Test. Nach Erhalt seines negativen Testergebnisses durfte er die Quarantäne beenden.
In Tübingen möchte Anton seinen PhD in Experimentalphysik abschließen, geplant ist ein Aufenthalt von mindestens drei Jahren, Den Bachelor und Master hat er an der Nationalen Taras-Schewtschenko-Universität Kiew gemacht, es folgte ein einjähriges PhD-Programm in Frankreich. Seinen Betreuer in Tübingen, Professor Frank Schreiber vom Lehrstuhl für Physik der molekularen und biologischen Materie, traf der Ukrainer bereits persönlich, hauptsächlich läuft der Kontakt aber über Zoom. Einige Kolleginnen und Kollegen aus seiner Arbeitsgruppe hat er ebenfalls schon getroffen, aber insgesamt noch wenige Menschen in Tübingen kennengelernt.
„Momentan lese und arbeite ich viel im Homeoffice, um mich in das Thema für meinen PhD einzulesen. Auf meinem Stockwerk ist gut die Hälfte der 14 Zimmer belegt. Ab und zu kochen wir gemeinsam, aber die Küche dürfen immer nur maximal vier Personen gleichzeitig benutzen“, erzählt Anton. „Ich erkunde die Umgebung viel zu Fuß, die Natur hier begeistert mich. Ich möchte mir ein Rad kaufen, das würde meinen Radius vergrößern.“ Seine Ziele für den Aufenthalt in Tübingen? „Ich möchte zuerst mein Deutsch verbessern. Momentan bin ich auf dem Niveau A 1.1, aber ich möchte mindestens das Niveau B 1 erreichen. Und natürlich möchte ich am Ende meiner Zeit hier den PhD abgeschlossen haben!“
Laura Fortunato kam Ende Februar mit dem Flugzeug aus Lissabon via Frankfurt in Tübingen an. Sie nimmt am Programm Erasmus+ teil und finanziert ihren Aufenthalt außerdem über ein Stipendium ihrer portugiesischen Heimatuniversität. Insgesamt drei Monate verbringt sie in Tübingen und führt hier Laborexperimente für ihre Masterarbeit in Pharmazie durch. Sie arbeitet im Labor mit Kolleginnen und Kollegen, in Präsenz. Und auch zu den Studierenden in ihrem Wohnheim hat sie Kontakt: „Sie sind sehr nett und hilfsbereit und unterstützen mich, wenn ich etwas nicht weiß oder etwas benötige“, sagt Laura. Auch sie musste bei ihrer Ankunft zunächst in Quarantäne und sich danach testen lassen. „Es war sehr hilfreich, vorab alle Informationen für meine Quarantäne bei Ankunft in Tübingen zu erhalten“, lobt Laura Fortunato den Corona-Service.
Das „Integrierte Betreuungskonzepts für Internationale Studierende“ hat generell zum Ziel, den Studierenden ein gutes Ankommen an der Universität zu ermöglichen. Das gilt umso mehr für Pandemie-Zeiten. Deswegen hat das Team verschiedene eigene Angebote sowie Kurse anderer Universitätseinrichtungen für die Internationals zentral zugänglich gemacht: Das Zentrum für Datenverarbeitung (ZDV) bot einen Einführungskurs für das Portal alma an, die Universitätsbibliothek mehrere Kurse zu Recherche und Zitation. Beim diversitätsorientierten Schreibzentrum konnten die Studierenden in zwei Kursen das akademische Schreiben im Kontext einer deutschen Universität erlernen. Ergänzt wurde dieses vielfältige Angebot vom Betreuungsprojekt durch ein eigenes Buddy Programm und einen täglichen Help Desk – virtuell und in Präsenz über viele Wochen hinweg. Um das Socializing trotz Quarantäne und weniger direkter Kontaktmöglichkeiten kümmerte sich das studentische Get-Tü-Know Team des Betreuungsprojektes. Teils mehrmals wöchentlich wurden virtuelle Treffen mit gemeinsamen Spielen oder kulturellen Angeboten organisiert – immer verbunden mit der Möglichkeit, sich mit Fragen zum studentischen Leben individuell an das Team zu wenden.
Maximilian von Platen