Schülerlabor Mediävistik: Marion Darilek, Prof. Dr. Annette Gerok-Reiter (B3)
Süßes Nichtstun, bittere Medizin: Mittelalterliche Wortgeschichten. Oberstufenschüler aus Baden-Württemberg besuchen das Deutsche Seminar der Universität Tübingen zu einem Workshop mit Teilprojekt B3.
Was haben ‚süßes‘ Nichtstun und ‚bittere‘ Medizin miteinander zu tun? Und weshalb sprechen wir von ‚süßen‘ Worten und ‚bitteren‘ Enttäuschungen? Diesen Fragen wurde anhand des mittelalterlichen Tristan-Romans nachgegangen, der von einem Skandal handelt: vom Ehebruch Tristans mit Isolde, der Frau seines Onkels Marke! Der Autor des Romans, Gottfried von Straßburg, kleidet das anstößige Thema jedoch in eine überaus kunstvolle Sprache und Form. Zudem sind Tristan und Isolde nicht nur ein inniges Liebes-, sondern auch ein hochtalentiertes Künstlerpaar, das sein Publikum dichtend, singend und durch sein Harfenspiel in seinen Bann zieht. Im Roman wird so gleichzeitig darüber reflektiert, was eine ideale Liebesbeziehung ausmacht und wie Literatur und Musik gestaltet und rezipiert werden sollen. Zentral für die ästhetische und erotische Reflexion im Tristan ist das Konzept des Süßen und des Bitteren, dessen Bedeutung sich vom Mittelalter bis heute erheblich verändert hat. Denn der Begriff der Süße bzw. süeze, wie er in der Sprachstufe um 1200 lautet, bezieht sich im Mittelalter längst nicht nur auf den Geschmack von Nahrungsmitteln oder auf ‚Entzückendes‘ und ‚Niedliches‘. Im Schülerlabor erkundeten wir gemeinsam die schillernde Bedeutungsvielfalt und die ästhetische Wortgeschichte von ‚Süße‘ und ‚Bitterkeit‘ und so gewannen die Schülerinnen und Schüler erste Einblicke: zum einen in das literaturwissenschaftliche Arbeiten, zum anderen aber auch in Gottfrieds Tristan und damit in einen der noch immer faszinierendsten und schönsten Romane der deutschen Literatur!
Schülerlabor Mediävistik: Dr. Gabriela Wacker (B3)
Botanische Metaphern als interkulturelle ästhetische Reflexionsfiguren im Deutschunterricht mit Teilprojekt B3.
Schülerinnen und Schüler des Johannes-Kepler-Gymnasium in Reutlingen erkundeten im Februar 2022 im Deutschunterricht der Kursstufe diverse botanische Metaphern und ihre ästhetische und interkulturelle Reichweite. Eingebettet wurde die Frage danach, wie und weswegen gerade botanische Metaphern häufig interkulturelle Vorstellungen vor Augen stellen, in die Einübung des materialgestützten Schreibens.
Ausgehend von Goethes West-Östlicher Divan und seinem berühmten Ginkgo biloba-Gedicht über Navid Kermanis Goethe-Rezeption und seinen Vorstellungen zur ornamentalen Kunst bis zur Goethe-Medaille-Preisträgerin Shirin Neshat und ihrer Photoserie Women of Allah mit iranischen Frauen, die mitunter ornamentale Muster zieren, wurde herausgestellt, dass Pflanzenmetaphern als ästhetische Reflexionsfiguren zwischen einem autologischen und heterologischen Gepräge, zwischen metaphorischer Artistik und interkultureller Anschaulichkeit dynamisch changieren.
Zur kritischen Diskussion gestellt wurden einerseits die manipulative und reduktionistische Stoßrichtung interkultureller Metaphern, andererseits ihre ästhetische Aufladung und Eignung zum interkulturellen Dialog. Das leitende Ziel war es, eine interkulturelle Kompetenz im Deutschunterricht unter Einbeziehung dynamischer Bildwelten und ihrer ästhetischen Reflexionsfiguren zu fördern. Hierfür eignet sich insbesondere das materialgestützte Schreiben, da es eine Vielzahl an Materialen und Quellen unterschiedlicher Couleur anbietet, um überhaupt trans- und interkulturelle Fragestellungen eröffnen zu können.
Termin: Februar 2022 Veranstaltungsort: Johannes-Kepler-Gymnasium Reutlingen