Was gab den Anstoß, den Lehrstoff in ein Theaterstück zu verwandeln?
Ursula Offenberger:
Ich habe bereits vor Jahren mit einem anderen Jahrgang von Studierenden zu einem ähnlichen Thema einen Webcomic entwickelt. In Erweiterung von dem Stoff, wie wir ihn damals umgesetzt haben, gab es die Idee, wieder ein kreatives Format zu entwickeln und kunstbasiert mit dem Stoff zu arbeiten. Zwischen Comic und Theater gibt es viele Parallelen: Es ist eine sequenzielle Kunst, man hat Personifizierungen und damit viele Möglichkeiten. Wir haben daraufhin die Debatten im Kontext der schwarzen Settlements in den USA, die wir zeigen wollen, personalisiert. Die Personen, die auftreten, sind Trägerinnen von Debattenpositionen und verkörpern einen Diskurs. Mit der Personifizierung war es möglich, sich in diese Debatten hineinzuversetzen und damit einen kreativen Zugang zum Lehrstoff zu finden.
Leonie Holdik:
Ich finde es besonders, an der Uni mal nicht nur den Kopf einzusetzen, sondern auch den Körper. Das Besondere am Theater, im Gegensatz zum Comic, ist die Einmaligkeit dieser Aufführungssituation: Jede Aufführung zeigt andere Varianten im Spiel, wirft bei den Zuschauenden andere Fragen auf und es entsteht eine je eigene Stimmung in der Interaktion mit dem Publikum.
Welche Herausforderungen gab es bei der Entwicklung und Umsetzung des Theaterstücks?
Daria Lenska:
Zunächst haben sich viele Leute im Seminar angemeldet – am Ende blieb eine sehr kleine Gruppe übrig. Aber diese Gruppe war mit vollem Körpereinsatz, Gehirn und Herz dabei, es entstand eine tolle Gruppendynamik.
Lilli Kornmann:
Wir alle hatten davor noch nie Theater gespielt. So sind wir am selben Punkt gestartet und konnten langsam zusammenwachsen. Herausfordernd fand ich, meine Rolle mit Persönlichkeit zu füllen, selbst herauszufinden, wer diese historische Figur war. Die persönliche Interpretation einer historischen Figur ist eine Gratwanderung und es hat eine Weile gebraucht, bis ich sie gefunden habe.
Dorothee Engbers:
Es gibt einen großen Unterschied zwischen dem wissenschaftlichen Arbeiten und dem, was wir hier mit Theatermethoden gemacht haben: Im Studium lernt man, viele Perspektiven und Meinungen zuzulassen. Im Theater funktioniert das so nicht. Wir müssen uns für eine Interpretation entscheiden, sonst können wir die Rolle nicht mit Leben füllen. Da muss man konfrontativer sein und sagen: Das ist jetzt meine Variante von Ida oder von Jane oder von Florence. Erst auf der Grundlage dieser Klarheit kann in der Aufführungssituation für das Publikum wieder eine Offenheit entstehen. Der offene Prozess, die sogenannte rollende Planung, war eine weitere Herausforderung: Die Finanzierung war anfangs nicht gesichert, das Bühnensetting stand noch nicht fest, der Aufführungsort war unklar – all das musste die Gruppe aushalten.