Sarah Göltenbott und Franziska Hipp haben im Mai erfolgreich ihr juristisches Referendariat abgeschlossen. Beim zweiten Staatsexamen gehörten sie in Baden-Württemberg mit einem Durchschnitt von mehr als 12 Punkten zu den drei besten ihres Jahrgangs. Maximilian von Platen hat die beiden Absolventinnen der Universität Tübingen interviewt.
Sarah Göltenbott: Natürlich haben wir zwei Jahre lang sehr intensiv auf das zweite Staatsexamen gelernt. Zudem hatten wir am Landgericht Tübingen mit Hansjörg Scherer auch einen besonders engagierten Ausbildungsleiter, der uns immer unterstützt hat.
Franziska Hipp: Während des Referendariats trifft man sich regelmäßig jede Woche in Arbeitsgemeinschaften am Landgericht Tübingen, diese bestehen jeweils aus ca. 16 Referendarinnen und Referendare. Wir hatten daneben auch eine sehr effiziente private Lerngruppe, das verdeutlicht unser Ergebnis. Als akademische Mitarbeiterinnen von Professor Dr. Christian Seiler durften wir während des Referendariats Bücher und Datenbanken an seinem Lehrstuhl und im Juristischen Seminar nutzen, ein nicht zu unterschätzender Vorteil. Auch durch den regelmäßigen juristischen Austausch am Lehrstuhl haben wir während des Referendariats sehr profitiert.
Sarah Göltenbott: Ich wusste zunächst nicht genau, was ich später beruflich machen möchte. Aber in der Schule hatte ich immer viel Spaß an Sprache(n), gleichzeitig auch Interesse an Gemeinschaftskunde und Mathematik. Jura ist ein Fach, das sehr viel mit Logik zu tun hat. Zugleich ist es vielseitiger als Mathematik und auch Sprache spielt eine große Rolle – also für mich ideal, um meine verschiedenen Interessen zu verbinden. Und ich kann sagen: Es war für mich die richtige Wahl, weil es mir richtig Spaß gemacht hat und macht. Nach verschiedenen Praktika und dem Referendariat ist mir jetzt klar, dass ich in den Justizdienst möchte.
Ich habe bereits zum WS 2009/2010 mit dem Jurastudium in Tübingen begonnen, im Studium ein Auslandsjahr in Aix-en-Provence verbracht und und 2015 das erste juristische Staatsexamen abgelegt. Anschließend habe ich zweieinhalb Jahre bei Christian Seiler am Lehrstuhl für Staats- und Verwaltungsrecht, Finanz- und Steuerrecht gearbeitet und dabei die wesentlichen Grundlagen für meine Dissertation „Der Prozessvergleich in der Verfassungsgerichtsbarkeit“ gelegt und diese weitgehend fertiggestellt. Das Referendariat habe ich zusammen mit Franziska Hipp im April 2018 begonnen, wir waren dabei beide dem Oberlandesgericht Stuttgart und dort dem Landgericht Tübingen als Ausbildungsstätte zugeordnet. In dieser Zeit habe ich parallel noch die letzten Arbeiten an meiner Dissertation erledigt.
Franziska Hipp: Ich wollte immer schon in die Justiz gehen, deswegen war für mich klar, dass ich Jura studieren werde. Mit dem Studium habe ich mich im Vorfeld gar nicht groß beschäftigt. Auch das man in diesem Fach viel lernen muss und am Schluss ein sehr schwieriges Examen steht, war für mich kein Thema.
Ich habe zum WS 2012/2013 mit dem Studium begonnen, Tübingen war erste Präferenz bei meiner Bewerbung. Das erste Staatsexamen habe ich Anfang 2018 bestanden und anschließend bin ich im April 2018 ins Referendariat gegangen.
Das Jurastudium ist sehr breit gefächert, so dass man am Ende des Studiums auf vielen Gebieten ein solides Grundwissen hat. Man hat das Prinzip „Lernen lernen“ verinnerlicht und ist in der Lage, sich auf dieser Grundlage Spezialwissen auf jedem juristischem Gebiet anzueignen. Dies gibt einem eine hohe Flexibilität bei der Berufswahl.
Franziska Hipp: Den Tübinger Professorinnen und Professoren ist es ein echtes Anliegen, ihre Studierenden gut auf das Examen vorzubereiten und auch gut durch das Examen zu begleiten. Das Angebot an Klausurenkursen in Tübingen hat seit meinem Studienbeginn deutlich zugenommen. Es werden im Gegensatz zu früher jetzt jede Woche zwei statt einer Klausur geschrieben – und auch korrigiert! Das ist die beste Examensvorbereitung.
Hinzu kommt: Das Studium ist relativ familiär. Man kennt die Professoren und die Professoren kennen umgekehrt die Studierenden, die regelmäßig ihre Vorlesungen besuchen, das schafft eine gute Atmosphäre.
