Jenny Erpenbeck wurde 1967 in Ost-Berlin geboren. Nach einer Ausbildung zur Buchbinderin studierte sie Theaterwissenschaft und begann anschließend ihre Laufbahn als Regieassistentin und Abendspielleiterin, die sie unter anderem an das Opernhaus Graz und die Staatsoper Berlin führte. Neben ihrer schriftstellerischen Tätigkeit inszeniert sie seit 1997 eigene Theaterarbeiten, darunter im Jahr 2000 die Uraufführung ihres Stücks Katzen haben sieben Leben sowie 2001 den Doppelabend Erwartung (Schönberg) / Herzog Blaubarts Burg (Bartók). Erpenbeck lebt und arbeitet in Berlin.
Ihr literarisches Debüt gab sie 1999 mit dem Roman Geschichte vom alten Kind, in dem eine Kindheit in der DDR geschildert wird. Auch in Heimsuchung (2008), das vom Guardian in die Liste der „100 besten Bücher des 21. Jahrhunderts“ aufgenommen wurde, widmet sich Erpenbeck zentralen Themen der deutschen Geschichte – etwa Exil, Entfremdung und kollektiven Traumata. Der Roman Aller Tage Abend (2012) geht der Frage nach, wie Leben durch Zufall und Schicksal geprägt wird. In Gehen, ging, gegangen (2015) erzählt sie vom sogenannten „Sommer der Migration“: Im Zentrum steht die langsame Annäherung zwischen einem emeritierten Professor und einer Gruppe junger Geflüchteter aus Afrika. Mit Kairos (2021) kehrt Erpenbeck thematisch in die DDR zurück. Der Roman erzählt von einer Liebesbeziehung zwischen einer 19-Jährigen und einem verheirateten Mann in seinen Fünfzigern – eine Beziehung, die im Schatten des allmählichen Verfalls des ostdeutschen Staates steht. Andreas Platthaus bezeichnete Erpenbeck in der FAZ als „eine der größten lebenden Erzählerinnen, die (nicht nur) wir haben“.
Für Kairos wurde Jenny Erpenbeck 2024 mit dem International Booker Prize ausgezeichnet. Darüber hinaus erhielt sie zahlreiche weitere Preise, darunter den Preis der Jury beim Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb (2002), den Heimito-von-Doderer-Literaturpreis (2008), den Uwe-Johnson-Preis, den Hans-Fallada-Preis, den Thomas-Mann-Preis (2016), den Europäischen Literaturpreis (2015), den britischen Independent Foreign Fiction Prize (heute: International Booker Prize) sowie den Internationalen Stefan-Heym-Preis (2023). Ihre Werke sind in über 30 Sprachen übersetzt worden.
Publikationen (u. a.):
Geschichte vom alten Kind. Eichborn, Frankfurt a. M. 1999.
Heimsuchung. Eichborn, Frankfurt a. M. 2008.
Dinge, die verschwinden. Galiani, Berlin 2009.
Gehen, ging, gegangen. Knaus, München 2015.
Kein Roman. Texte und Reden 1992 bis 2018. Penguin, München 2018.
Kairos. Penguin, München 2021.