Newsletter Uni Tübingen aktuell Nr. 4/2011: Forschung
Zehn Jahre European Centre for Chinese Studies (ECCS) in Peking
Außenstelle der Universität Tübingen in China feiert Jubiläum
Wer in Tübingen Sinologie studiert, hat die Chance, China mit allem, was dazugehört, am eigenen Leib zu erleben: im vierten Semester, am European Centre for Chinese Studies (ECCS) an der berühmten Peking-Universität (Beida). Das 2001 gegründete ECCS ist das Herzstück der hervorragenden Tübinger Chinesisch-Sprachausbildung und eine der drei Außenstellen der Universität Tübingen in Ostasien; es wird gemeinsam getragen von den drei europäischen Partneruniversitäten Tübingen, Frankfurt am Main und Kopenhagen.
Das ECCS ist eine Erfolgsstory: Es ist mit über 1000 Studierenden, die hier seit 2001 studiert haben, das umfangreichste Programm der Peking-Universität für ausländische Studierende. Gleichzeitig kamen bereits 15 Angehörige der Philosophischen und Historischen Fakultäten der Peking-Universitäten als Gastdozenten an die drei europäischen Partneruniversitäten.
An der Jubiläumsfeier Mitte September in Peking nahmen neben hochrangigen Vertretern der beteiligten Universitäten - von Tübinger Seite Prorektor Professor Dr. Heinz-Dieter Assmann - auch der dänische Botschafter und der erste Vertreter des deutschen Botschafters teil. Im Rahmen des Jubiläums fand auch ein Workshop zu Themen der Sinologie und der Philosophie in der Aula der Peking-Universität statt.
Die erste Sektion, "Sinology, Chinese Studies, and China Studies: European Perspectives and Future Research Challenges", gab Einblicke in die Entstehung der europäischen Sinologie, in das disziplinäre Selbstverständnis sowie in aktuelle Forschungsfragen der Sinologie, insbesondere am Beispiel der Oral History und der Gender Studies. Des Weiteren wurde in zwei Vorträgen auch der in Europa häufig übersehene Rückkopplungseffekt sinologischer Forschungen bzw. genuin europäischer Konzepte wie "Renaissance" und "Aufklärung" auf die Wissenschafts- und intellektuellen Diskurse im modernen bzw. gegenwärtigen China erhellt. Da das ECCS am Beida Department of Philosophy beheimatet ist und die europäischen Partneruniversitäten vielerlei Verbindungen zu diesem Department unterhalten, war die zweite Sektion dem Thema ‚Philosophy in Action‘ vorbehalten: Philosophie nicht nur als Wissenschaft, sondern gerade auch im universitären Kontext als Instrument für Konzeptionen in konkreten Praxisfeldern zu verstehen, diese gegenwärtige Bemühung wurde an verschiedenen Beispielen vorgestellt: in der philosophischen Analyse der Möglichkeiten eines Aufbaus der Zivilgesellschaft in weltbürgerlicher Absicht in der Ära nach dem 11. September; in der Anwendung des Weber'schen Rationalisierungsbegriffes auf den chinesischen Staat und seine Gesellschaft; in der Auseinandersetzung mit Hass, Vergebung und Versöhnung nach traumatisierenden Ereignissen sowie in der Skizzierung von Konzeptionen für die Lehrerbildung im Schulfach Philosophie heute.
Dieses Jubiläum bot zahlreiche Gelegenheiten der Begegnung, des Gesprächs und des Austausches - eine gute Basis, um das ECCS in der neuen fünfjährigen Vertragsperiode auch als Ort der interkulturellen und interdisziplinären Forschung weiterzuentwickeln.
Homepage des European Centre for Chinese Studies (ECCS)
Philipp Thomas und Achim Mittag