Sarah Göltenbott: Es gibt viele Möglichkeiten, über den Tellerrand hinauszuschauen. Ich habe als Studierende beispielsweise beim internationalen Vis Moot Court für Internationales Kaufrecht und Schiedsgerichtsbarkeit mitgemacht. Moot Courts sind simulierte Gerichtsverhandlungen, bei denen den Studierenden ein fiktiver oder realer Fall zugeteilt, in dem sie jeweils eine der Prozessparteien vertreten müssen. Später habe ich auch das Tübinger Team beim Vis Moot Court betreut.
Während des Studiums habe ich am Austauschprogramm der Juristischen Fakultäten der Universitäten Tübingen und Aix-Marseille III teilgenommen. Ich war ein Jahr in Aix-en-Provence und habe dort den französischen Master I Droit international et européen gemacht. Das war eine hervorragende Gelegenheit, die eigene soziale und interkulturelle Kompetenz zu erweitern sowie internationale Erfahrung zu sammeln. Die Möglichkeit, einen zweiten juristischen Abschluss in Frankreich zu machen, war für mich mit ausschlaggebend bei meiner Entscheidung für Tübingen als Studienort.
Franziska Hipp: Über das Netzwerk Ost-West gibt es seit 2017 auch die Möglichkeit zum juristischen Austausch mit der Ukraine, Ungarn und der Türkei. Ganz neu ist jetzt ein Austausch mit den USA hinzugekommen.
Die Juristische Fakultät bietet außerdem als studienbegleitende Zusatzqualifikation die Zertifikatsstudiengänge „Recht, Ethik, Wirtschaft“ (REW, seit 2015) sowie seit diesem Semester „Rhetorik für Juristen“ an.
Sehr gute Studienbedingungen, ein tolles Examinatorium und attraktive Austauschprogramme – das zeichnet Tübingen aus!
Franziska Hipp: Ich habe nach dem 2. Staatsexamen meinen Vertrag beim Lehrstuhl aufgestockt, um meine Doktorarbeit zu schreiben. Während des Referendariats war ich bereits akademische Mitarbeiterin am Lehrstuhl Seiler, dafür ist eine Promotionsvereinbarung Bedingung. Allerdings habe ich während des Referendariats nicht sehr viel an der Promotion gearbeitet, dazu blieb einfach zu wenig Zeit.
Sarah Göltenbott: Seit 1. Juni arbeite ich im höheren Justizdienst des Landes Baden-Württemberg. Man bewirbt sich zentral beim Justizministerium und wird bei erfolgreicher Bewerbung einer Justizbehörde zugewiesen, in meinem Fall die Staatsanwaltschaft Tübingen. Dort mache ich jetzt Strafrecht. Es ist nicht ausgeschlossen, dass ich bei meiner nächsten Stelle Zivilrecht machen, beides gehört zur ordentlichen Gerichtsbarkeit. Auch ein späterer Wechsel in die Verwaltungsgerichtsbarkeit ist grundsätzlich möglich.
Mit meinem französischen Abschluss kann ich zwar nicht im französischen Justizsystem arbeiten – dafür müsste ich das französische Pendant zum Staatsexamen ablegen – aber es gibt gute Einblicke in das französische Rechtssystem und hilft in der Praxis bei länderübergreifenden Fällen. Das bemerke ich gerade ganz konkret bei meiner Arbeit bei der Staatsanwaltschaft Tübingen.
Sarah Göltenbott: Ich spiele schon lange Handball, als Torfrau. Beim Sport kann ich sehr gut abschalten. In Corona-Zeiten bin ich auf Mountainbike und Yoga umgestiegen, das ist auch sehr gut.
Franziska Hipp: Bewegung ist ganz wichtig. Ich fahre Rad und wandere viel – einfach um rauszukommen, weg von den Büchern.
Das Referendariat dauert zwei Jahre. Man durchläuft dabei verschiedene Stationen, die jeweils drei bis fünf Monate dauern. Man beginnt bei einer Zivilstation, also beispielsweise einer Zivilrichterin / einem Zivilrichter. Es folgen eine Strafstation (Strafrichter/in oder Staatsanwaltschaft), zwei Stationen bei einem Anwalt / einer Anwältin, eine in der Verwaltung sowie eine Wahlstation. Nach anderthalb Jahren Referendariat beginnt die schriftliche Prüfung des zweiten Staatsexamens. Sie besteht aus insgesamt acht Klausuren in zwei Wochen. Daran schließt sich die Wahlstation an – bei Franziska Hipp das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft (Bereich Immissionsschutz), bei Sarah Göltenbott der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart (Sonderzuständigkeit für Internationales Privatrecht) – sowie parallel dazu die Vorbereitung auf die mündliche Prüfung. Sie bildet den Abschluss des 2. Staatsexamens und zugleich des Referendariats.
Corona-bedingt verschob sich die mündliche Prüfung von Sarah Göltenbott und Franziska Hipp um drei Wochen. Anstatt wie sonst üblich im Justizministerium fand sie am 11. Mai im Justizausbildungszentrum in Stuttgart statt. Wo normalerweise 30 Referendare sitzen, waren nur drei Prüflinge im Raum. Die Abstände zu den Prüfern waren so groß, dass man sich bemühen musste, sehr laut zu sprechen, um gehört zu werden, sagt Hipp.
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