Newsletter Uni Tübingen aktuell Nr. 3/2011: Forschung
Hochqualitative Telefonkonferenzen für Jedermann
Tübinger Spin-off Sonicon für innovative Telefonkonferenz-Technologie ausgezeichnet
Das Spin-off-Unternehmen Sonicon, eine Ausgründung der Universität Tübingen, entwickelt Technologien für hochqualitatives Telefonieren und Raumklang-Telekonferenzsysteme. Im April 2011 wurde das junge Unternehmen von der Wirtschaftsinitiative „Baden-Württemberg: Connected“ (bwcon) mit dem Award „Best Business Idea“ für die beste Geschäftsidee ausgezeichnet.
Der Markt für Handys und Smartphones ist innovativ und schnelllebig, doch die Klangqualität hat sich bei Telefonen und Telefonanlagen in den letzten Jahren ‒ trotz Breitbandtechnologie ‒ nur wenig verbessert. „Die Klangqualität von Handys und Telefonkonferenzanlagen ist auf dem Niveau des Schwarz-Weiß-Fernsehens stehen geblieben“, sagt Dr. Christian Hoene, Geschäftsführer von Sonicon. Ein Grund hierfür ist nach Hoenes Einschätzung, dass man mit Telefonieren kein Geld mehr verdienen kann, sondern dass Telefonieren für den Endverbraucher heute de facto kostenlos ist, wie etwa die Internet-Telefonie (VoIP) über Skype oder andere Dienste. Daher konzentriert sich Sonicon auf den Bereich Telekonferenzen.
Gerade bei Telefonkonferenzen mit vielen Teilnehmern in unterschiedlichen Ländern macht sich die schlechte Klangqualität besonders negativ bemerkbar: Einzelne Sprecher sind schwer zu identifizieren, bei mehreren Teilnehmern geht vieles im Stimmengewirr unter. Einzige Möglichkeit zur Abhilfe war bislang die stationäre Installation teurer Telefonkonferenzsysteme an vielen Unternehmensstandorten gleichzeitig.
Sonicon hat eine mobile Alternative für jedermann entwickelt: Die Software „SmartConf Teleconferencing Engine“ bietet für (Video)-Telefonkonferenzsysteme Audio-Ton in CD-Qualität kombiniert mit einer stereofonen Wiedergabe und 3D-Raumklang. Innerhalb eines virtuellen Konferenzraumes, in dem der Audio-Ton für jeden Teilnehmer individuell berechnet wird, können Stimmen aus unterschiedlichen Richtungen wahrgenommen werden und unbekannte Stimmen anhand ihrer Position identifiziert werden. Auf diese Weise nutzt die Sonicon-Entwicklung den so genannten Cocktail-Party-Effekt. Unter diesem Effekt versteht man die Fähigkeit des menschlichen Gehörs, sich auch auf einer Party, bei der viele Menschen gleichzeitig sprechen, nur auf die Worte des eigenen Gesprächspartners zu konzentrieren und die anderen Gespräche automatisch auszublenden. Auch die Unterstützung von vorübergehenden Nebengesprächen während der Telekonferenz durch Neuplatzierung einzelner Teilnehmer im virtuellen Konferenzraum ist mit der Softwareentwicklung von Sonicon möglich. Durch die Modellierung des Konferenzraums per Software entfallen für die Kunden teure und große Vor-Ort-Installationen.
Grundlage für die Telekonferenztechnologie ist der IETF Audio Codec Opus, ein hochqualitativer Internet-optimierter Audio-Standard – vergleichbar etwa mit MP3 ‒, der für alle wichtigen Internet Player standardisiert ist. Sonicon hat den Codec zusammen mit Skype, Xiph.org, Broadcom, Poliycom, Cisco und Google auf Basis einer verbesserten Skype-Technologie standardisiert – und der Opus Codec ist im Gegensatz zu MP3 frei verfügbar.
Die Forschungstransferabteilung der Universität Tübingen war bei der erfolgreichen Unternehmensgründung beteiligt. „Dr. Rolf Hecker und Lukas Radwan haben uns im Oktober letzten Jahres ermutigt, aus unserer anwendungsbezogenen Forschungsarbeit diese Ausgründung zu wagen. Sie haben uns von Anfang an sehr gut beraten und uns auch auf den bwcon award aufmerksam gemacht“, sagt Sonicon-Geschäftsführer Christian Hoene.
Zum Team von Sonicon gehören außer Dr. Hoene noch Michael Haun als technischer Leiter und Patrick Schreiner als Softwareentwickler, beide sind Absolventen der Universität Tübingen. „Ohne die Hilfe unserer Studenten wären wir nie so weit gekommen", berichtet Christian Hoene, „doch jetzt werden die Aufgaben noch umfangreicher. Wir bauen unsere Marketing- und Vertriebsabteilung auf, um unsere Produkte global zu vertreiben."
Mit dem bwcon award ist für das junge Unternehmen ein umfangreiches Beratungs- und Betreuungsangebot verbunden, um es branchenspezifisch und zielgerichtet in den unterschiedlichen Phasen des Unternehmensaufbaus – von der Gründung bis hin zur Expansion – durch erfahrene Manager zu begleiten. Doch nicht nur bwcon konnte Sonicon überzeugen. Auch den Gutachtern des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie gefiel die Geschäftsidee. Seit Juli 2011 wird Sonicon im Rahmen des EXIST Forschungstransfer-Programms mit 382.000 Euro über einen Zeitraum von zwei Jahren gefördert.
Maximilian von Platen
Kontaktdaten
Dr. Christian Hoene |
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