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22.11.2021

Gute Note in Deutsch, schlechte Bewertung des Matheunterrichts

Studie der Universität Tübingen zeigt: Gute Noten in einem Fach beeinflussen auch, wie Schüler andere Fächer bewerten

Wenn Schülerinnen und Schüler die Unterrichtsqualität beurteilen – was an immer mehr Schulen der Fall ist –, heißt es künftig genauer hinschauen. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Hector-Instituts für Empirische Bildungsforschung fanden in einer Studie Hinweise darauf, dass Noten nicht nur die Beurteilung des Unterrichts in dem jeweiligen Fach beeinflussen, sondern sich auch auf die Bewertung in anderen Fächern auswirken können. Konkret heißt das: Vergeben Lehrkräfte überdurchschnittlich gute Noten, kann dies dazu führen, dass ihr eigener Unterricht besser bewertet wird, aber auch ihren Kolleginnen und Kollegen eine etwas schlechtere Unterrichtsbewertung einbringen. Die Studie liefert damit wichtige Hinweise zur Verwendung von Schülerurteilen in der Praxis und wurde jetzt in der Fachzeitschrift Journal of Educational Psychology veröffentlicht. 

Konkret untersuchte das Team um Ann-Kathrin Jaekel, wie die Noten von rund 6.500 Schülerinnen und Schülern der Klassen 5 bis 10 in den Fächern Mathematik und Deutsch mit ihrer Bewertung der Unterrichtsqualität zusammenhängen. Dabei wurde deutlich: Je besser die Note der Schülerinnen und Schüler in einem Fach, desto besser bewerteten sie dort den Unterricht. 

Gleichzeitig zeigte sich aber auch, dass eine bessere Note in einem Fach mit einer schlechteren Beurteilung des jeweils anderen Fachs einhergeht – unabhängig davon, welche Note, aber auch welche tatsächliche Leistung dort erzielt wurde. Insofern werten Schülerinnen und Schüler die Unterrichtsqualität in demjenigen Fach ab, in dem sie die vergleichsweise schlechtere Note bekommen. Außerdem bedeutsam: Dieses vergleichende Bewertungsmuster konnten die Forscherinnen und Forscher nicht nur bei einzelnen Schülerinnen und Schüler feststellen, sondern es galt für ganze Klassen.

Ähnliche Effekte sind bereits aus der Forschung zum akademischen Selbstkonzept von Schülerinnen und Schülern bekannt: Je besser ihre Leistung beispielsweise in Mathematik, desto höher ist ihr mathematisches Selbstkonzept. Bessere Fähigkeiten in Mathematik als in Deutsch führen hingegen zu einem niedrigeren Selbstkonzept in Deutsch. 

Das heißt, wie Schülerinnen und Schüler die Unterrichtsqualität in einem Fach bewerten, wird auch von den Noten beeinflusst, die sie in einem anderen Fach erhalten. „Dieses Phänomen sollte besonders berücksichtigt werden, wenn Schülerbewertungen für die Beurteilung von Lehrkräften im Rahmen der Unterrichtsevaluation herangezogen werden“, betont Ann-Kathrin Jaekel vom Hector-Institut für Empirische Bildungsforschung und Erstautorin der Studie. Co-Autor Richard Göllner, Professor für Educational Effectiveness am Hector-Institut für Empirische Bildungsforschung, erklärt: „Mit ihren Ergebnissen liefert uns die Studie ein wichtiges Puzzlestück, um die Frage zu beantworten, welchen Nutzen Schülerurteile für die Schulpraxis haben und welche Einschränkungen dabei zu berücksichtigen sind.“ In weiteren Studien soll nun untersucht werden, wie solche Beurteilungseffekte bei der Verwendung von Schülerurteilen in der Praxis bestmöglich vermieden werden können. 

Publikation:

Jaekel, A.-K., Göllner, R., & Trautwein, U. (2021). How students’ perceptions of teaching quality in one subject are impacted by the grades they receive in another subject: Dimensional comparisons in student evaluations of teaching quality. Journal of Educational Psychology, 113(4), 770–783. https://doi.org/10.1037/edu0000488 

Kontakt: 

Dr. Ann-Kathrin Jaekel
Universität Tübingen
Hector-Institut für Empirische Bildungsforschung
 +49 7071 29-74983
ann-kathrin.jaekelspam prevention@uni-tuebingen.de  

Pressekontakt:

Eberhard Karls Universität Tübingen 
Hochschulkommunikation

Dr. Karl Guido Rijkhoek
Leiter

Antje Karbe
Pressereferentin

 + 49 7071 29-76788
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