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21.07.2022

Name Eberhard Karls Universität Tübingen bleibt

Senat der Universität lehnt Antrag von Studierenden mehrheitlich ab – Hochschulleitung sagt verstärkte Beschäftigung mit der Geschichte der Universität zu

Der Name Eberhard Karls Universität Tübingen bleibt bestehen. Der Senat der Universität lehnte am Donnerstag einen Antrag von Studierenden auf Umbenennung der Universität ab. Für den Antrag, Graf Eberhard und Herzog Karl Eugen von Württemberg aus dem Namen der Universität zu streichen, stimmten 15 Senatsmitglieder, 16 stimmten dagegen, zwei enthielten sich der Stimme. Für eine Umbenennung wäre eine Zweidrittelmehrheit notwendig gewesen. Die Befürworter einer Umbenennung hatten argumentiert, beide Herrscher seien aufgrund persönlicher und politischer Verfehlungen als Namensgeber einer Universität im 21. Jahrhundert ungeeignet. So war Graf Eberhard maßgeblich seine judenfeindliche Haltung, Herzog Karl Eugen unter anderem seine Beteiligung am Soldatenhandel vorgeworfen worden.  

„Die Universität Tübingen wendet sich seit Jahrzehnten klar gegen jegliche Form von Antisemitismus, Rassismus und die Benachteiligung von Minderheiten“, sagte Rektor Professor Bernd Engler nach der Entscheidung. Der tradierte Name Eberhard Karls Universität habe zudem zu keinem Zeitpunkt eine unkritische Würdigung der beiden Namensgeber bedeutet. „Graf Eberhard und Herzog Karl Eugen waren Herrscherpersönlichkeiten, die Bedeutendes geleistet haben, insbesondere für die Universität, aber auch für die Stadt Tübingen und die Region Württemberg“, betonte Engler: „Zugleich waren sie Menschen, die von ihrer Zeit geprägt waren, und zum Teil völlig inakzeptable Entscheidungen getroffen haben. Sie waren Menschen mit Fehlern.“ 

Engler dankte allen Beteiligten für die konstruktive und an wissenschaftlicher Objektivität orientierte Debatte um den Universitätsnamen: „Der Senat hat sich die nun vorliegende Entscheidung nicht leicht gemacht.“ In den vergangenen Monaten sei die Namensfrage mehrfach intensiv in den Gremien der Universität diskutiert worden. Zudem habe die Hochschule in einer öffentlichen Veranstaltung am 5. Juli allen Hochschulangehörigen sowie interessierten Bürgerinnen und Bürgern die Gelegenheit gegeben, das Für und Wider einer Umbenennung zu debattieren. „Es ist den Angehörigen der Universität hoch anzurechnen, dass die Diskussion nicht ohne Leidenschaft, aber sachlich geführt wurde und alle Beteiligten sich persönlicher Angriffe auf Andersdenkende enthalten haben“, sagte Engler. „Ich bitte alle Angehörigen der Universität Tübingen, aber auch alle Menschen, die der Hochschule seit langem verbunden sind, die nun getroffene Entscheidung zu respektieren.“

Der Rektor erklärte, ihm sei von Beginn an bewusst gewesen, dass eine Diskussion um die Umbenennung der Universität Emotionen hervorrufen würde. Dennoch habe die Universität der Diskussion nicht mehr ausweichen können, nachdem im Sommer 2019 der Studierendenrat öffentlich eine Umbenennung der Universität gefordert habe. Ihm persönlich sei es wichtig gewesen, die Debatte klar zu strukturieren, in überschaubarer Zeit abzuschließen und dann eine Entscheidung herbeizuführen, sagte Engler: „Eine jahrelange Diskussion hätte die Universität gespalten und unser wichtigstes Gut gefährdet: die Fähigkeit, gemeinsam und mit vereinten Kräften zu agieren, Herausforderungen zu meistern und unsere selbstgesetzten Ziele zu erreichen.“  

Universität will sich intensiver mit ihrer Geschichte befassen

Engler betonte, die Studierenden hätten mit ihrer Initiative eine wichtige Diskussion innerhalb der Universität sowie in Stadt und Region angestoßen. Diese habe deutlich gemacht, dass sich die Universität Tübingen intensiver als bisher mit ihrer Geschichte auseinandersetzen müsse. Zudem sei deutlich geworden, dass die Geschichte des jüdischen Lebens und der jüdischen Kultur in Südwestdeutschland erst in Ansätzen erforscht sei. Aus diesem Grund wolle die Universität Tübingen einen Lehrstuhl für jüdische Geschichte einrichten: „Die Debatte hat gezeigt, dass die Aufarbeitung unserer Geschichte in eine neue Phase treten muss.“ 

Eine Arbeitsgruppe von Historikerinnen und Historikern unter Leitung der Direktorin des Instituts für Geschichtliche Landeskunde der Universität Tübingen, Professorin Sigrid Hirbodian, hatte im Frühjahr 2022 ein Gutachten zu den beiden Namensgebern vorgelegt. „Die sorgfältige Arbeit der beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler hat eine fundierte Bewertung der Namensfrage überhaupt erst möglich gemacht“, sagte der Rektor. In ihrem Gutachten waren die Fachleute zu dem Ergebnis gekommen, dass sich bei Graf Eberhard von Württemberg aus verschiedenen zeitgenössischen Dokumenten eine judenfeindliche Haltung belegen lässt. So hatte Eberhard unter anderem entschieden, bestehende Aufenthaltsgenehmigungen für in Tübingen ansässige Juden nicht mehr zu verlängern. Zu Herzog Karl Eugen von Württemberg verwies die Arbeitsgruppe darauf, dass der Herrscher für die bereits von Zeitgenossen kritisierte Vermietung beziehungsweise den Verkauf württembergischer Soldaten an auswärtige Mächte verantwortlich war, um der Staatskasse zusätzliche Einnahmen zu sichern. 

Dagegen verwiesen die Fachleute auch darauf, dass die Politik und der persönliche Einsatz beider Herrscher entscheidend für die Gründung der Universität Tübingen im 15. Jahrhundert beziehungsweise den Fortbestand der Universität im 18. Jahrhundert waren. Die negativen Seiten beider Persönlichkeiten werteten die Historikerinnen und Historiker als Ausdruck zeittypischer Haltungen. Graf Eberhard von Württemberg hatte die Universität Tübingen 1477 gegründet. Herzog Karl Eugen hatte die Universität im 18. Jahrhundert reformiert und wesentliche Neuerungen durchgesetzt, teils gegen den Widerstand der Professoren. Der Herzog hatte 1769 auch den bis heute gültigen Namen der Hochschule festgelegt, die als Eberhard Karls Universität auf die Vornamen beider Herrscher Bezug nimmt.

Weblinks

Das Gutachten zu den beiden Namensgebern der Universität finden Sie hier:  
https://uni-tuebingen.de/de/231839 

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